Das Exil Der Königin: Roman
besitzt.«
»Firesmith sagt, dass man hier in der Bibliothek die besten Texte über magische Materialien findet, die es in den ganzen Sieben Reichen gibt«, entgegnete Dancer.
Sie gingen die Stufen zum Speisesaal hoch und suchten Schutz unter dem Dach des Vorbaus. Dancer schüttelte den Kopf, und Wasser spritzte in alle Richtungen, dann trat er zur Seite, um außer Hörweite der anderen Studenten zu kommen, die in das Gebäude strömten.
»Aber die Kunsthandwerker der Clans lernen in einer Ausbildung«, sagte Han. »Und Firesmith wird dich bestimmt nicht unterrichten, wenn er erfährt, was du vorhast.«
»Er wird gar nicht wissen wollen, was ich vorhabe. Er ist so begeistert, dass er überhaupt mal einen Studenten hat, der sich wirklich für all das interessiert. Ich habe mich heute für ein Sonderprojekt bei ihm eingetragen, das im nächsten Semester stattfindet.« Dancer steckte die Hände in die Taschen und ging weiter. »Ich werde es mir selbst beibringen, wenn es sein muss.«
Dancer hat wirklich Rückgrat; das übersieht man manchmal leicht, dachte Han. Er wählt sich seine Schachzüge ganz genau aus und spielt auf Gewinn.
Genau in diesem Moment wurde ein dunkelhäutiges Mädchen in der Kleidung der Tempelstudenten auf sie aufmerksam.
Sie löste sich von einer Gruppe von Mitstudenten und kam über die Veranda auf Han und Dancer zu.
Es war Cat Tyburn. Han hätte sie allerdings nicht erkannt, wenn sie nicht ihren Mund geöffnet hätte. Ihre wilde Lockenmähne war gebändigt und zu einem langen Zopf geflochten worden, der über ihre linke Schulter fiel. Sie trug eine weiße Hose und ein langes, weißes Obergewand, das an den Seiten geschlitzt war, damit sie besser gehen konnte. Sie war sauberer, als Han sie jemals erlebt hatte – bis auf den schmutzbefleckten Ledergürtel, den sie über dem Gewand befestigt hatte und in dem sich ihr Messer befand. An den Ohrläppchen, in der Nase und an den Fingern trug sie noch immer Silberschmuck, was zusammen mit den Narben und Diebesmalen an ihren Händen eine bizarre Mischung ergab.
Sie hatten Cat zwei Wochen lang nicht gesehen, obwohl sie versucht hatten, sie zu treffen. Mehrmals waren sie zum Wohnheim des Tempels gegangen, wo man ihnen gesagt hatte, dass sie keine Zeit hätte. Und sie war auch nicht gekommen, um ihrerseits nach Han und Dancer zu sehen.
Han stolperte über seine eigenen Worte. »Cat, du … äh … du bist … ich glaube nicht, dass ich dich jemals – was ist mit dir passiert?«
»Wurde in ein Bad gesteckt, hab mich geschrubbt, und sie haben mir meine Kleider genommen und mir das hier hingelegt.« Sie zupfte an dem Saum ihres Obergewands. »Sie haben gesagt, dass ich mich absondern muss … vierzehn Tage abgeschlossen in der Tempelschule, um über meine Berufung nachzudenken.« Sie zog ein Gesicht. »So lange hat das gar nicht gedauert. Hab ja nicht gerade ’ne Wahl.«
Während sie sich in den Speisesaal begaben und in der Schlange anstellten, fuhr Cat mit ihrer Litanei von Klagen fort. »Noch lange vor Sonnenaufgang läutet die Glocke, und wir müssen aufstehen, zur Morgenmeditation. Und dann heißt es den lieben langen Tag Glocken, Glocken, Glocken und Unterricht, Unterricht, Unterricht. Stun-den-lang. Lesen und Schreiben und Rechnen.« Sie nahm sich zwei Äpfel und eine Orange und stopfte sie sich in die Tasche. »Nach dem Mittagessen ist es besser. Dann gibt es Musikunterricht und Tanzen und Zeichnen.«
Sie schöpften Suppe in ihre Schüsseln und trugen sie an einen langen Tisch.
Cat schnitt mit ihrem Gürtelmesser Stücke von dem braunen Brot ab, das in der Mitte des Tisches lag. »Die Schule in Southbridge war mir lieber. Da musste man nur hingehen, wenn man wirklich Lust hatte.«
»Und wie oft hattest du Lust?«, fragte Dancer und tunkte sein Stück Brot in die Schüssel.
»War fast jeden Monat da«, sagte Cat und bestrich ihr Brot mit Butter.
»Sie meint einmal im Monat, und zwar an dem Tag, wenn es Zimtkuchen gab«, sagte Han und erntete dafür einen finsteren Blick von Cat.
»Bist doch selbst schon seit Jahren nicht mehr da gewesen«, versetzte sie. »Nicht, seit du Streetlord warst.«
Nun ja. Er war dieses eine Mal da gewesen. Als er von Mac Gillen und seinen Blaujacken fast zu Tode geprügelt worden wäre und bei Redner Jemson im Tempel Schutz gesucht hatte. Korporal Byrne hatte versucht, ihn gefangen zu nehmen, und Han hatte Rebecca Morley als Geisel genommen. Es schien ein ganzes Leben zurückzuliegen.
»Ich bin auch
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