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Das Exil Der Königin: Roman

Das Exil Der Königin: Roman

Titel: Das Exil Der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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aus ihren Satteltaschen holten.
    »Was ist mit den Pferden?«, fragte Raisa.
    »Wir binden sie ebenfalls an.« Amon stieß die halb verrottete Tür des Garnisonshauses mit der Schulter auf. Raisa hörte ihn drinnen herumkramen. Einige Zeit später tauchte er wieder auf, schmutzig und mit Spinnenweben in den Haaren, aber sehr zufrieden. Er hatte die Hände voller Lederriemen und Eisenbeschläge und Drehringe.
    Raisa beäugte die Sachen misstrauisch. Wie lange hatten sie schon da drin gelegen? Wie sehr hatten ihnen Fäulnis und Schädlinge zugesetzt? Switcher warf den Kopf hin und her und schnaubte, als würde sie Raisas Bestürzung spüren. Raisa strich ihrer Stute über die Nüstern, um sie zu beruhigen.
    Amon warf geschickt ein Seil über den großen Flaschenzug, der auf dem Felsvorsprung verankert war, und sicherte es mit einem Eisenhaken, an dem er dann eine Drehscheibe befestigte. Anschließend legte er ein breites Ledergeschirr an, dessen Riemen sich um seinen Rumpf herum- und zwischen den Beinen hindurchzogen, und hängte es am Seil ein.
    »Woher willst du wissen, dass das funktioniert?«, fragte Raisa, die vor ihrem geistigen Auge schon sah, wie wild auskeilende Pferde gegen die Felswand prallten und sich die Beine brachen.
    »Ich habe das schon mal gemacht.« Amon wandte sich an Mick und Hallie. »Ich gehe zuerst runter, sichere das andere Ende und sehe mich unten um. Wenn ich dreimal am Seil ziehe, ist das für euch das Zeichen, dass ihr mich hochziehen könnt.«
    Amon streifte sich ein Paar Wildlederhandschuhe über. Er packte das Seil mit beiden Händen, trat an den Klippenrand, stieß sich ab und verschwand aus ihrem Blickfeld.
    Raisa unterdrückte einen entsetzten Aufschrei und beugte sich über die Klippe, die in einen gewaltigen Überhang mündete, unter dem nichts als gähnende Leere zu sehen war. Amon befand sich bereits hundert Fuß weiter unten und ließ das Seil durch den Flaschenzug laufen. Er benutzte die Füße, um sich von der Felswand abzustoßen. Kurz darauf hatte der Nebel ihn verschluckt.
    Er hat das schon mal gemacht, wiederholte Raisa im Stillen. Wie viele Geheimnisse mochte er wohl noch verbergen?
    Fast den ganzen restlichen Tag waren sie damit beschäftigt, die Pferde, alle ihre Vorräte und sich selbst nach unten zu befördern. Die Grauwölfe fällten ein paar mächtige Drehkiefern und bauten aus den Stämmen einen Flaschenzug für die Pferde. Amon verband den Tieren die Augen, bevor sie in großen Ledergeschirren, die zu diesem Zweck angefertigt worden waren, hinuntergelassen wurden. Auf diese Weise blieben die Pferde in sicherem Abstand zur Felswand und konnten sich nicht verletzen. Außerdem hielt sich dadurch ihre Panik in Grenzen, und das Risiko für irgendein Chaos wurde auf ein Minimum reduziert. Zu Raisas Erleichterung hielten die Lederriemen.
    Raisa ließ sich runter, als oben und unten gleich viele Soldaten waren. Abgesehen von einer hässlichen Prellung an ihrem Ellenbogen, als sie einmal gegen die Felswand stieß, und ein paar Blasen an ihren Händen von dem Seil sowie einer wunden Stelle am Oberschenkel, wo der Riemen gescheuert hatte, kam sie unverletzt an. Das Hüpfen und Springen beim Abstieg hatte etwas Beschwingendes – es war fast wie Fliegen. Es half darüber hinweg, dass sie wegen des Nebels nicht bis ganz nach unten sehen konnte.
    Amon wirkte ziemlich erleichtert, als sie in einem Stück unten ankam. »Erzähl das nur nie der Königin, ja?«, sagte er, als gäbe es nicht bereits eine ganze Menge Dinge, die sie Marianna gegenüber besser nicht erwähnte. »Und sag meinem Vater nicht, dass du allein runtergegangen bist.«
    Als schließlich alle unten angekommen waren, verblasste das Tageslicht bereits. Sie errichteten ihre Zelte im Schutz der Felswand und bemühten sich, in der nebligen, feuchten Luft ein paar Feuer zu entfachen. Nachdem sie die Pferde gefüttert und getränkt hatten, verschlangen sie eine rasche, kalte Mahlzeit. Niemand sprach viel. Der eiskalte Nebel schien von allen Seiten auf sie einzustürmen.
    »Ich bin überrascht, dass niemand zur Begrüßung hier ist«, sagte Amon. »Die Wasserläufer bewachen die Wasserfälle normalerweise sehr aufmerksam. Ich hätte vermutet, dass sie herkommen würden, um diejenigen zu treffen, die verrückt genug sind, die alte Straße zu benutzen. Rivertown liegt nicht sehr viel weiter südlich, direkt am Fluss. Morgen werden wir dort halten, um ihnen unsere Aufwartung zu machen und sie um Erlaubnis für die

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