Das Experiment
Tagebuch aus der Hand und zeigte Edward die Stelle, an der Elizabeth beschrieb, wie sie anderen beigebracht hatte, Stoffpuppen zu basteln. »Glaubst du, das könnte ein Anhaltspunkt sein?« fragte sie ihn.
»Du meinst im Hinblick auf das Beweisstück, hinter dem du so verzweifelt her bist?«
Sie nickte.
»Schwer zu sagen«, sagte Edward. »Es kommt mir schon ein bißchen merkwürdig vor. Aber jetzt mal ganz was anderes – ich sterbe vor Hunger. Wie steht’s mit dir, Stanton? Möchtest du auch etwas essen?«
»Ich kann immer essen«, erwiderte Stanton.
»Wie steht’s, Kim?« fragte Edward. »Kannst du uns nicht schnell was machen? Stanton und ich haben noch einiges zu besprechen.«
»Ich habe eigentlich keine Lust, eure Küchenfee zu spielen«, sagte Kim. Bisher hatte sie es noch nicht einmal geschafft, einen Blick in die neue Küche zu werfen.
»Dann bestellen wir etwas.« Edward begann seine Entwürfe auseinanderzurollen. »Wir sind nicht wählerisch.«
»Mir ist alles recht«, warf Stanton ein.
»Vielleicht könnte ich uns ja ein paar Spaghetti machen«, schlug Kim vor. Für Spaghetti hatte sie alle Zutaten im Haus. Der einzige Raum, in dem nicht das totale Chaos herrschte, war das Eßzimmer. Vor dem Umbau war es die ehemalige Küche gewesen. Der Eßtisch, die Stühle, die Anrichte – alles war an Ort und Stelle.
»Spaghetti wären prima«, sagte Edward.
Mit einem Seufzer der Erleichterung schlüpfte Kim in ihr frisch bezogenes Bett; es war die erste Nacht in ihrem neuen Zuhause. Nachdem sie die Spaghetti gegessen hatten, hatte sie Kisten ausgepackt. Erst vor einer halben Stunde hatte sie aufgehört und sich geduscht. Es gab zwar noch immer jede Menge zu tun, doch das gröbste Chaos war beseitigt. Als Stanton endlich gefahren war, hatte Edward ihr eifrig geholfen.
Kim nahm Elizabeths Tagebuch vom Nachttisch, um noch ein bißchen darin zu lesen. Als sie sich gemütlich zurücklehnte, wurde ihr bewußt, daß sie sich ihren ersten Abend im Cottage ganz anders vorgestellt hatte.
Sie legte das Tagebuch zur Seite und stand auf. Edwards Schlafzimmertür war angelehnt, und das Licht brannte noch. Als sie die Tür aufschob, knurrte Buffer sie drohend an. Kim biß die Zähne zusammen; dieser undankbare Köter ging ihr allmählich auf die Nerven.
»Was ist los?« fragte Edward. Er saß im Bett und hatte die Laborentwürfe um sich ausgebreitet.
»Ich wollte dir nur sagen, daß ich dich vermisse«, sagte Kim. »Bist du sicher, daß wir wirklich getrennt schlafen sollen? Ich habe mir unsere erste Nacht im Cottage eigentlich etwas romantischer vorgestellt.«
Edward schob die Pläne zusammen, klopfte auf die Bettkante und forderte sie auf, sich zu setzen. »Bitte entschuldige. Ich habe es bestimmt nicht böse gemeint. Aber ich glaube, daß es im Moment für uns beide wirklich das beste ist. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt, und mit meinen Gedanken bin ich permanent im Labor.«
Kim nickte und sah betreten auf ihre Hände. Edward beugte sich vor, um ihren Kopf zu sich herumzudrehen.
»Bist du okay?« wollte er wissen.
Kim nickte wieder, aber sie kämpfte mit den Tränen.
»Es war ein langer Tag«, sagte Edward.
»Ich fühle mich total unwohl«, gestand Kim.
»Warum denn?« fragte Edward.
»Ich weiß es selbst nicht genau«, erwiderte sie. »Vielleicht hat es etwas mit Elizabeth zu tun; immerhin leben wir jetzt in ihrem Haus. Außerdem muß ich dauernd daran denken, daß Elizabeth und ich zum Teil die gleichen Gene haben. Irgendwie spüre ich ihre Anwesenheit.«
»Du bist erschöpft«, versuchte Edward sie zu beruhigen. »Du bist heute umgezogen; da kann man schon mal ein bißchen durcheinander sein. Schließlich sind wir alle Gewohnheitstiere.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Kim. »Aber es gibt noch etwas anderes, das mich nicht ruhen läßt.«
»Du willst mir doch wohl nicht mit irgendwelchen Gruselgeschichten kommen?« entgegnete Edward und grinste. »Oder glaubst du an Geister?«
»Habe ich eigentlich nie, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher.«
»Machst du jetzt Witze, oder meinst du das im Ernst?«
Kim lachte. Offenbar hatte sie Edward einen kleinen Schrecken eingejagt. »Natürlich habe ich das nur im Scherz gemeint«, sagte sie. »Nein, ich glaube nicht an Geister. Aber was die Existenz von übernatürlichen Kräften angeht, muß ich meine Meinung wohl ändern. Mir läuft es immer noch kalt den Rücken runter, wenn ich daran denke, wie ich vorhin zielstrebig auf
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