Das Experiment
war. »Hat er heute abend zu fressen bekommen?«
Edward erschien in der Tür. »Das weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr«, sagte er und verschwand wieder.
Kim stand resigniert auf, schlüpfte in ihren Morgenrock und ging in die Küche hinunter. Buffer folgte ihr auf den Fersen, als hätte er verstanden, was gerade geredet worden war. Kim füllte seinen Napf, und Buffer knurrte und bellte vor Freude. Es war offensichtlich, daß er nichts zu fressen bekommen hatte, vielleicht schon seit Tagen nicht mehr. Er würgte sein Fressen so schnell hinunter, daß sie Angst hatte, er könnte ersticken.
Als sie die Treppe wieder hinaufging, sah sie, daß bei Edward das Licht noch brannte. Sie warf einen kurzen Blick in sein Zimmer und stellte fest, daß er bereits tief schlief. Kim trat neben sein Bett und wunderte sich über sein lautes Schnarchen. Er mußte erschöpft sein. Sie schaltete das Licht aus und ging in ihr Zimmer zurück.
Kapitel 14
Montag, 26. September 1994
Als Kim die Augen aufschlug, stellte sie überrascht fest, daß es schon beinahe neun Uhr war. Das war wesentlich später als gewöhnlich. Sie stand auf und warf einen Blick in Edwards Zimmer, aber der war natürlich schon lange aus dem Haus gegangen. Sein leeres Zimmer wirkte adrett und ordentlich. Edward hatte die lobenswerte Eigenschaft, am Morgen sein Bett zu machen.
Ehe sie zum Duschen ins Bad ging, rief Kim den Installateur, Albert Bruer, an und hinterließ ihre Nummer auf seinem Anrufbeantworter.
Der Rückruf kam innerhalb der nächsten halben Stunde, und bevor Kim zu Ende gefrühstückt hatte, stand er vor der Tür. Sie fuhren zusammen zur Burg hinauf.
»Ich glaube, ich kenne das Problem«, sagte Bruer. »Ich kenne es aus der Zeit, als Ihr Großvater noch lebte. Die Rohre sind aus Gußeisen, und einige sind verrostet.«
»Läßt sich das reparieren?« fragte Kim.
»Selbstverständlich«, nickte Bruer. »Aber es wird eine Weile dauern, ich schätze etwa eine Woche.«
»Tun Sie es«, bat Kim. »Ich habe Leute, die hier wohnen.«
»Ich kann Wasser in das Bad im zweiten Stock legen. Dort haben die Rohre noch ganz gut ausgesehen. Wahrscheinlich hat oben niemand gewohnt.«
Nachdem der Installateur wieder weggefahren war, ging Kim zum Labor hinüber, um den Männern zu sagen, daß sie das Bad im zweiten Stock benutzen könnten. Sie war eine Weile nicht mehr im Labor gewesen und ging ungern hin. Man hatte ihr dort nie das Gefühl vermittelt, willkommen zu sein.
»Kim!« rief David fröhlich. Er war der erste, der sie aus dem leeren Empfangsbereich in das eigentliche Labor kommen sah. »Was für eine nette Überraschung.« David rief den anderen zu, daß Kim gekommen war. Alle, Edward eingeschlossen, ließen alles liegen und stehen und begrüßten sie.
Kim spürte, wie sie rot wurde. Sie hatte es nicht gern, wenn sie im Zentrum des Geschehens stand.
»Wir haben frischen Kaffee und Krapfen«, sagte Eleanor. »Darf ich Ihnen etwas bringen?«
Kim lehnte dankend ab und sagte, sie habe gerade gefrühstückt. Dann entschuldigte sie sich für die Störung und erklärte den Grund ihres Kommens.
Die Männer waren zufrieden und versicherten ihr, daß es ihnen überhaupt nichts ausmachen würde, das Bad im zweiten Stock zu benutzen. Sie versuchten ihr sogar auszureden, sich die Mühe mit den Reparaturen zu machen.
»Ich denke nicht, daß man es so lassen soll, wie es ist«, widersprach Kim. »Mir ist es lieber, wenn es repariert wird.«
Dann schickte sie sich wieder zum Gehen an, aber das wollten die Wissenschaftler nicht zulassen, und jeder bestand darauf, ihr seine Arbeit zu zeigen.
David war der erste. Er führte Kim zu seinem Laborpult und ließ sie durch ein Sektionsmikroskop blicken, während er ihr erklärte, daß sie da ein Ganglienpräparat aus dem Abdominalbereich sehe, das er einer Molluske mit der Bezeichnung Aplasia fasciata entnommen hatte. Dann zeigte er ihr Ausdrucke, auf denen zu erkennen war, wie Ultra den spontanen Abschuß bestimmter Neuronen von Ganglion modulierte. Ehe Kim auch nur ansatzweise verstand, was er ihr eigentlich zeigte, nahm David ihr die Ausdrucke weg und führte sie zu einem Inkubator für Gewebekulturen und erklärte ihr, wie er die Gewebekulturen nach Anzeichen von Toxizität untersuchte.
Dann waren Gloria und Curt an der Reihe. Sie führten Kim ins Untergeschoß zu den Versuchstieren und zeigten ihr einige jämmerliche Geschöpfe: gestreßte Ratten und Affen, die unter schweren Angstzuständen litten.
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