Das Experiment
daß ich draußen herumlaufe, ohne die geringste Ahnung zu haben, was ich tue. Ich möchte nicht erschossen oder überfahren werden, weil ich mich wie ein Tier verhalte. Ich setze das Präparat ab.«
»Ich auch«, sagte David.
»Ja, das ist nur vernünftig«, fügte Curt hinzu.
»Also schön«, räumte Edward widerstrebend ein. »Was Sie da sagen, ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist unverzeihlich, unsere Sicherheit oder die von anderen aufs Spiel zu setzen. Als wir noch aufs College gingen, waren wir alle nicht viel besser als Tiere, aber ich glaube, über diese Sturm- und Drangzeit sind wir inzwischen hinaus.«
Alle lächelten über Edwards Humor.
»Setzen wir also das Präparat ab, und in ein paar Tagen werden wir sehen, wie die Dinge stehen«, meinte Edward freundlich. »Sobald Ultra im Körper abgebaut ist, können wir ja überlegen, ob wir mit wesentlich geringeren Dosierungen noch einmal anfangen.«
»Ich werde das Präparat nicht mehr nehmen, bis wir ein Versuchstier gefunden haben, das diese somnambule Wirkung ebenfalls zeigt«, erklärte Gloria bestimmt. »Ich denke, man muß das vollständig studieren, ehe Menschen es weiter einnehmen.«
»Okay«, erklärte Edward. »Wie ich schon immer gesagt habe, Selbstversuche erfolgen auf freiwilliger Basis. Ich sollte euch vielleicht daran erinnern, daß ich anfänglich vorhatte, das Präparat allein einzunehmen.«
»Und was werden wir in der Zwischenzeit für unsere Sicherheit tun?« fragte François.
»Wir sollten vielleicht im Schlaf EEGs aufzeichnen«, schlug Gloria vor. »Wir könnten die Geräte an einen Computer anschließen, der uns wecken soll, wenn die normalen Schlafmuster sich ändern.«
»Eine brillante Idee«, lobte Edward. »Ich werde dafür sorgen, daß die entsprechenden Geräte gleich am Montag bestellt werden.«
»Und was ist mit heute nacht?« fragte François.
Alle überlegten ein paar Augenblicke lang.
»Wir wollen hoffen, daß es kein Problem gibt«, sagte Edward. »Gloria hat immerhin die zweithöchste Dosis eingenommen, und sie hatte vermutlich in Relation zu ihrem Körpergewicht signifikant hohe Blutwerte. Ich glaube, wir sollten alle unsere Blutwerte mit den ihren vergleichen. Wenn sie niedriger sind, sind wir möglicherweise außer Gefahr. Wahrscheinlich ist der einzige, bei dem ein ernsthaftes Risiko besteht, Curt.«
»Na, vielen Dank«, meinte der und lachte. »Dann müssen Sie mich eben in einen Affenkäfig sperren.«
»Gar keine so schlechte Idee«, grinste David.
»Vielleicht sollten wir abwechselnd Wache halten«, gab François zu bedenken. »Dann könnten wir aufeinander aufpassen.«
»Eine gute Idee«, nickte Edward. »Und wenn wir heute unsere Blutwerte messen, dann können wir überprüfen, ob sie mit etwaigem Somnambulismus korrelieren.«
»Wissen Sie, das könnte sich alles noch zum Besten wenden«, sagte Gloria. »Wenn wir Ultra absetzen, haben wir die einmalige Chance, Blut- und Urinwerte zu verfolgen, und können vielleicht eine Verbindung zu etwa verbliebenen psychischen Auswirkungen herstellen. Und dann sollten wir alle auf etwaige ›depressive‹ Symptome achten. Die Studien an Affen deuten zwar darauf hin, daß es keine Entzugssymptome gibt, aber das müssen wir noch bestätigen.«
»Wir sollten das Beste daraus machen«, pflichtete Edward ihr bei. »Und unterdessen haben wir alle noch sehr viel zu tun. Darüber hinaus sind wir uns sicher alle einig, daß alles, was wir gerade besprochen haben, weiterhin streng geheim bleiben muß, bis wir das Problem wirklich geklärt haben.«
Als Kim auf die Uhr sah, wollte sie zuerst ihren Augen nicht trauen. Es war beinahe zehn Uhr. So lange hatte sie seit ihrer Collegezeit nicht mehr geschlafen.
Als sie dann auf der Bettkante saß, erinnerte sie sich plötzlich wieder an die unheimliche Episode im Schuppen, die ihr wirklich Angst eingejagt hatte. Nachher war sie so aufgewühlt gewesen, daß sie nicht wieder hatte einschlafen können. Sie hatte fast zwei Stunden lang versucht, Schlaf zu finden, bis sie schließlich aufgegeben und wieder eine halbe Xanax genommen hatte. Sie war langsam ruhiger geworden, hatte sich dann aber plötzlich dabei ertappt, wie sie über Thomas Goodmans Brief nachdachte, der Elizabeths Flucht in den Schuppen beschrieben hatte, ohne Zweifel unter dem Einfluß des giftigen Schimmels. Daß Kim in ihrer Panik in denselben Schuppen gerannt war, schien ihr mehr als ein bloßer Zufall.
Sie duschte, kleidete sich an und frühstückte,
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