Das Experiment
Treppenabsatz befand sich ein kleines Studierzimmer. Über dem Salon und der Küche waren zwei Schlafzimmer, die jeweils einen eigenen Kamin hatten. Von ein paar Betten und einem Spinnrad abgesehen, gab es hier oben keine weiteren Möbel.
Schließlich stiegen sie wieder nach unten und besichtigten die Küche; fasziniert blieben sie vor der riesigen Feuerstelle stehen. Edward schätzte, daß sie mindestens drei Meter breit war. Links waren Halterungen für Töpfe angebracht, rechts ein bienenkorbförmiger Ofen in die Feuerstelle eingebaut worden. Ein paar alte Töpfe, Pfannen und Kessel standen noch herum.
»Kannst du dir vorstellen, hier zu kochen?« fragte Edward.
»Nein«, erwiderte Kim. »Ich habe schon in einer modernen Küche meine Schwierigkeiten.«
»Die alten Siedlerfrauen müssen ziemlich geschickt gewesen sein«, stellte Edward fest. »Es ist nicht einfach, so ein großes Feuer in Gang zu halten. Ich frage mich, wie sie die Temperatur reguliert haben. Gerade beim Brotbacken kommt es auf die richtige Temperatur an.«
Durch eine weitere Tür gelangten sie in einen Anbau. Überrascht stellte Edward fest, daß dort noch eine zweite Küche war.
»Ich glaube, diese Küche haben sie im Sommer benutzt«, sagte Kim. »Wenn es draußen warm war, wäre es doch ein Wahnsinn gewesen, diese riesige Feuerstelle zu benutzen.«
Sie verließen den Anbau und gingen zurück in die Hauptküche. Edward blieb in der Mitte des Raumes stehen und kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Kim sah, daß er über irgend etwas nachdachte.
»Was geht dir gerade durch den Kopf?« fragte sie.
»Hast du jemals darüber nachgedacht, hier zu leben?« fragte er.
»Nein, nie«, entgegnete sie. »Es wäre doch so, als würde ich auf einem Campingplatz leben.«
»Natürlich weiß ich, daß man das Haus nicht in dem jetzigen Zustand bewohnen kann«, erklärte Edward. »Aber man müßte gar nicht so viel verändern.«
»Du meinst, man sollte es renovieren?« fragte Kim. »Es wäre unverantwortlich, dieses historische Juwel zu zerstören.«
»Aber das muß man doch gar nicht. Du könntest einfach in dem Anbau eine moderne Küche und ein Bad einrichten; dieser Teil ist ja sowieso erst nachträglich dazugekommen. Das Hauptgebäude bliebe vollkommen erhalten.«
»Glaubst du wirklich, das könnte funktionieren?« fragte Kim und sah sich um. Das Haus hatte einen unbestreitbaren Charme. Und es würde bestimmt Spaß machen, es neu einzurichten.
»Du mußt doch sowieso aus deiner Wohnung raus«, fuhr Edward fort. »Und eigentlich ist es doch eine Schande, dieses wunderschöne Haus leer stehen zu lassen. Früher oder später werden die Randalierer auch hier ihr Unwesen treiben und vielleicht irreparable Schäden anrichten.«
Sie machten noch einmal einen Rundgang durch das Haus, wobei sie sich diesmal in jedem Zimmer überlegten, wie man es wirklich wohnlich machen könnte. Edward war zusehends begeistert von der Idee, und auch Kim konnte ihr immer mehr abgewinnen.
»Stell dir nur vor, wie nah dir deine Vorfahren wären, wenn du hier wohnen würdest«, bemerkte Edward. »Ich würde nicht eine Minute zögern, hier einzuziehen.«
»Ich muß erst mal eine Nacht darüber schlafen«, sagte Kim schließlich. »Die Idee ist faszinierend, aber ich muß auch noch mit meinem Bruder darüber reden. Immerhin haben wir das Anwesen gemeinsam geerbt.«
»Eines ist mir noch unklar«, sagte Edward und schaute sich in der Küche um. »Wo haben die Bewohner früher ihre Vorräte aufbewahrt?«
»Wahrscheinlich im Keller«, erwiderte Kim.
»Ich dachte, es gäbe hier keinen Keller«, sagte Edward. »Als wir um das Haus gegangen sind, habe ich keinen Kellereingang gesehen. Und hier drinnen scheint auch keine Treppe nach unten zu führen.«
Kim ging um den Tisch herum und zog eine abgetretene Sisalmatte zur Seite. »In den Keller kommt man durch diese Falltür«, erklärte sie. Sie bückte sich, steckte ihren Finger durch ein Loch im Boden, zog die Falltür hoch und klappte sie zurück. Eine Leiter führte hinab in die Dunkelheit.
»Diese Falltür ruft viele Erinnerungen in mir wach«, erzählte sie. »Als wir Kinder waren, hat mein Bruder mir manchmal gedroht, mich in den Keller zu sperren. Die Falltür hatte es ihm wirklich angetan.«
»Ein netter Bruder«, bemerkte Edward. »Kein Wunder, daß du Panikanfälle hattest. Bei solchen Drohungen hätte es wohl jeder mit der Angst bekommen.«
Edward beugte sich vornüber und versuchte, einen Blick in den
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