Das fängt ja super an! Coming-out-Roman
soll er mich doch bitte anrufen, weil ich mal wieder vorbeischauen will.«
»Mach ich. Ich hoffe Amerika war schön?«
»Sicher, aber wenn ich vorbeikomme, erzähle ich mehr. Es gibt gleich Essen.«
»Dann will ich dich auch nicht länger aufhalten. Noch einen schönen Tag und tschau.«
»Ja, dir auch. Bye.«
Nachdem auch dieses Gespräch beendet war, ließ ein markerschütternder Schrei die Wände Wackeln. Gut, so heftig war er nicht, aber auch nicht zu überhören. Das Essen war fertig.
Während des Essens erzählte ich dann allen etwas von meinem Urlaub. Was ich alles gesehen hatte, wie das Wetter war … All die Dinge, die Eltern eben so interessieren. Und dann nahm ich all meinen Mut zusammen.
»Nachdem wir jetzt alle satt sind, glaube ich, dass ich den zwei Herren, wo sie ja bei uns einziehen werden, noch etwas sagen muss.«
»Und was, wäschst du dir vorm Essen nie die Hände?«, fragte Manfred.
»Nein, und ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich ausreden lassen würdest.«
Plötzlich wurde es ganz still im Zimmer. Die beiden mussten wohl meinen ernsten Tonfall bemerkt haben. Meine Mutter wusste, worum es ging und sah gebannt auf die zwei, wie sie wohl reagieren würden.
»Also, wie fange ich am besten an … Hm … Also, als ich in Amerika war, habe ich einen ganz netten Jungen kennengelernt.«
»Das ist bestimmt Mike.«
Ich warf Danny einen bösen Blick zu, der sofort wieder still war.
»Und er ist jetzt mein Freund.«
»Ist doch klar, wenn sich Menschen gut verstehen werden sie Freunde. Aber warum erzählst du uns das denn?«
»Manfred, er ist nicht irgendein Freund, er ist mein Freund. Ich bin schwul.«
Manchmal hasse ich die deutsche Sprache: Freund – Freund. Im Englischen hat man es da viel einfacher: Boy-friend – friend. Diese Doppeldeutigkeit ist ja manchmal ganz nett, aber in so einem Moment mehr als unpassend.
»Aha«, sagte Danny eher unbeteiligt.
»Ja, und wo ist das Problem?«, fragte mich Manfred.
»Ich weiß nicht, aber ich dachte ihr solltet es wissen, nachdem wir bald eine Familie sein werden. Also ist das für euch kein Problem?«
»Nein.« Danny wirkte immer noch sehr unbeteiligt. Es schien, als würde er nachdenken.
»Absolut nicht. Ein Kollege in der Arbeit, mit dem ich viel zusammen arbeite, ist auch schwul und wir verstehen uns sehr gut.«
»Da bin ich aber erleichtert.«
»Aber jetzt erzähl doch mal was von diesem Mike.«
Also erzählte ich noch etwas von dem Urlaub, wie ich Mike traf und was wir so alles gemacht hatten. Halt! Alles wäre wohl der falsche Ausdruck, denn ich erzählte nur von unseren Tagesausflügen. Danny schien eher desinteressiert zu sein.
Irgendwann gingen wir rüber ins Wohnzimmer, und Danny ließ sich auf das große Sofa fallen, das heute Nacht sein Bett sein sollte. Und da geschah es dann. Es gab ein lautes Krachen und er verschwand zwischen den Auflagen und den Sofakissen.
»Ach du meine Güte, was machen wir nur heute Nacht mit Danny? Manfred, hast du einen Vorschlag?«, fragte meine Mutter und betrachtete das kaputte Sofa.
»So spontan fällt mir jetzt nichts ein.«
»Äh, wenn ich mal was sagen dürfte …«
»Nicht jetzt Sammy, wir müssen überlegen.»
Typisch meine Mutter! Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, gerät sie immer in Panik und versucht, durch auf und ab rennen Kilometergeld zu bekommen. Wenn dem so wäre, hätte ich bestimmt meinen eigenen Ferrari, eine Yacht und noch allen weiteren Schnickschnack.
Nachdem sie sinnlos mit Manfred diskutiert hatte, mischte ich mich wieder ein, während Danny die beiden immer noch verständnislos ansah.
»Hallo, Mama, ich weiß eine Lösung.«
»Warum sagst du das denn nicht gleich.«
»Das wollte ich ja, aber … ach egal. Also, ich habe doch die alte Ausziehcouch in meinem Zimmer. Die könnten wir ausklappen und das Problem ist gelöst.«
»Ja, da hast du recht. Wenn ich dich nicht hätte, mein Sohn …«
»Dann wärst du ganz schön verloren«, mischte sich Manfred in unser Gespräch ein.
»Der Himmel steh’ mir bei, jetzt hab ich zwei so vorlaute Männer im Haus. Ich arme Frau muss mich mit euch Kerlen rum ärgern, wo bleibt denn da die Gleichberechtigung?«, witzelte meine Mutter.
»Die bleibt wohl auf der Strecke.«
Das kam jetzt von Danny, der sich mittlerweile wieder von seinem Schock erholt hatte.
»Nicht du auch noch. Ich glaube es ist das Beste, wenn ich ausziehe.«
»Nein, Mama, das kannst du uns doch nicht antun. Wer soll denn dann Kochen, Waschen,
Weitere Kostenlose Bücher