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Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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vermisste Person gesehen zu haben… und in neun von zehn Fällen ist nicht einmal die geringste Ähnlichkeit vorhanden.«
    »Osborne ist anders«, behauptete Lejeune.
    »Nämlich?«
    »Nun, er ist ein achtbarer kleiner Apotheker, etwas altmodisch, und ein guter Beobachter. Einer seiner Wunschträume besteht darin, uns einmal einen Mann zeigen zu können, der vor langer Zeit bei ihm Arsenik gekauft… und jetzt damit seine Frau vergiftet hat.«
    Corrigan lachte.
    »Dann hat er sich diese Sache erst recht eingebildet.«
    »Vielleicht«, meinte Lejeune nachdenklich.
    Corrigan betrachtete ihn neugierig.
    »Sie glauben also ernsthaft, diese ganze Geschichte könnte wahr sein? Was wollen Sie denn jetzt unternehmen?«
    »Es kann auf jeden Fall nichts schaden, wenn wir ein paar diskrete Erkundigungen über diesen Mr Venables von Prior’s Court in Much Deeping einziehen.«

18
     
    » W as für aufregende Dinge doch auf dem Lande geschehen können«, meinte Hermia leichthin.
    Wir hatten eben unser Abendessen beendigt; ein Kännchen mit schwarzem Kaffee stand noch vor uns auf dem Tisch.
    Ich blickte Hermia forschend an. Ihre Worte hatten nicht ganz so geklungen, wie ich es erwartet hatte. Während der letzten Viertelstunde hatte ich ihr meine Geschichte erzählt und sie hatte interessiert zugehört. Nun aber war ich etwas enttäuscht… ihre Stimme schien vollkommen gleichgültig, weder entsetzt noch aufgeregt.
    »Ich bin überzeugt, deine Fantasie spielt dir hier einen Streich. Aber ich will immerhin zugeben, dass deine alten Krähen selbst von ihrer Berufung überzeugt sind. Es sind sicher drei bösartige Weiber.«
    »Aber nicht unheimlich oder gefährlich?«
    »Mark, das ist doch alles Gefasel!«
    Ich schwieg. Meine Gefühle schwankten zwischen Licht und Dunkelheit – der Düsterkeit des ›Fahlen Pferdes‹ und dem beruhigenden Licht, das Hermia repräsentierte. Ein klares, vernünftiges Licht war es, das in die dunkelsten Ecken leuchtete und alles Unheimliche daraus vertrieb. Und dennoch vermochte sie mich nicht zu überzeugen…
    Hartnäckig wanderten meine Gedanken wieder zurück.
    »Ich möchte, dass du dir alles noch einmal überlegst, Hermia. Wir müssen der Sache auf den Grund gehen.«
    »Das finde ich auch – aber du bist es, der überlegen muss. Das Resultat wird jedenfalls sehr spaßig sein.«
    »Das ist kein Scherz!«, rief ich heftig. Dann fügte ich ruhiger hinzu: »Ich hoffte, du würdest mir helfen, Hermia.«
    »Helfen? Wie?«
    »Ich möchte Nachforschungen anstellen – über die Leute auf dieser Liste, über alles, was mit ihnen geschehen ist.«
    »O Mark, dazu habe ich jetzt wirklich keine Zeit! Ich bin so beschäftigt. Da ist mein Artikel für die Zeitung, den ich noch zu schreiben habe… und dann diese Sache mit Byzanz. Außerdem habe ich zweien von meinen Schülern versprochen…«
    Sie fuhr mit ihrer Aufzählung fort, sehr vernünftig und logisch. Aber ich hörte kaum zu.
    »Ich verstehe«, bemerkte ich langsam. »Du hast zu viele andere Pflichten, um dich auch noch damit abzugeben.«
    »So ist es, Mark.« Hermia war ganz offensichtlich erleichtert angesichts meiner Fügsamkeit. Sie lächelte mir zu, nachsichtig und schonend – wie eine Mutter, die ihrem kleinen Jungen eine Unart verzeiht.
    Aber zum Teufel – ich bin doch kein kleiner Junge! Und ich brauchte keine mütterliche Nachsicht, sondern eine Gefährtin, eine Helferin.
    Ich betrachtete Hermia leidenschaftslos über den Tisch hinweg. Sie war so hübsch, so reif, so intellektuell und belesen… und dabei so unfassbar dumm!

19
     
    A m nächsten Morgen versuchte ich vergeblich Jim Corrigan zu erreichen. Ich hinterließ jedoch die Nachricht, dass ich ihn zwischen sechs und sieben Uhr zuhause erwarte, falls er eine Viertelstunde Zeit für mich habe. Er war ein viel beschäftigter Mann, wie ich wusste, und ich bezweifelte, dass er sich freimachen konnte. Doch pünktlich um zehn Minuten vor sieben tauchte er auf. Während ich ihm einen Whisky eingoss, wanderte er im Zimmer umher und betrachtete meine Bilder und Bücher. Schließlich meinte er schmunzelnd: »Nach dem Durcheinander zu schließen, in dem Sie leben, können Sie nicht verheiratet sein. Jede Frau hätte da längst Ordnung geschafft.«
    Ich lachte, behauptete jedoch, keine so schlechte Meinung von den Frauen zu haben.
    Wir setzten uns mit unseren beiden Whiskygläsern an ein Tischchen und ich begann: »Sie werden sich gewundert haben, weshalb ich Sie so dringend zu mir bat. Aber ich

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