Das fahle Pferd
Bestimmtheit. Drei davon sind tot: Minnie Hesketh-Dubois, Thomasina Tuckerton und Mary Delafontaine. Alle drei starben in ihren Betten an einer vollkommen natürlichen Krankheit. Und gerade das behauptet Thyrza Grey erreichen zu können.«
»Sie erklärt, selbst diese Todesfälle herbeigeführt zu haben?«
»Nein, nein! Sie sprach kein Wort über wirkliche Fälle – sie schilderte es nur als wissenschaftliche Möglichkeit.«
»Was im ersten Moment wiederum Unsinn zu sein scheint«, meinte Mrs Calthrop nachdenklich.
»Ich weiß. Normalerweise hätte ich einfach höflich gelächelt – wenn nicht diese zufällige frühere Erwähnung des ›Fahlen Pferdes‹ gewesen wäre.«
Mrs Calthrop nickte. ›»Das fahle Pferd‹, ja. Das ist viel sagend.«
Wir schwiegen einen Moment. Dann hob sie den Kopf und sah mich fest an.
»Die Sache ist schlimm – sehr schlimm. Was auch dahinter stecken mag… es muss verhindert werden. Aber das wissen Sie selbst.«
»Ja, natürlich – doch wie?«
»Das müssen Sie nun herausfinden. Und Sie dürfen keine Zeit dabei verlieren.« Mrs Calthrop erhob sich voller Tatendrang. »Sie müssen sofort anfangen, sofort!« Sie überlegte. »Haben Sie keinen Freund, der Ihnen helfen könnte?«
Ich dachte nach. Jim Corrigan? Ein viel beschäftigter Mann, der wenig Zeit hatte für andere Dinge. David Ardingly – doch würde David mir Glauben schenken? Hermia? Ja, Hermia war dafür geeignet, sie mit ihrem klaren Kopf, ihrer nüchternen Logik. Sie wäre eine zuverlässige Helferin, wenn ich sie dazu bewegen könnte. Schließlich waren sie und ich… Ich dachte den Satz nicht zu Ende. Hermia war genau die Person, die ich brauchte.
»Sie wissen also jemanden, an den Sie sich wenden können? Gut!« Mrs Calthrop war wohltuend und sachlich.
»Ich selbst werde ein Auge auf die drei Hexen haben. Immer noch werde ich das Gefühl nicht los, dass sie nicht die eigentliche, wahre Lösung bedeuten…«
Sie schwieg einen Augenblick und meinte dann: »Was wir unbedingt brauchen, ist eine Verbindung – ein Bindeglied zwischen einem dieser Namen und dem ›Fahlen Pferd‹. Etwas Greifbares.«
17
I nspektor Lejeune hörte ein bekanntes Pfeifen im Korridor; er hob den Kopf und gleich darauf trat Dr. Corrigan ins Zimmer.
»Tut mir leid, dass ich Sie enttäuschen muss«, erklärte Corrigan. »Aber der Fahrer des Jaguar, den Sie mir da aufgehalst haben, hatte keine Spur Alkohol im Blut…«
Doch Lejeune war im Augenblick gänzlich uninteressiert an den Tagesrapporten über kleine Autounfälle.
»Kommen Sie, Doktor, und schauen Sie sich das einmal an.« Er schob dem Arzt ein Blatt Papier hin. Dieser nahm es und las die kleine, sorgfältige Schrift. Der Briefkopf lautete: Everest Glendower Close, Bournemouth.
Verehrter Inspektor Lejeune,
Sie erinnern sich wohl, dass Sie mich ersuchten, Ihnen sofort Me l dung zu erstatten, wenn ich den Mann wiedersähe, der damals Pater Gorman folgte. Ich habe mich überall in der Nachbarschaft meiner Apotheke umgesehen, habe ihn jedoch dort nie mehr zu Gesicht bekommen.
Nun besuchte ich jedoch gestern ein Fest in der kleinen Ortschaft Much Deeping die ungefähr zwanzig Meilen von hier entfernt liegt. Mich hatte die Ankündigung dorthin gelockt, das Mrs Ol i ver, die bekannte Schriftstellerin, ihre Bücher signieren werde. Ich bin ein großer Liebhaber von Detektivgeschichten und war daher neugierig die Dame kennen zu lernen.
Zu meiner Überraschung sah ich dort aber auch den Mann, den ich Ihnen vor einigen Tagen beschrieben habe. Er muss doch sei t her einen Unfall erlitten haben, denn er bewegte sich in einem Rollstuhl vorwärts. Ich habe mich diskret nach ihm erkundigt und erfuhr, dass er in der Nachbarschaft wohnt. Sein Name ist Venables und sein Haus nennt sich Prior ’ s Court. Man ist al l gemein der Meinung er müsse viel Geld besitzen.
In der Hoffnung dass diese Mitteilung Ihnen weiterhelfen möge, verbleibe ich
h ochachtungsvoll Ihr Zacharias Osborne
»Nun?«, fragte Lejeune.
»Hm, klingt unwahrscheinlich.« Corrigan schüttelte den Kopf.
»Oberflächlich betrachtet allerdings. Aber ich bin nicht so sicher, dass nicht doch etwas dahinter steckt.«
»Dieser Osborne – er konnte doch an einem so nebligen Abend das Gesicht nicht deutlich genug gesehen haben, um es wiederzuerkennen. Wahrscheinlich handelt es sich bloß um eine zufällige Ähnlichkeit. Sie wissen doch, wie die Leute sind. Sie rufen den ganzen Distrikt zusammen und behaupten, eine
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