Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
Vom Netzwerk:
gestritten. Sie hatte noch immer ein wenig Blau unter dem einen Auge, sonst ist mir nichts weiter aufgefallen. Ich habe sie auch nur kurz gesehen. Sie hat kurz im Hühnerstall vorbeigeschaut und ein wenig geplaudert. Als sie aus dem Ort zurückkam, meine ich.«
    »Um welche Uhrzeit war das?«
    »Es war ungefähr zwölf.«
    »Und Sie sind um eins nach Hause gegangen?«

    »Ja. Um kurz nach eins.«
    »Worüber haben Sie gesprochen?«
    »Über Wind und Wetter. Nichts Ernstes. Sie bot mir einen Kaffee an, aber ich wollte doch nach Hause und deshalb habe ich abgelehnt.«
    »Und das war alles?«
    »Ja.«
    »Und als Sie gegangen sind, war sie noch da?«
    »Sicher. Machte gerade irgendwas in der Küche. Ich hab nur kurz reingeschaut und ihr ein schönes Wochenende gewünscht.«
    DeBries nickte.
    »Aber vor Gericht, wenn ich darauf zurückkommen darf, haben Sie gesagt, Sie hielten Verhaven nicht für den Schuldigen?«
    Moltke machte einen Lungenzug und stieß den Rauch dann wieder aus, ehe er antwortete.
    »Nein, sagte ich. Und das war wohl auch nicht der Fall.«
    »Und auch jetzt glauben Sie das nicht?«, fragte deBries. »Im Grunde nicht?«
    »Ich weiß nicht. Das Leben in diesem Ort ist leichter, wenn man glaubt, dass er es war. Wenn Sie verstehen, was ich meine. Ist er wirklich tot, wie sie sagen?«
    »Welche sie?«
    »Die im Ort natürlich.«
    »Ja«, deBries nickte. »Das stimmt. Er ist tot.«
    »Ja ja«, Bernard Moltke seufzte. »Diesen Weg müssen wir ja alle gehen.«
     
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Moreno. »In die Stadt zurückfahren vielleicht?«
    DeBries schaute auf die Uhr.
    »Halb sieben«, stellte er fest. »Sollten wir nicht noch einen Blick auf das Haus werfen? Du warst doch noch nicht da.«
    »Na gut«, sagte Moreno. »Aber ich habe um neun eine
Verabredung und würde mich vorher gern noch ein wenig pudern.«
    »Für mich bist du auch ganz und gar ungepudert gut genug«, sagte deBries.
    »Danke«, sagte Moreno. »Schön, dass du wenigstens keine großen Ansprüche stellst.«
    »Man muss sich mit dem zufrieden geben, was man bekommt«, sagte deBries.
     
    »Düster hier«, stellte sie fest, als sie durch den Wald zurückfuhren. »Aber natürlich hat es damals besser ausgesehen.«
    »Sicher«, sagte deBries. »Hat ja zwölf oder dreizehn Jahre leer gestanden. Das hinterlässt seine Spuren... schau mal! Schaffen wir noch ein Gespräch?«
    »Ein kurzes«, sagte Moreno.
    DeBries fuhr langsamer und blieb dann vor dem Mann stehen, der gebückt am Wegrand stand und einen Zaun anstrich.
    »Guten Abend«, sagte er durch das heruntergekurbelte Fenster. »Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    Der Mann richtete sich auf.
    »Guten Abend«, sagte auch er. »Gern. Tut gut, den Rücken gerade machen zu können.«
    DeBries und Moreno stiegen aus dem Wagen und stellten sich vor. Claus Czermak wohnte erst seit einem guten Jahr in diesem Haus, wie sich dann herausstellte, und er war auch noch zu jung, um eigene Erinnerungen an die Verhaven-Prozesse haben zu können. Aber zwei Minuten konnten sie ihm trotzdem opfern.
    »Sind hergezogen, als unser Drittes kam«, sagte er und zeigte zur Erklärung auf den Garten und das Haus, wo zwei kleine Jungen mit einem Tretauto über die Rampe fuhren, die neben der Treppe zur Haustür angebracht war. »In der Stadt war es uns ein bisschen zu stickig... die Landluft, wissen Sie...«

    Moreno nickte.
    »Sie arbeiten nicht hier im Ort?«
    Czermak schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte er. »Ich unterrichte an der Universität. Geschichte, Mittelalter und Byzanz.«
    »Ja, wir interessieren uns also für Leopold Verhaven und sein Haus oben im Wald«, sagte deBries. »Sie sind ja gewissermaßen der nächste Nachbar. Sie und die Leute gegenüber...«
    »Wilkersons, ja. Doch, wir haben ja begriffen, dass sich etwas zusammenbraute.«
    »Genau«, sagte deBries. »Aber vielleicht wissen Sie etwas, was für uns von Interesse sein könnte?«
    Czermak schüttelte den Kopf.
    »Kann ich mir nicht vorstellen«, sagte er. »Wir waren in Urlaub, als er im August zurückgekommen ist... wir kennen ihn nur vom Hörensagen. Aber was ist denn eigentlich passiert?«
    »Er ist tot«, sagte deBries. »Unter unklaren Umständen. Und bitte, rufen Sie nicht gleich die Zeitungen an.«
    »Ach Herrje«, sagte Czermak. »Nein, ganz bestimmt nicht, das verspreche ich Ihnen.«
     
    »Danke für die Begleitung«, sagte deBries, als er vor Assistentin Morenos Wohnung am Kejner Plein anhielt. »Schade, dass du keine

Weitere Kostenlose Bücher