Das Feenorakel
an.
«Süße, es gibt eine Menge Dinge, von denen du keine Ahnung hast, natürlich spricht er Deutsch, er ist ja selber einer von diesen Wurstessern», sagte Tom abfällig.
Alva streckte ihm die Zunge raus. «Ah ja, was bist du wieder nett heute!»
«Das war übrigens Russisch», sagte Stefan, setzte sich hinter sein Schlagzeug und zählte den nächsten Song an.
Der restliche Soundcheck ging glatt über die Bühne, und wenn sie auch gern etwas mehr Zeit gehabt hätten, räumten sie doch ihre Plätze, als der Hallenmeister nach exakt fünfzehn Minuten zurückkehrte.
Das Moshpit war nach der tobenden Menge benannt, die sich bei manchen Bands vor der Bühne versammelte und springend und rempelnd zur Musik tanzte. Es sah etwas heruntergekommen aus, doch die Plakate, die in dicken Schichten übereinander an die Wände geklebt waren, bewiesen, dass hier seit Jahren bekannte und erfolgreiche Bands ihre ersten Konzerte gegeben hatten, bevor sie in größere Hallen oder Stadien umgezogen waren. Der Club galt als Sprungbrett in eine erfolgreiche Musikerkarriere und das Publikum als dementsprechend anspruchsvoll.
Alva fühlte sich wohl, die Räume durchzogen trotz ihres Zustands positive Schwingungen. Zudem befand sich der Club praktischerweise mitten in einem belebten Kiez, weshalb sie beschlossen, einfach loszuziehen und nach einer netten Kneipe zu suchen, um die Zeit bis zum Abend zu überbrücken und etwas zu essen. Nur Alastair winkte ab, er wartete noch auf irgendein Ersatzteil, das ihm zu seinem Technikerglück fehlte.
Erik, dessen schnelles Eingreifen vorhin jeden, der dabei gewesen war, beeindruckt hatte, wurde eingeladen, sie zu begleiten. Alva freute sich über das freundliche Lächeln, das er ihr schenkte. Ganz sicher kein armer Mann und nicht ohne Einfluss, war er offensichtlich bescheiden und bodenständig geblieben.
Chris dagegen war nicht begeistert. Jedenfalls kam es Alva so vor, als würde ihre Freundin erleichtert aufatmen, als Erik ein Gespräch mit Stefan begann und die beiden Männer ein bisschen zurückblieben. «Wo hast du den denn aufgegabelt? Lass mich raten, er ist ein Freund von Julen.»
Mit einem Schulterzucken tat Alva den leicht aggressiven Unterton ihrer Freundin ab, den sie sich ohnehin nicht erklären konnte. «Ja, und außerdem ist er der Chef unseres Tourmanagers.»
«Oh, Shit! Da bin ich wohl besser nett zu ihm. Kann mir schon vorstellen, wie Tally auf ihn reagieren wird.»
Die Sängerin der Fairytales würde sich Erik ganz bestimmt sofort an den Hals werfen , überlegte Alva. «Wegen seines Aussehens oder seines Jobs?»
«Ich glaube, jemanden mit Einfluss würde sie auch nehmen, wenn er wie Quasimodo aussähe. Da ist sie vollkommen schmerzfrei.» Unauffällig sah sich Chris um. «Ich muss zugeben, er sieht definitiv besser aus.»
Das war eine ziemliche Untertreibung, fand Alva.
Erik war groß und machte in den dunklen Jeans eine gute Figur. Der rotblonde Bartschatten ließ ihn männlicher wirken, was den Frauen, die ihnen unterwegs begegneten, offenbar gefiel. Das T-Shirt lag eng an und verbarg wenig von seinem sportlichen Oberkörper. Wirklich bemerkenswert waren seine Husky-Augen, die unter der dichten Mähne blonder Haare alles um ihn herum im Blick zu haben schienen. Leider hatte er sie nun hinter einer teuer wirkenden Sonnenbrille verborgen, die ebenso wie bei Julen definitiv seinen Coolness-Faktor erhöhte. Man merkte ihnen an, dass sie irgendwie aus der gleichen Ecke stammten. Obwohl Erik – anders als Julen, den immer ein Hauch von Verwegenheit zu umwehen schien – wie ein sportlicher College-Student wirkte und eigentlich zu jung war, um schon ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein. Aber Julens Boss hätte ebenfalls in diese Clique gepasst. Er hatte auch überhaupt nicht ihren Vorstellungen entsprochen, und die Dunkelheit, die ihn zu umgeben schien, hatte sie auch in Julen gespürt. Erik war anders. In Ermangelung eines besseren Begriffs hätte sie ihn als sonniger bezeichnet. Natürlich! Beinahe hätte sie sich mit der flachen Hand auf die Stirn geschlagen. Wenn Julen und Kieran Dunkelelfen waren, dann war Erik vielleicht ein Lichtwesen wie sie. Zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Überlegungen hakte sich Alva bei Chris ein und hopste zweimal, bis sie im Gleichschritt gingen. «Das wird ein fantastisches Konzert! Ich kann es in meinen Knochen spüren.»
Die Bassistin sah sie von der Seite an. «Wenn du das sagst.»
Doch Alva ließ sich ihre gute Laune nicht
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