Das Feenorakel
geschehen war, so wusste sie doch, dass Alva die Situation während des Auftritts nicht im Griff gehabt hatte.
Sein Handy klingelte. Chris. Es war ihre Idee gewesen, dass sie alle vor der Abreise ihre Kontaktdaten untereinander austauschten, und Julen war keine gute Ausrede eingefallen, um seine nicht herausgeben zu müssen. Egal. Nach diesem Job würde er jede Verbindung zu ihnen abbrechen, und wenn er mit etwas Magie nachhalf, hatten die Sterblichen und sogar Chris ihn bald vergessen. Er zog das Telefon aus der Tasche. «Ja?»
«Ist sie bei dir?» Ihre Stimme klang gedämpft, als wollte sie nicht, dass Tom, der immer noch nach Alva suchte, sie hörte.
«Ja.»
«Kann ich mit ihr sprechen?»
«Nein.»
«Ich will wissen, wie es ihr geht!» Nun klang sie wütend.
Er hörte sich schon genauso wie sein Mentor Kieran an, der auch selten ein Wort zu viel sprach und mit Informationen sparsam umging, bis Julen ihm manches Mal gern einen Faustschlag auf seine aristokratische Nase gegeben hätte, die er seines Erachtens ohnehin gelegentlich zu hoch trug. Er riss sich zusammen und bemühte sich, etwas Wärme in seine Stimme zu legen. «Alva ist erschöpft. Sie bleibt jetzt erst einmal bei mir, um sich auszuruhen. Wir sehen uns beim nächsten Auftritt.»
«Und wie soll ich das den anderen erklären?»
«Lass dir was einfallen.» Bevor er das Gespräch unterbrach, hörte er, wie sie scharf die Luft einsog. Zweifellos wollte sie genügend Atem haben, um ihm gleich nachdrücklich die Meinung zu sagen.
Stattdessen stand sie nun dort unten, das Handy noch an ihrem Ohr und sah sich suchend um. Drohend hob sie die Faust. «Bastard! Ich weiß genau, dass du da irgendwo bist!»
Tom tauchte im Lichtkegel einer Laterne auf. «Hast du sie nicht mehr alle, oder was?» Trotz seiner unfreundlich klingenden Worte legte er eine Hand auf ihre Schulter. «Das ist typisch, so war sie schon immer: Verschwindet einfach, bis alle vor Sorge fast verrückt werden, und dann taucht sie plötzlich wieder auf und tut, als sei nichts gewesen. Komm, lasst uns reingehen. Wir haben dem Manager der Fairytales eine Kiste Sekt aus dem Kreuz geleiert. Wenn wir uns nicht beeilen, dann haben die Roadies alles weggesoffen.»
Julen beobachtete zufrieden, wie die beiden in das Gebäude zurückkehrten. Er würde Chris bei ihrer unangenehmen Aufgabe unterstützen und den Tourmanager später anrufen, um ihn über seine Pläne zu informieren. Auf dessen Reaktion freute er sich nicht.
Alva blinzelte in die Dunkelheit. «Was ist da los? Waren das gerade Chris und Tom?»
Von dem Gespräch hatte sie natürlich nichts mitbekommen und offenbar hatte sie auch noch nicht bemerkt, dass sie sich auf einem Hausdach befand. Julen nahm sie an die Hand und stand gemeinsam mit ihr auf. «Geht es dir besser?»
«Ich weiß nicht. Ja, ein bisschen.» Sie ließ seine Hand nicht los. «Ach Julen, ich bin total konfus. Was passiert mit mir, wenn ich singe?»
Er legte einen Finger auf ihre Lippen. «Ich möchte dir etwas zeigen. Vertraust du mir?» Ruhig ließ er ihre Musterung über sich ergehen, je länger sie jedoch dauerte, desto angespannter wurde er. Es war nicht einfach nur eine Frage. Kaum hatte er sie ausgesprochen, erkannte er, wie wichtig ihre Antwort für ihn war.
«Ja!»
Als sie sich plötzlich auf die Zehenspitzen stellte und ihm einen scheuen Kuss gab, hätte er vor Erleichterung beinahe geseufzt. Eine beunruhigende Vorstellung. Vengadore seufzten nicht.
Um sich abzulenken, schlang er seine Arme um ihre Taille und atmete ihren Feenduft tief ein. Ich werde dein Vertrauen niemals enttäuschen, so wahr mir die Götter helfen! , schwor er lautlos.
«Schließ die Augen.» Als sie zögerte, hauchte er ihr ein Bitte! ins Ohr, umfasste sie fester und erhob sich mit ihr in die Nacht.
«Endlich mal ein guter Traum. Hoffentlich endet er nicht gleich wieder!» Alva sprach zu niemand Bestimmtem, nachdem sie durch die Luft geschwebt und schließlich wieder festen Boden unter den Füßen gespürt hatte. Wenn alle seine Umarmungen diese Wirkung auf sie hatten, würde sie gern dafür die Augen schließen, anstatt die faszinierenden Blautöne in seiner Iris zu bewundern, an denen sie sich nicht sattsehen konnte.
Aus Julens sicherer Umarmung entlassen fühlte sie sich, als ob sie gerade etwas sehr Wertvolles verloren hätte.
«Komm, ich möchte dir etwas zeigen!» Seine Finger tasteten nach ihrer Hand und er hielt sie von da an ganz fest.
Bereitwillig ließ sich Alva von ihm
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