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Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Titel: Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Abend, etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang, betrat Elinn die Schleusenvorkammer in der oberen Station, in der ihr Raumanzug hing. Sie nahm ihn aus der Halterung, schlüpfte hinein und drückte, ehe sie den Helm aufsetzte, die Taste an der Sprechanlage der Kammer, die sie mit AI-20 verband.
    »Ich gehe nur ein bisschen raus«, sagte sie. »Aber du brauchst niemanden zu alarmieren.«
    »Das hängt davon ab, was du tust und wohin du gehst«, antwortete die synthetische Stimme der Künstlichen Intelligenz.
    »Ich gehe bloß auf den Berg«, sagte Elinn.
    »Meinst du damit die Erhebung am Ende des Hügelzuges, der die obere Station und die Plantagenkuppeln umschließt?«
    »Ja. Ich will bloß eine Weile dort sitzen und nachdenken.«
    »In Ordnung«, sagte AI-20.
    Elinn setzte den Helm auf, betrat die Schleuse, ging hinaus, wie sie es schon so oft gemacht hatte, und fragte sich, wie oft sie es noch tun würde. Sie betrachtete ihre Stiefel, die Spuren, die sie hinterließ. Die Stiefelabdrücke der ersten Astronauten, die auf dem Mond gelandet waren, konnte man dort immer noch sehen, obwohl fast hundertzwanzig Jahre vergangen waren seither. Hier auf dem Mars würde das nicht so sein. Die Staubstürme im Frühjahr und Herbst würden im Nu alles zugedeckt haben.
    Da war der Kobold , wie sie den seltsamen Felsbrocken genannt hatten, der am Rand des Vorplatzes stand und irgendwie aussah wie ein buckliger Wachposten. Als Kinder hatten sie dort immer gespielt, Sandburgen gebaut und ausprobiert, wer Steine am weitesten werfen konnte. Das war natürlich Ariana gewesen. Sie hatte dem Kobold auch einmal die Nase abgehauen, als sie sich mit Hammer und Meißel als Bildhauerin versucht hatte.
    Den höchsten Punkt der Hügelkette, die sich wie ein schützender Wall um die Station und ihre Umgebung schloss, nannte man »den Berg«. Elinn bestieg ihn mit leichten, federnden Sprüngen. Hier oben hatten sie auch viel gespielt, Expedition, Angriff der Marsianer, Landung auf Alpha Centauri, solche Sachen. Ronny hatte sich dabei einmal den Raumanzug aufgeschürft. Sie sah es noch vor sich, wie sie ihn zur Schleuse begleitet hatten, während er vor Schmerz und Schreck schrie und in seinem Helm das Alarmsignal dröhnte. »Bemerkenswert, dass Kinder es fertig bringen, sogar ein Material zu zerreißen, das laut Hersteller unzerreißbar ist«, hatte Mister Kuambeke gesagt und den Kopf geschüttelt. Ronny hatte an der betreffenden Stelle eine ordentliche Erfrierung davongetragen, die Haut war ganz schwarz geworden und hatte sich schließlich abgelöst, und darunter war neue Haut zum Vorschein gekommen, bleichrosa und empfindlich.
    Elinn setzte sich auf einen der abgeflachten Steine, die sie im Lauf der Zeit oben auf dem Berg zusammengetragen hatten, und sah hinunter auf den Ort, an dem sie zu Hause war. Die Station mit ihrem Wald von Antennen, ihren Glasflächen und Schutzgittern und staubigen Metallkuppeln. Die Flugboote in ihren Halterungen, die von den Triebwerksflammen schwarz gebrannt waren. Wenn man genau hinsah, konnte man das Fenster des Computerraums sehen, in dem sie ihre Unterrichtseinheiten absolvierten.
    Über all dem ging nun die Sonne unter, ein heller Fleck am staubgelben Himmel, der sich abends immer orangerot verfärbte und lange, feurige Schatten über die Landschaft warf. Die Druckkuppeln hinter der Station, im Windschatten der Hügelkette, glänzten in diesem Licht auf, als seien sie von innen beleuchtet. Die Apfelbäume waren schwarze, krakelige Umrisse, der Weizen sah aus wie hellbrauner Pelz, die Salatköpfe schienen sich zu ducken.
    Und wenn man den Blick hob, ging er weit, weit hinaus über einen endlos großen Mars, eine ganze Welt voller Geheimnisse, die sie nun zurücklassen sollten, einfach so. Elinn war so weh ums Herz wie damals, als man ihr gesagt hatte, dass Vater von der Expedition nicht heimkehren würde. Dabei war es erst später richtig schlimm geworden, als sie nach und nach begriffen hatte, was das hieß: ihn nie wieder zu sehen.
    Vielleicht würde ihr das diesmal auch so gehen. Vielleicht würde sie erst begreifen, was es hieß, den Mars verloren zu haben, wenn sie auf dem Weg zur Erde waren.
    Sie sah hoch, versuchte sich zu erinnern, wie es war, wenn sich ein Shuttle mit flammenden Triebwerken herabsenkte, und sich vorzustellen, wie es sein würde, damit hinauf in den Himmel zu steigen, wo das große Raumschiff den Planeten umkreiste. Carl würde es gefallen, das stand fest. Ariana würde froh sein, von hier

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