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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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in Wirklichkeit und einmal aus den Geschichten der Leute. Herrgott, das Baby hatte noch nicht mal einen Namen. Die Mutter hatte sich nicht zwischen Brad, Clint und Sean entscheiden können. Filmstarnamen. Genauso war Woodys Vater hin und her gerissen gewesen zwischen Woody, Dylan und Elvis. Gab es denn kein Gesetz, das Kinder vor blöden Namen beschützte? »Ist das die Abkürzung von Woodrow oder von Woodward?«, fragten die Leute ihn. Weder noch. Einfach Woody. So stand es auf seiner Geburtsurkunde. Wenigstens stand da nicht Elvis.
    Wichtig war das Baby. Die Schlangen waren nur Zierrat. Aber Woody fühlte sich versucht, jemanden, irgendjemanden, beim Arm zu packen und zu schreien: »Interessiert ihr euch denn einen Scheißdreck für das gottverdammte Baby?«
    So etwas Ähnliches hatte Susie auch gesagt, nur dass sie noch das Wort »haben« hinzugefügt hatte. »Willst du denn kein gottverdammtes Baby haben?« Aber er war berufstätig, und sie war berufstätig. Sie waren nie gleichzeitig zu Hause, da waren sein Jähzorn und die immer wieder hinausgeschobene Heirat, und dann war sie gegangen. Außerdem gab es noch andere Probleme, »Aspekte«, wie sie es nannte.
    Oben im ersten Stock war alles ruhig. Im Säuglingszimmer hatte man Scheinwerfer aufgestellt. Frank Montesano war mit seinem Pulverpinsel auf der Suche nach Fingerabdrücken und markierte die Stellen, an denen er welche gefunden hatte, mit kleinen roten Pfeilen. Sie waren überall, an Wänden, Bettchen, Schränken. Janie Forsyth war mit ihrer Kamera beschäftigt. Lou Rossetti kroch mit der Nase zwei Handbreit über den Fliesen wie ein Krebs seitwärts über den Boden, bewaffnet mit Pinzetten, Probenröhrchen, durchsichtigen Plastikbeuteln und dem ganzen Rest. Sie bewegten sich geschmeidig um Betten, Stühle, Tische, Waschbecken und Rollwagen herum wie Tänzer in Zeitlupe, und sie trugen Untersuchungshandschuhe aus blauem Latex und Plastiküberzieher über den Schuhen. Die »Asservate«, wie man es nannte, würden ins staatliche kriminaltechnische Labor am pharmakologischen Institut der University of Rhode Island gebracht werden.
    Woody blieb in der Tür stehen und ließ die Hände in den Hosentaschen. An den Wänden hingen Aquarelle mit Schweinchen und Entchen und Hündchen und Kätzchen – eine Menagerie von überwältigender Niedlichkeit, die für Eltern und Mitarbeiter gedacht war, denn die Säuglinge würden kaum etwas erkennen.
    Montesano und seine Crew sahen nicht zu ihm herüber. Woody wusste, sie konnten bis in den frühen Morgen hinein beschäftigt bleiben, ohne zu merken, wie die Zeit verging. Das war wie in der Schule: Manche Kinder konnten stundenlang zu Hause mit Schiffsmodellen und Autos herumbasteln, während andere lieber mit vibrierenden Muskeln durch die Welt rannten. Woody gehörte zur zweiten Gruppe.
    »Noch mehr Schlangen?«, fragte Montesano, der sich immer noch auf die Fingerabdrücke konzentrierte.
    »Scheiße«, sagte Rossetti. »Ich wette zehn Dollar, da war nicht mehr als eine.«
    Woody warf einen Blick auf die Säuglingsbetten und fragte sich, was er empfinden würde, wenn in einem davon sein Sohn oder seine Tochter gelegen hätte. »Und ich wette, da hast du recht.«
    »Ich habe ein bisschen interessanten Schlamm«, sagte Rossetti. »Die müssen den Boden hier mindestens sechsmal am Tag wischen, und deshalb handelt es sich um interessanten neuen Schlamm.«
    »Ich hab was übrig für guten Schlamm«, sagte Woody.
    »Was macht Susie?«, fragte Montesano. Er blickte immer noch nicht auf.
    »Oh, der geht’s prima, prima. Alles wie immer.« Wieso lüge ich? , fragte Woody sich beschämt. Aber es war zu spät, um noch hinzuzufügen: »Übrigens, sie hat mich verlassen.« Vielleicht konnte er Montesano ein bisschen erzählen, wenn sie unter sich wären.
    »Wäre schön, wenn Sie beide mal wieder zum Abendessen zu uns kämen.«
    »Na klar«, sagte Woody. »Das wäre toll.«
    »Ja«, sagte Montesano. »Ist schon zu lange her. Vielleicht lade ich auch Rossetti ein, wenn er schwört, mit Messer und Gabel zu essen. Ich hab ihn schon Suppe mit den Fingern essen sehen.«
    Die Männer lachten. Dann sah Woody, wie Janie Forsyth ihn fragend anschaute, und ihm fiel ein, dass sie mit Susies Schwester befreundet war. Das hieß, Janie wusste schon Bescheid.
    Jill Franklin parkte ihren Tercel eine Straße weit vom Krankenhaus entfernt. Es war nach sechs, und bald würde die Sonne über dem Meer aufgehen. Sie nahm Kameratasche und Notizbuch, stieg

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