Das Fest der Zwerge
weiße, strahlende Zähne, eine makellose Haut, dichte, lange Wimpern. Meine Oberschenkel waren straff und glatt. Wissenschaftler behaupten, dass einen die Liebe schön macht, weil vermehrt Hormone ausgeschüttet werden.
Doch mir kam das Ganze allmählich unheimlich vor …
Nach einer Woche bekam Bernd von seinem Lektor endlich eine Rückmeldung wegen des Romans. Er war begeistert, ja geradezu enthusiastisch und sprach »vom perfekten Buch«, wenn es Bernd gelänge, ein paar wenige Stellen noch zu optimieren. Bernd versicherte, dass er sich gleich an die Arbeit machen würde.
Am Abend war Bernd ziemlich wortkarg. Ich kannte das Phänomen nur zu gut; wenn ich mich in Gedanken mit meiner Geschichte beschäftigte, war ich ebenfalls eine sehr schlechte Gesprächspartnerin. Ich ließ Bernd also in Ruhe, doch er wurde immer unleidlicher, weil ihm offensichtlich nichts einfiel, wie er die Szenen wirklich verbessern könnte. Schließlich kam er zu mir und bat mich, mit ihm zusammen zu überlegen. Ein gemeinsames Brainstorming hatte uns schon oft auf gute Ideen gebracht und aus so mancher Sackgasse geholfen. Ich sagte ihm nicht, dass ich selbst seit Tagen nichts Sinnvolles zustande gebracht hatte. Er erzählte mir, worum es ging, und ich versuchte, einige Einfälle beizusteuern. Bis vor kurzem hatte mir so etwas kaum Mühe bereitet, doch diesmal zermarterte ich mir vergeblich mein Gehirn. Die Ideen, die ich hatte, waren so schwach, dass Bernd sie mit einer Handbewegung vom Tisch fegte.
»Es tut mir leid«, sagte ich schließlich. »Ich glaube, es liegt daran, dass ich zu wenig mit deiner Geschichte vertraut bin.«
Bernd sah ein, dass ich ihm keine große Hilfe sein würde. »Ich werde im neuen Jahr mit meinem Lektor darüber reden.« Ich fürchtete, dass er insgeheim von mir enttäuscht war. Und das konnte ich ihm nicht einmal übel nehmen.
Als wir uns in der Nacht liebten, merkte ich, dass es anders war als sonst. Bernd hatte sich innerlich von mir zurückgezogen.
Ich schlief schlecht, und in einem meiner wirren Träume begegnete mir die Frau aus der S-Bahn. Mit ihren grünen Augen schien sie direkt auf den Grund meiner Seele zu blicken, während sie hintergründig lächelte.
Bernd und ich verbrachten noch Silvester miteinander, danach reiste ich ab.
»Wir telefonieren«, sagte Bernd beim Abschied am Bahnhof. Es klang eigentümlich und ließ mich mit einem unguten Gefühl zurück.
Zuhause erwartete mich verspätete Weihnachtspost und die Ankündigung meines Verlags, dass eines meiner älteren Bücher aus dem Programm genommen war. Gleichzeitig schrieb mir meine Lektorin, wohl um mir diese schlechte Nachricht zu versüßen, dass sie sich freue, bald Näheres über mein neues Buchprojekt zu erfahren. Ob ich im Januar nicht in den Verlag kommen wolle?
Ich legte seufzend die Post beiseite und begann, meinen Koffer auszupacken. Dann schaltete ich den Computer an und rief meine Mails ab. Es dauerte ewig, denn Bernd hatte mir sehr viele Fotos von unseren gemeinsamen Tagen geschickt.
Damit du mich in Frankfurt nicht vergisst, hatte er dazugeschrieben.
Ich betrachtete die Bilder, und mein Magen zog sich vor Sehnsucht und Sorge zusammen. Jedes Foto war ein Zeugnis unseres Glücks. Dann klickte ich mich ein zweites Mal durch die Bilder, die in chronologischer Reihenfolge angeordnet waren. Ich sah von Foto zu Foto schöner und strahlender aus …
Nach dem dritten Durchlauf war ich überzeugt, dass ich mich nicht geirrt hatte. Die Bilder waren der Beweis und dokumentierten, dass sich mein Aussehen von Tag zu Tag zum Positiven veränderte. Konnte Schönheit eine rasch verlaufende Krankheit sein?
Ich begann, im Internet nach ähnlichen Fällen zu suchen, googelte und gab die unterschiedlichsten Stichworte ein. Nichts.
Schließlich tippte ich Schönheit durch Magie, daraufhin erhielt ich jede Menge Treffer. Die meisten verwiesen auf die Homepages von modernen Hexen und praktizierenden Magierinnen, deren Dienste man buchen konnte.
Das war doch absurd.
Ich stieß ein Lachen aus und fuhr den Computer herunter.
In den nächsten Tagen beantwortete ich Fanpost, brachte meinen Bürokram in Ordnung und organisierte meine nächsten Lesereisen. Wenn ich schon nicht schrieb, konnte ich wenigstens andere Dinge tun. Auch mit Bernd telefonierte ich einige Male, aber er wirkte stets unkonzentriert und zurückhaltend. Ich vermutete, dass er mit seinem Roman beschäftigt war, und beschloss, ihn nicht weiter zu stören, sondern zu
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