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Das Fest der Zwerge

Das Fest der Zwerge

Titel: Das Fest der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Polzin
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befürchtete, er würde sich von ein paar kleineren Schwierigkeiten nicht so leicht entmutigen lassen.
    »Wir sind natürlich überzeugt, Sie kommen allein damit zurecht«, sagte Brenda, »aber wenn Ihnen ein wenig zusätzliche Sicherheit nichts ausmacht, würden wir gern in der Nähe bleiben, bis die Gefahr vorüber ist.«
    Santa zuckte die Achseln. »Wie Sie wollen.«
     
    Wir richteten uns einen einfachen Tagesablauf ein. Brenda, rastlos, wie sie ist, patrouillierte normalerweise mit ihrem Biofeld-Scanner auf dem Gelände, und ich blieb bei Santa. Manchmal tauschten wir, aber meistens machten wir es so.
    Ich hielt nach Sprengfallen Ausschau, nur um sicherzugehen. Ich fand keine. Das war keine Überraschung. Unser Täter war nicht von der durchtriebenen Sorte. Er wollte es direkt und persönlich machen, wenn er seinen Job ausführte. Eine Bombe mochte eleganter sein, aber es lag keine Befriedigung darin. Wenn unsere Spähtrupps ihn nicht aufspürten, war die einzige Alternative, lange genug an Santas Seite zu bleiben und wachsam zu sein. Ich war Santas Schatten. Nur wenn Brenda dran war, verließ ich Santa lange genug, um ein paar frustrierende Stunden damit zu verbringen, den Androiden-Simulator zusammenzusetzen (leichte Montage, ja klar!) und zu versuchen, meine verspannten Eingeweide zu ignorieren, um etwas Schlaf zu bekommen.
    Mein Job hätte sich so viel leichter gestaltet, wenn Santa so freundlich gewesen wäre, es gemütlich anzugehen. Aber die Not dieser Welt war so groß, dass Santa nicht nur eine Auslieferung im Jahr machte. Er hatte sie auf einmal die Woche aufgestockt.
    Brenda und ich verbrachten drei Tage mit Santa und wechselten uns bei seiner Bewachung ab. Er arbeitete unermüdlich. Die Trolle waren ebenfalls unermüdlich, aber ruppig und schwer zu koordinieren.
    »Ich vermisse die Elfen«, gab Santa mir gegenüber zu. »Zu dumm, dass sie den nuklearen Winter nicht überlebt haben.«
    In diesem Moment erkannte ich es in seinem Gesicht. Die unerträgliche Bürde, der Santa einer sterbenden Welt zu sein. Es ist ein Kinderspiel, der Heilige Nikolaus zu sein, wenn dein Job daraus besteht, Listen zu machen, sie zweimal zu checken und selbstgebastelte Geschenke für all die braven kleinen Jungs und Mädchen abzuwerfen, vielleicht die gelegentliche Rute für die unartigen. Aber dieser Santa war für Medizin, Werkzeug und Essen zuständig und nicht bloß für leuchtende Kinderaugen. Die Menschen waren auf ihn angewiesen, und das war eine Verantwortung, die ich niemandem wünschte.
    Nach drei Tagen in diesem trostlosen Ödland mit kalten, grauen Tagen und noch kälteren Nächten, die von den seltsamen, verstrahlten Energien beleuchtet wurden, die diese Welt nicht ganz gekillt hatten (aber vermutlich noch würden), war ich so weit, meinen Kummer in Ziegenblut zu ertränken und mich in einer Ecke zusammenzurollen. Aber Santa machte nie Pause.
    Er hielt nur kurz inne, um täglich den Sonnenaufgang zu genießen. Es war nicht viel, nur eine allmähliche Helligkeit, die nie mehr warf als trübes Zwielicht. Aber er achtete darauf, ihn jeden Tag zu beobachten. Und er sagte jedes Mal dasselbe.
    »Noch sind wir nicht tot.«
    Dann glänzten seine Augen, und selbst in dieser Hölle wurde mir klar, dass er seine Welt noch nicht aufgegeben hatte. Er mochte der Einzige sein, aber in meinen weniger zynischen Momenten ertappte ich mich dabei, zu glauben, dass ein Mann möglicherweise genügte.
    Brenda und ich waren gereizt. Diese Welt war verdammt kalt, und keine von uns beiden war dafür gemacht. Meine Magenverstimmung wurde jeden Tag schlimmer, und ich fing an zu glauben, dass diese Realität meine Eingeweide auf eine Art durcheinanderbrachte, die sich letztlich als verhängnisvoll erweisen konnte. Aber ich würde nicht gehen. Nicht, bevor dieser Bastard geschnappt war.
    »Worauf wartet er?«, fragte Brenda.
    »Auf den richtigen Moment«, sagte ich. »Eine Gelegenheit, sich nett und persönlich, von Angesicht zu Angesicht, um Santa zu kümmern. So operiert unser Junge.«
    Sie zog ihren Mantel enger um sich. »Ich mache einen Perimeter-Check.«
    »Noch einen?«
    »Kann nicht schaden. Auf jeden Fall wird mir wärmer, wenn ich mich bewege.« Den Scanner in der Hand, flog sie aus dem Raum.
    Santa beugte sich über ein Carepaket. Gähnend rieb er sich die Augen.
    »Vielleicht sollten Sie sich etwas ausruhen«, empfahl ich.
    »Keine Zeit.«
    »Sie nützen niemandem, wenn Sie vor Erschöpfung tot umfallen.«
    Der Obertroll stimmte

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