Das Fest des Ziegenbocks
Medikamenten bekämpft werden und stelle keine Bedrohung für das Leben des Generalissimus dar. Die Entfernung der Prostata sei nicht notwendig. Trujillo gab noch am gleichen Morgen den Befehl, und der Militäradjutant Leutnant José Oliva sorgte dafür, daß der dreiste Lithgow Ceara mitsamt seinem Gift und seinem Unwissen am Santo-Domingo-Pier verschwand. A propos! Der Strohmann hatte noch nicht die Beförderung Pena Riveras zum Hauptmann unterschrieben. Er stieg von der göttlichen Existenz zur irdischen herab, die von ihm verlangte, einem der gewieftesten der von Abbes García rekrutierten Schurken die Dienste zu lohnen. »Beinähe hätte ich es vergessen«, sagte er mit einer Kopfbewegung, die Verdruß ausdrückte. »Sie haben den Beschluß
nicht unterzeichnet, mit dem Leutnant Peña Rivera wegen außergewöhnlicher Verdienste zum Hauptmann befördert wird. Ich habe Ihnen die Akte mit meiner Genehmigung vor einer Woche zustellen lassen.«
Das kleine runde Gesicht von Präsident Balaguer nahm einen mürrischen Ausdruck an, sein Mund zog sich zusammen; seine Hände verkrampften sich. Aber er beherrschte sich und fand zu seiner gewohnt gelassenen Haltung zurück.
»Ich habe ihn nicht unterzeichnet, weil ich es für angebracht hielt, über diese Beförderung mit Ihnen zu sprechen, Exzellenz…«
»Da gibt es nichts zu besprechen«, fiel ihm der Generalissimus scharf ins Wort. »Sie haben Anweisungen erhalten. Waren sie nicht klar?«
»Selbstverständlich, Exzellenz. Ich bitte Sie, mich anzuhören. Wenn meine Argumente Sie nicht überzeugen, werde ich die Beförderung von Leutnant Peña Rivera sofort unterzeichnen. Hier habe ich sie, unterschrifts fertig. Da die Sache heikel ist, schien es mir besser, sie Ihnen persönlich
vorzutragen.«
Er wußte ganz genau, welche Argumente Balaguer vor ihm ausbreiten würde, und fühlte Unmut aufsteigen. Hielt ihn dieses Nichts für zu alt oder müde, daß es wagte, sich einem Befehl von ihm zu widersetzen? Er verbarg seinen Ärger und hörte ihm zu, ohne ihn zu unterbrechen. Balaguer bot sein ganzes rhetorisches Arsenal auf, um die Kühnheit seiner Ausführungen durch geschmeidige Worte und höflichsten Tonfall zu mildern. Mit allem Respekt der Welt erlaube er sich, Seiner Exzellenz zu raten, die Entscheidung zu überdenken, jemanden wie Leutnant Victor Alicinio Peña Rivera zu befördern, noch dazu wegen außergewöhnlicher Verdienste. Sein Ruf sei – womöglich zu Unrecht – so schlecht, ihm würden so verwerfliche Taten zugeschrieben, daß die Feinde namentlich in den Vereinigten Staaten diese Beförderung als Belohnung für den Tod der Schwestern Minerva, Patria und Maria Teresa Mirabal betrachten könnten. Obwohl die Justiz festgestellt habe, daß die Schwestern und ihr Chauffeur bei einem Autounfall umgekommen seien, habe man die Sache im Ausland als politischen Mord hingestellt, ausgeführt von Leutnant Pena Rivera, dem Chef des SIM in Santiago zum Zeitpunkt der Tragödie. Der Präsident erlaube sich, an den von den Gegnern veranstalteten Skandal zu erinnern, als er auf Befehl von Seiner Exzellenz am 7. Februar dieses Jahres mittels Präsidialdekret die Übereignung des vier Hektar großen Grundstücks und des Hauses, die der Staat Patria Mirabal und ihrem Ehemann wegen subversiver Tätigkeiten enteignet hatte, an Leutnant Pena Rivera veranlaßt habe. Das Protestgeschrei sei noch nicht verstummt. Die Komitees in den Vereinigten Staaten machten noch immer großen Wirbel und prangerten die Schenkung des Grundbesitzes und des Hauses von Patria Mirabal an Leutnant Pena Rivera als Bezahlung für ein Verbrechen an. Doktor Joaquín Balaguer fordere Seine Exzellenz auf, den Feinden keinen neuen Vorwand dafür zu liefern, weiter behaupten zu können, er beschütze Mörder und Folterer. Obwohl Seine Exzellenz sich zweifel los daran erinnere, erlaube er sich, ihn außerdem darauf hinzuweisen, daß der bevorzugte Stellvertreter von Oberst Abbes García in den verleumderischen Kampagnen der Exilanten nicht nur mit dem Tod der Schwestern Mirabal in Verbindung gebracht werde, sondern auch mit dem Unfall von Marrero Aristy und mit dem angeblichen Verschwinden zahlreicher Personen. Unter diesen Umständen sei es unklug, den Leutnant in dieser öffentlichen Weise zu belohnen. Warum nicht diskret, mit einer finanziellen Entschädigung oder irgendeinem diplomatischen Posten in einem fernen Land?
Als er verstummte, rieb er sich erneut die Hände. Er blinzelte unruhig, denn er ahnte,
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