Das Fest des Ziegenbocks
Chefs des SIM, Johnny Abbes García und Oberst Figueroa Carrión, oder von Verwandten und Vertrauten Trujillos wie Pechito oder seinem Schwager Virgilio. Ein unsichtbarer Druck entfernte ihn von der Macht. Es überraschte ihn nicht, daß Negro Trujillo ihm keinerlei Erklärung dafür gab, warum er nicht zu der Zusammenkunft gekommen war, zu der er ihn einbestellt hatte.
Er verließ die Versammlung, stürzte in eine Telefonzelle und rief in der Festung an. Er befahl seinem Generalstabschef, Truppen auszusenden, um die Internationale Klinik abzuriegeln, den ehemaligen Offizier Pedro Livio Cedeno unter Bewachung zu stellen und zu verhindern, daß der SIM ihn dort herausholte, und zwar unter Anwendung von Gewalt, falls er es versuchen sollte. Der Gefangene mußte zur Festung 18 de Diciembre gebracht werden. Er persönlich werde ihn verhören. Nach einer ominösen Pause beschränkte Tuntin Sánchez sich darauf, sich zu verabschieden: »Guten Abend, Herr General.« Er sagte sich gequält, daß dies womöglich der schlimmste Irrtum des ganzen Abends war. In dem Raum, in dem sich die Familie Trujillo befand, waren jetzt noch mehr Leute. Alle hörten in kummervollem Schweigen Oberst Johnny Abbes García zu, der, im Stehen, betrübt sagte:
»Die Zahnbrücke, die man auf der Straße gefunden hat, gehört Seiner Exzellenz. Doktor Fernando Camino hat dies bestätigt. Es ist zu vermuten, daß sein Zustand ernst ist, sofern er nicht tot ist.«
»Was ist mit den Mördern?« unterbrach Roman ihn herausfordernd. »Hat das Subjekt geredet? Hat es seine Komplizen verraten?«
Das feiste Gesicht des Chefs des SIM wandte sich ihm zu. Seine Lurchaugen überzogen ihn mit einem Blick, der ihm in seiner extremen Empfindlichkeit spöttisch erschien. »Er hat drei verraten«, erklärte Johnny Abbes, während er ihn anschaute, ohne zu blinzeln. »Antonio Imbert, Luis Amiama und General Juan Tomás Díaz. Der ist der Anführer, behauptet er.« »Hat man sie festgenommen?«
»Meine Leute suchen sie in ganz Ciudad Trujillo«, versicherte Johnny Abbes García. »Noch etwas. Die Vereinigten Staaten könnten hinter der Sache stecken.« Er murmelte einige Glückwunschworte an die Adresse von Oberst Abbes und kehrte zur Telefonkabine zurück. Er rief erneut General Tuntin Sánchez an. Die Patrouillen sollten auf der Stelle Juan Tomás Díaz, Luis Amiama und Antonio Imbert festnehmen, ebenso wie ihre Familien, »gleich ob lebendig oder tot, vielleicht besser tot, denn der CIA könnte versuchen, sie außer Landes zu bringen«. Als er auflegte, hatte er eine Gewißheit: So wie die Dinge sich entwickelten, wäre nicht einmal an Exil zu denken. Er würde sich eine Kugel verpassen müssen. Im Salon redete noch immer Abbes García. Nicht mehr von den Mördern, sondern von der Situation, in der sich das Land befand.
»Es ist unbedingt erforderlich, daß jetzt ein Angehöriger der Familie Trujillo die Präsidentschaft der Republik übernimmt«, erklärte er. »Dr. Balaguer muß zurücktreten und sein Amt an General Héctor Bienvenido oder an General José Arismendi abgeben. So wird das Volk wissen, daß der Geist, die Denkweise und die Politik des Chefs keine Abstriche erleiden und weiterhin das Leben in der Dominikanischen Republik bestimmen werden.« Es folgte ein unbehagliches Schweigen. Die Anwesenden tauschten Blicke. Die vulgäre Eisenfresserstimme von Petán Trujillo bemächtigte sich des Raums: »Johnny hat recht. Balaguer muß zurücktreten. Negro oder ich werden die Präsidentschaft übernehmen. Das Volk wird wissen, daß Trujillo nicht tot ist.«
In diesem Augenblick entdeckte General Roman, während er den Blicken aller Anwesenden folgte, daß der Marionettenpräsident da war. Klein und diskret wie immer, hatte er, auf einem Stuhl in der Ecke sitzend, zugehört, als wollte er auf keinen Fall stören. Er war korrekt wie immer gekleidet und wirkte völlig gelassen, als handelte es sich um eine unbedeutende Formalität. Er deutete ein halbes Lächeln an und sprach mit einer Ruhe, die die Wogen glättete:
»Wie Sie wissen, bin ich der Präsident der Republik durch Entscheidung des Generalissimus, der sich immer an die verfassungsmäßigen Verfahren gehalten hat. Ich habe dieses Amt inne, um die Dinge zu erleichtern, nicht, um sie zu erschweren. Wenn mein Rücktritt die Lage entspannt, dann können Sie ihn haben. Aber erlauben Sie mir eine Anregung. Ist es vor einer so bedeutenden Entscheidung, die einem Bruch der Legalität gleichkommt, nicht
Weitere Kostenlose Bücher