Das Fest des Ziegenbocks
der Johnny Abbes García das Regime von seinen Feinden befreite. Weder die Gruppen der Exilanten noch die feindlichen Regierungen konnten irgendeine Verbindung zwischen diesen schrecklichen Unfällen und Verbrechen und dem Generalissimus nachweisen. Eine der perfektesten Aktionen galt Ramón Marrero Aristy, dem Autor von Over, dem in ganz Lateinamerika bekannten Roman über die Zuckerrohrarbeiter von La
Romana. Marrero, ehemaliger Direktor der fanatisch trujillotreuen Tageszeitung La Nacion, war 1956 Arbeitsminister und 1959 zum zweiten Mal, als er begann, dem Journalisten Tad Szulc Berichte zukommen zu lassen, damit er das Regime in seinen Artikeln in der New York Times beschmutzen konnte. Als er sich entdeckt sah, schickte er Briefe mit Richtigstellungen an die GringoZeitung. Und schleppte sich mit eingezogenem Schwanz in Trujillos Büro, um zu weinen, um Verzeihung zu bitten, zu schwören, er habe nie Verrat begangen und werde nie Verrat begehen. Der Wohltäter hörte ihm zu, ohne den Mund aufzumachen, und dann ohrfeigte er ihn kalt. Als Marrero schwitzend versuchte, ein Taschentuch hervorzuziehen, tötete ihn der Chef der Militäradjutanten, Oberst Guarionex Estrella Sadhalá, an Ort und Stelle mit einem Schuß. Nachdem Abbes García den Auftrag erhalten hatte, die Operation zu Ende zu bringen, stürzte weniger als eine Stunde später – vor Zeugen – ein in Richtung Constanza fahrendes Auto in eine Schlucht der Cordillera Central; Marrero Aristy und sein Chauffeur waren nach dem Aufprall bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Lag es nicht auf der Hand, daß Oberst Johnny Abbes García den Platz Navajitas an der Spitze des Geheimdienstes einnehmen mußte? Hätte er die Organisation bereits zum Zeitpunkt der von Espaillat in New York ins Werk gesetzten Entführung von Galíndez geleitet, dann wäre es wahrscheinlich nicht zu dem Skandal gekommen, der dem internationalen Image des Regimes so großen Schaden zugefügt hatte.
Trujillo wies mit verächtlicher Miene auf den vor ihm liegenden Bericht:
»Noch eine Verschwörung, um mich umzubringen, mit Juan Tomás Díaz an der Spitze? Ebenfalls von Konsul Henry Dearborn organisiert, dem Idioten vom CIA?« Oberst Abbes García löste sich aus seiner Reglosigkeit und rückte seine Hinterbacken auf dem Stuhl zurecht. »So scheint es, Exzellenz«, nickte er, ohne der Angelegenheit Bedeutung zu verleihen. »Zu komisch«, unterbrach Trujillo ihn. »Sie haben die Beziehungen zu uns abgebrochen, um die Resolution der OAS zu erfüllen. Und sie haben die Diplomaten abgezogen, aber Henry Dearborn und seine Agenten hiergelassen, damit sie weiter ihre Komplotte schmieden können. Ist es sicher, daß Juan Tomás konspiriert?« »Nein, Exzellenz, es gibt nur vage Hinweise. Aber seit Sie ihn abgesetzt haben, ist General Díaz ein Ausbund an Ressentiment, und deshalb überwache ich ihn aus der Nähe. Es gibt da diese Treffen, in seinem Haus in Gazcue. Von einem, der Ressentiments nährt, muß man immer das Schlimmste erwarten.«
»Nicht wegen dieser Absetzung«, erklärte Trujillo laut, als spräche er zu sich selbst. »Weil ich ihn einen Feigling genannt habe. Weil ich ihn daran erinnert habe, daß er die Uniform entehrt hat.«
»Ich war bei diesem Mittagessen dabei, Exzellenz. Ich habe gedacht, General Díaz würde aufstehen und gehen. Aber er blieb sitzen, bleich und schwitzend. Beim Hinausgehen stolperte er wie ein Betrunkener.« »Juan Tomás war mir immer zu stolz und brauchte eine Lektion«, sagte Trujillo. »Er hat sich in Constanza wie ein Schwächling verhalten. Ich dulde keine schwachen Generäle in den dominikanischen Streitkräften.« Der Vorfall hatte einige Monate nach den gescheiterten Landungsversuchen in Constanza, Maimón und Estero Hondo stattgefunden, als alle an der Expedition Beteiligten – neben Kubanern auch Dominikaner, Nordamerikaner und Venezolaner – tot oder gefangen waren, in den Januartagen des Jahres 1960, als das Regime ein weites Netz heimlicher Oppositioneller entdeckte, das sich in Würdigung dieser Invasion 14. Juni nannte. Mitglieder waren Studenten und junge Berufstätige der Mittel- und Oberklasse, von denen viele zu regimenahen Familien gehörten. Noch während die Säuberungsaktion gegen diese subversive Organisation lief, in der die drei Schwestern Mirabal und ihre Ehemänner so aktiv waren – allein die Erinnerung an sie ließ dem Generalissimus die Galle hochsteigen –, bestellte Trujillo etwa fünfzig militärische und zivile
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