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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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Sie trat ihm gegen die Schienbeine, aber es nützte nichts. Er packte sie mit einer Hand am Arm. Mit der anderen fasste er zwischen ihre Beine.
    »Das wagt Ihr nicht«, zischte sie.
    Sie kämpften und wankten vor und zurück. Doch er war zu stark für sie. Er verdrehte ihr den Arm und zwang sie zu Boden. Sie wusste, dass es keine Rettung für sie gab. Keine Rettung für sie und das Gutshaus. Ihr Versprechen war gebrochen, nichts mehr wert. Es sei keiner Frau gestattet ... im Tal zu herrschen  ... Es gab keine höfischen Hirten oder
verkleideten Prinzen. Piers mit den klammen Fingern war weggelaufen. Ihr neuer Bräutigam war der viehische Clough. Er schlug ihr auf den Kopf, sodass sie fast die Besinnung verlor. Sie fiel mit dem Gesicht zum Boden und spürte, wie die Steine ihre Knie schürften. Er kniete sich hinter sie. Seine Knie pressten ihre Beine auseinander. Sie hörte den dünnen Stoff reißen. Das also würde ihr Hochzeitsbett sein, dachte sie. Ein kalter Steinfußboden.
    Irgendwo weiter hinten war ein lautes Krachen zu hören. Die Tür. Schnelle Schritte, die auf den Steinbrocken knirschten, näherten sich. Als Clough sich bewegte, um sich umzusehen, versuchte sie sich mit ihrem zerrissenen Hemd zu bedecken. Dann spürte sie, dass Clough einen Schlag erhielt und dass sein Gewicht von ihr gehoben wurde. Im nächsten Augenblick erklang ein schauriges Geheul in der Kapelle. Lucretia rollte sich zur Seite. Clough taumelte zu Boden und hielt sich den Unterleib. John Saturnall stand vor ihr.
    »Steh auf!«, befahl John und hievte Clough auf die Beine.
    Er hatte die Kohle so lange begraben gehalten, tief in seinem Inneren verborgen. Doch als er Lucretias Stimme hörte, hatte er gespürt, wie sie wieder aufflammte. Und nun brannte sie so hell wie damals in Bucclas Wald. Er schubste Ephraim vor sich her, stieß und schob ihn zur Tür hinaus.
    Draußen fielen dicke Schneeflocken. Eine dünne weiße Schicht bedeckte bereits den Boden. Ephraim wand sich aus Johns Griff und versuchte ihn zu schlagen. John wehrte den Schlag ab, eine Mischung aus Leichtsinn und Zorn stieg in ihm auf.
    »Du und ich, Ephraim«, sagte er. Er holte aus und schlug Ephraim mitten ins Gesicht. Clough stürzte und hielt sich die Nase, aus der das Blut zwischen seinen Fingern hervorsickerte. John sah auf die groben Brauen und die dicken Wangen hinunter. Niemand konnte ihm Einhalt gebieten. Er hob die Faust.
    »Hört auf!«
    Lucretia stand hinter ihnen, notdürftig in ihr Gewand gehüllt. John starrte sie an wie von Sinnen.

    »Lasst ihn gehen!«, befahl sie.
    John sah auf Cloughs zerschundenes Gesicht hinunter. Der Anblick widerte ihn mit einem Mal an. Er trat zurück, und die schwarzgekleidete Gestalt rappelte sich auf, eine Hand am Unterleib, während ihr Blut aus der Nase rann. Philip und Gemma näherten sich zusammen mit Adam.
    »Ihr Toren«, fauchte Clough, während er zurückwich. »Wie könnt ihr es wagen!«
    Eine Gruppe von Quillers Servierdienern folgte Adam, und ihnen folgten Leute aus der Küche. Sie näherten sich schweigend und bildeten einen Kreis um Clough. Pandar trat vor. Er hielt eine Schaufel in der Hand.
    »Die man zum Teufel wünscht, die wird man nicht los.« Er sah Clough an. »Nicht wahr?«
    Clough verließ der letzte Rest Selbstvertrauen. »Ich hab niemandem etwas angetan«, winselte er. »Ich hab nie jemandem ein Haar gekrümmt, oder?«
    Pandar hob seine Schaufel. Doch als er vortrat, war wieder Lucretias Stimme zu vernehmen.
    »Lasst ihn gehen.«
     
    Sie hatte ihr Kleid übergeworfen, doch sie war barfuß. Es schneite inzwischen stärker. Immer mehr Mitglieder des Haushalts kamen herbei. Clough sah nach links und nach rechts und schlich rückwärts davon. Auf Lucretias Befehl machten sie ihm Platz und beobachteten ihn, bis er sich umdrehte und die Zufahrt hinaufrannte. Im Handumdrehen war Ephraim Clough zwischen den verkohlten Stümpfen des Torhauses verschwunden.
    »Dann können wir doch wieder Weihnachten feiern!«, rief Simeon und sammelte eine Handvoll Schnee auf.
    Die Mitglieder des Haushalts begannen einander lächelnd zu umarmen und auf die Schultern zu klopfen. John sah sich um, sein Blick suchte Lucretia.

    »Wirst du nun Sülze aus dem Schwein machen?«, sagte Meg herausfordernd zu Simeon.
    »Wenn du seine Ohren knabberst, jederzeit ...«
    John stahl sich von den lachenden Männern und Frauen fort. Er klopfte den Schnee von seiner Jacke und ging durch den Hof der Bediensteten in das dunkle Gutshaus. Hinter

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