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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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Zoyland zurückbeordert worden. In Soughton ist man mit seinen Eskapaden nicht einverstanden. Der Sekretär des neuen Gouverneurs ist ein alter Freund von dir.«
    »Wer ist es?«, fragte John.
    »Sir Philemon Armesley.«
    John schüttelte ungläubig den Kopf. »Da musst du dich täuschen. Josh. Sir Philemon hat bei Hofe dem König gedient.«
    Josh zuckte die Achseln. »Jetzt führt er die Feder für den alten Ned. Sitzt auch in ihrem Ausschuss. Aber deshalb bin ich nicht hier.«
Er deutete auf seine Packpferde, die mit Kisten und Säcken beladen waren. »Hab da drüben einen Brief. Hat mir ein Bursche gegeben, der bei Banbury dabei war. Er hatte ihn von einem Treiber aus Oxford. Von Sir William.«
    »Kommt er zurück?«, fragte John und versuchte sich Lucretias Reaktion vorzustellen. Doch Josh schüttelte den Kopf.
    »Sir William ist tot.«

    Meine Tochter, möge dieser Brief Dich bei besserer Gesundheit antreffen, als es die seines Verfassers ist, dem die Strapazen des Friedens ärger zusetzen als jedes Schlachtfeld. Die Herren über unser neues »Gemeinwesen« sind wunderwirkende Männer, die tiefer in unser Gewissen blicken können, als es uns selbst vergönnt ist. Denn in treuen Untertanen erkennen sie Verräter und in jenen, die für ihren König kämpften, Geächtete. Und wiewohl sie Diebe sind, schwingen sie sich zu Richtern auf, denn alles, was ihren Kanonen entkam, malträtieren sie nun mit der Feder.
    Die einen werden von diesen Kommissären um ihre Häuser gebracht und von ihren Ländereien verjagt. Andere überfallen sie mit unmenschlicher Rohheit, wie sie sie auch unserem König androhen. Solcherart ist unsere neue babylonische Gefangenschaft.
    Es schmerzt mich so heftig wie die Säge, die sich durch mein Knie fraß, dass Du diesen Kreaturen an meiner statt die Stirn bieten musst. Dass sie von jenen geheimen Besprechungen wissen, die wir in Buckland abhielten, ist gewiss, denn einer aus unserem Kreis dient nun in ihrem Ausschuss. Philemon Armesley versteht so viele Gesichter zu zeigen, als es Edelleute gibt, sie zu betrachten. Er erzählt mir, er suche unsere Sache vom Inneren ihres Zirkels zu befördern.
    All diesen Kummer vermache ich Dir und noch einen weiteren. Heutigen Tages hat mir der Wundarzt eröffnet, dass mein Blut
vergiftet ist. Die Apotheker schließen sich seiner Ansicht an. Doch ich wusste es schon seit Langem. Unser Vermächtnis war von alters her ein Gift, das in unseren Adern heimlich wirkt, vermischt mit dem hellen Blut unserer Lebenskraft.
    Die Stunde ist spät, und Du und Buckland seid fern. Doch ich bin unverzagt im Vertrauen auf das Versprechen, das Du mir gabst, und im Wissen um Deinen wahren Charakter. Denn Lady Anne hat ihr Leben nicht vergebens geopfert. In Deinen Händen wird das Tal bewahrt bleiben, das weiß ich. Dich sandte mir die Vorsehung, Lucretia, und ihr ebenso ...
    John wartete in der Sonnengalerie auf sie und legte sich seine Worte immer wieder im Kopf zurecht. Doch als sie in den frühen Morgenstunden kam, die Augen vom Kummer gerötet, fand er keine Worte. Sie klammerte sich wortlos an ihn, ihr Körper von lautlosem Schluchzen geschüttelt.
    Im großen Saal wurden die schwarzen Samtbehänge angebracht. Der Haushalt verrichtete seine Arbeit schweigend. Lucretia trug ein schwarzes Kleid und einen schwarzen Schleier. Sie saß mit John im Schlafgemach ihrer Mutter und betrachtete die Tür.
    »Er hat mich hier einmal beim Spielen ertappt«, sagte sie. Sie warf einen Blick auf die Wiege mit ihren Silberglöckchen und auf die staubigen Kämme und Flakons. »Gemma und ich spielten Königin und Hofdame.«
    »Du musst jetzt eine andere Rolle spielen«, sagte John. »Du musst die Herrin von Buckland sein.«
    Sir Philemon erschien zwischen seinen Reitern wie beim ersten Mal, seine Satteltaschen mit Vollmachten und Instruktionen prall gefüllt. Lucretia saß an dem großen Tisch aus Walnussholz und hörte sich seine Loyalitätsbekundungen an, während John, Ben Martin und Mister Fanshawe hinter ihr standen. Er würde ihren Fall vor dem Ausschuss vertreten, beteuerte er. Er würde das Gut vor den schlimmsten Verheerungen bewahren. Doch könne er leider nicht mit leeren Händen
zurückkehren. John sah, wie die Narbe Sir Philemons sich dehnte, als dieser ein verzeihungheischendes Lächeln aufsetzte, während er seine Papiere ausbreitete. Eine Entschädigung würde unumgänglich sein, wie er fürchte ...
    Nach Marpots Verbannung kamen allmählich wieder Träger und Fuhrleute.

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