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Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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Wie ein Kind, das sich an einem unheimlichen Ort verlaufen hatte, aber tapfer versuchte, sich nichts von seiner Angst anmerken zu lassen.
    »Ungefähr ein halbes Jahr, nachdem Julia tot war, hat mein Vater noch einmal ihre vollständige Krankenakte aus der Klinik in Geesthacht angefordert. Als Munition für seinen Kampf. Zu diesen Unterlagen gehörte ein Laborbericht. Blutbilder, um genau zu sein. Aus der Phase, als meine Familie nach einem passenden Knochenmarkspender für Julia suchte. Die waren der Auslöser für die Trennung.«
    »Ein paar Blutbilder?«
    »Meine Eltern haben beide die Blutgruppe B«, erklärte Thilo. »Das bedeutet, dass ihre Kinder entweder auch B haben oder 0. So wie ich. Julia hatte aber AB. Weißt du, was das heißt?«
    »Dein Vater war nicht der biologische Vater von Julia«, sagte Katja leise, weil ihr das Herz mit einem Mal bis zum Hals schlug. Sie konnte nur erahnen, was in den letzten Stunden in Thilo vorgegangen sein musste. »Ihr beide wart nur Halbgeschwister.«
    »Genau.«
    »Und das ist ihm zuvor nie aufgefallen?«, sagte Katja, auch wenn sie selbst nicht hätte beschwören können, dass ihr eigener Vater ihre Blutgruppe gekannt hatte. Sie konnte es nurhoffen, weil sie die Vorstellung, es könnte anders gewesen sein, unerträglich fand.
    »Mein Vater hat viel gearbeitet.« Es war eine bloße Feststellung, keine Verteidigung. »Er hat sich nie sehr um uns Kinder gekümmert. Ich kann mich nicht erinnern, dass er bei einer einzigen Schulaufführung von mir oder Julia gewesen wäre. Die Ausflüge, die er mit uns gemacht hat, kann ich an einer Hand abzählen. Und Besuche beim Kinderarzt oder etwas in der Art, wo ihm vielleicht etwas hätte auffallen können, hat auch immer meine Mutter erledigt. Das war sogar noch so, als Julia schon längst krank war.«
    »Deine Mutter hatte also eine Affäre mit einem anderen Mann«, stellte Katja fest.
    »O ja.« Er bleckte die Zähne. »Sie hat mir sogar gesagt, wer es war. Du kennst ihn. Jeder in Güstrin kennt ihn. Thies Lüdersen.«
    Katja sah einen Moment lang zu, wie der letzte Rest Milchschaum in ihrem Glas nach und nach in sich zusammenfiel, weil sie zu keiner Regung fähig war. Wie viele Frauen waren Lüdersen noch verfallen gewesen? Und wie viele von ihnen hatten geahnt, auf wen sie sich einließen? Darauf gab es keine Antwort. Doch immerhin wusste sie nun, warum Lüdersen zum Mörder geworden war. »Er hat das getan, was deine Mutter nicht tun konnte. Er hat an den Männern aus dem AKW den Tod seiner Tochter gerächt. Den Tod deiner Schwester.«
    »Thies?« Er sah sie an, als redete sie groben Unfug. »Wieso hat Thies Julia gerächt?«
    »Du hast es noch nicht gehört?«
    »Was?«
    Katja wurde flau im Magen. Jetzt musste sie doch noch über Thies Lüdersen und dessen unrühmlichen Tod sprechen. Und über die bestialischen Taten, die er begangen hatte. Sie hielt sich so knapp wie möglich, während Thilo ihr gebannt zuhörte. »Und ich dachte die ganze Zeit, die Mordehätten ein vollkommen anderes Motiv«, schloss sie ihre Ausführungen. »Na ja, auch Rache, aber eben Rache für etwas völlig anderes.«
    »Und zwar?«
    »Das ist jetzt nicht mehr wichtig«, wich sie aus. Was nützte es, darüber zu reden, welche Schuld ihr Onkel auf sich geladen hatte? Er hatte dafür aufs Schrecklichste gebüßt, was immer er dieser Frau in seiner Zeit auf See auch angetan hatte. »Ich frage mich nur, warum es ausgerechnet die Männer aus der Skatrunde meines Onkels waren.«
    »Weil er sich bei ihnen hundertprozentig sicher sein konnte, dass sie alle im AKW arbeiten«, sagte Thilo ruhig. »Und zwar nicht irgendwo dort. Sie arbeiteten in der Warte. Dort, wo im Notfall alle wichtigen Entscheidungen getroffen werden. Wo man registriert, wenn irgendwo Radioaktivität austritt und in die Umwelt gelangt. Falls Thies wirklich geglaubt hat, was meine Mutter immer noch glaubt, tragen genau diese Leute die größte Verantwortung für Julias Tod.«
    Das ließ sich nicht leugnen. Katja atmete tief durch. »Soll ich dir was sagen?«
    »Ja.«
    Sie legte ihre Hand auf seine, drückte sie und genoss das Gefühl von fremder Haut an ihrer. »Ich bin nur froh, dass das alles vorbei ist.«

95
    Mattigkeit umfing Bernd wie ein nasses, schweres Tuch, doch er leistete ihr erbitterten Widerstand. Er würde sich nicht aufs Bett legen und tatenlos darauf warten, bis er irgendwann vor purer Erschöpfung einschlief. Stillstand war der Tod. So lautete eine seiner Maximen. Wer stillstand

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