Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
undinnerlich verharrte, beschäftigte sich nur noch mit dem, was ihn nicht losließ. Das war selten gesund. Solche Nabelschauen führten zu nichts. Er wusste doch schon genau, was ihn quälte und wie es dazu gekommen war. Er brauchte nicht lange nach irgendeiner Erklärung zu suchen, wie er nur auf Veronikas Maskerade hatte hereinfallen können. Sie hatte die treusorgende Ehefrau gespielt, die sich voll und ganz für ihren kranken Mann aufopferte. Und wie sah die Wahrheit aus? Sie hatte sich von diesem kranken Scheißkerl vögeln lassen. Dass er selbst sich mit ihr auf ein kleines Techtelmechtel eingelassen hätte, wenn sie auch nur ein bisschen empfänglicher für seine Annäherungsversuche gewesen wäre, spielte für ihn keine Rolle. Er fühlte sich verraten und verkauft. Das mochte ungerecht oder unlogisch sein, aber Gefühle nahmen weder auf Gerechtigkeit noch auf Logik Rücksicht. Und weil er nicht die Absicht hatte, sich in seinem Selbstmitleid zu suhlen, wälzte er nun diese langweiligen Bücher über all den Unsinn, den sich die Menschen über Götter und höhere Mächte ausgedacht hatten. Alles nur, um nicht einer simplen Tatsache ins Auge zu sehen: Man hatte nur dieses eine Leben, und sobald es vorbei war, wartete auf einen nur das große Nichts. So war das und nicht anders.
Er klappte das Buch vor ihm zu und griff zum nächsten. Er schloss die Augen. Verdammt. Er war müde. So unendlich müde, und draußen dämmerte es noch nicht einmal. »Scheiße«, murmelte er und machte sich auf einen schweren Weg.
Er verließ sein Zimmer, ging in die Rezeption und trat ohne zu klopfen durch die Tür mit dem Schild »Privat« . Er fand Veronika in der Küche. Sie spülte Geschirr, als wäre nichts gewesen, während Klaus am Tisch saß und in einem Fotoalbum blätterte. Vor und zurück, vor und zurück. Wie ein defekter Roboter. Seine Lippen formten stumm ein ums andere Mal dieselben Worte. Bernd konnte sie mühelos ablesen. Der Teufel. Der Teufel. Es war ihm egal. Ihn konnte Klaus nicht meinen. Er hatte sich extra rasiert. Um ihmzu gefallen. Nein, es gab keinen Grund mehr, sich selbst zu belügen. Es war nicht Klaus gewesen, dem er hatte gefallen wollen.
Veronika sah ihn in der Tür stehen und schaute vom Spülbecken auf. »Alles okay?«
Ihre Frage weckte einen brodelnden Groll in ihm. Nein, nichts war okay. Gar nichts. Überhaupt nichts. Er hätte sie am liebsten an den Schultern gepackt, durchgeschüttelt und sie angeschrien, wie sie nur mit diesem verfluchten Typen hatte ins Bett steigen können. Diesem kaltblütigen Mörder. Trotzdem nickte er. »Alles okay.«
»Wie geht es Katja? Ist sie noch unterwegs?«
Bernd schwieg einen Augenblick. Wie schaffte sie es nur, selbst jetzt noch die Fassade aufrechtzuerhalten? Mit ihm ein normales Gespräch zu führen? Wenn er allerdings ehrlich war, dann sehnte sich zumindest ein Teil von ihm danach, sich ein Geschirrtuch zu nehmen und ihr beim Abtrocknen zu helfen. Leider war er kein Meister der Verdrängung. »Sie ist noch unterwegs, ja. Und wie ich sie kenne, zerbricht sie sich den Kopf. Über ein paar Dinge, die sie in dieser ganzen Sache nicht versteht.« Er umschiffte Lüdersens Namen wie eine gefährliche Klippe. »Sie wird sich fragen, nach welchen Kriterien er seine Opfer ausgesucht hat. Warum ihr Onkel dazugehörte, und die Männer aus seiner Skatrunde. Sie war davon überzeugt, es müsste irgendeine Verbindung zu einem Verbrechen geben, das diese Männer gemeinsam an Bord der ›Straßmann‹ begangen haben. Ein Verbrechen an einer Frau. Wir haben im Haus ihres Onkels ein Foto gefunden, auf dem diese Frau anscheinend zu sehen ist. Nur ihr Gesicht kann man nicht erkennen. Und Katja wird weiter nachbohren, was es mit dieser Frau auf dem Foto auf sich hat.«
»Darüber weiß ich nichts.« Sie zog den Stöpsel des Spülbeckens und wusch sich die Hände. »Du hast es doch gehört. Das zwischen Thies und mir – «
»Das habe ich schon verstanden«, blaffte er. »Das war reinkörperlich. Nur so eine Bettgeschichte.« Er bereute seinen Ausbruch sofort. Offenes Nachtreten wie ein eingeschnappter Teenager war eigentlich nicht sein Stil. »Entschuldigung. Ich bin nur müde und überreizt. Könntest du mir einen Kaffee machen?«
»Natürlich.«
»Ich bin dann auf meinem Zimmer.«
Dort angekommen, nahm Bernd seine Canon und ging die Bilder durch, die er in den letzten Tagen geschossen hatte, um die neue Kamera auf Herz und Nieren zu prüfen. Er suchte ein spezielles
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