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Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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verschlossenem Gesichtsausdruck in seinen Büchernüber Religion, Mythologie und Glaubenssymbole blätterte, seit er von Veronikas Affäre mit Thies Lüdersen erfahren hatte. »Recherche« hatte er das genannt, auch wenn es im Grunde nichts mehr zu recherchieren gab. Trotzdem hatte er sich dreimal in allen Details von ihr erzählen lassen, wie sie Lüdersen am Baum hängend vorgefunden hatte. Über seine Motive konnte sie nur mutmaßen. Fand er eine morbide Genugtuung darin, in allen Einzelheiten zu erfahren, wie Lüdersen gestorben war? Mochte sein. Falls dem so war, teilte Katja dieses Gefühl nicht. Sie hatte darauf gehofft, so etwas wie Erleichterung zu spüren, sobald Frieders Mörder gefunden war. Eine sachte Linderung ihrer Trauer. Stattdessen war da nur eine dumpfe Erschöpfung, gepaart mit der bitteren Enttäuschung über die dunklen Seiten im Leben ihres Onkels, von denen sie nie etwas geahnt hatte. Insofern hätte Thilos Angebot zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können.
    Ehe sie aufbrach, legte sie Bernd die Visitenkarte auf den Tisch, die ihr Möhrs vor einer halben Ewigkeit überreicht hatte. »Nur für den Fall, dass du noch was findest, was die Bullen wissen sollten.« Daran glaubte sie zwar nicht, aber es verschaffte ihr eine günstige Gelegenheit, ihm kurz die Hand auf die Schulter zu legen. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass sämtliche anderen Bekundungen von Mitgefühl ihn nur zu einem verärgerten Knurren verleitet hätten. Wenn es jemanden gab, der noch schlechter mit persönlichen Niederlagen und Kränkungen umgehen konnte als sie selbst, dann war es ihr Patenonkel.
    Auf dem Weg zum »Postillion« in Thilos klapprigem Toyota verlor sie absichtlich kein Wort darüber, wie sie den Tag bisher verbracht hatte. Sie lauschte seiner kurzen Erzählung, wie sein Versuch, sie über ihr Handy zu erreichen, gescheitert und er danach auf gut Glück zum »Hirschhof« gefahren war. Sie berichtete ihm vom Schicksal ihres Smartphones, ohne auf die näheren Umstände des Missgeschickseinzugehen. Er hätte sonst bestimmt nur wissen wollen, ob sie der nächtliche Abstecher in Frieders Haus in ihren Ermittlungen vorangebracht hatte. Die Sprache wäre entweder unweigerlich auf Thies Lüdersen und sein Ende gekommen, oder sie hätte Thilo etwas vormachen müssen. Stattdessen fragte sie ihn, was ihm denn Dringendes auf dem Herzen lag, aber er vertröstete sie auf später.
    Dieses angekündigte Später kam erst, nachdem sie ihre Getränke auf dem Tisch stehen hatten – einen schwarzen Tee für ihn und einen Latte macchiato für sie. »Es geht um meine Mutter«, sagte er.
    Katja ließ ihren Löffel mit Milchschaum sinken. »Alles in Ordnung mit ihr?«
    Er zog eine Grimasse, als hätte ihm jemand ein Messer zwischen die Rippen gestoßen. »Alles in Ordnung? Das geht bei ihr wahrscheinlich nicht. Aber keine Sorge, sie hat nicht noch mal so eine Dummheit gemacht. Im Gegenteil. Heute Morgen hat sie mir etwas anvertraut, worüber sie sonst immer geschwiegen hat.« Er setzte ein scheues Lächeln auf. »Eins vorweg. Wenn ich dir auf den Geist gehe, gib mir bitte Bescheid. Ich will dich nicht mit meinen Problemen nerven. Es ist nur so, dass alle meine anderen Freunde in Marburg sind, und Telefonieren ist nicht dasselbe.«
    »Mach dir keine Gedanken. Ich höre dir gerne zu.« Katja meinte es ernst. Indirekt hatte er sie gerade zu seiner Freundin ernannt. Zu einer Freundin, um genau zu sein, aber es schmeichelte ihr auch so. Für die kurze Zeit, die sie sich kannten, war er ihr sehr ans Herz gewachsen. Und offenbar beruhte dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit, wenn sie sich nicht täuschte. »Also, was hat deine Mutter zu dir gesagt?«
    Er quetschte den Saft eines Zitronenschnitzes in seinen Tee. »Sie hat mir erklärt, warum mein Vater sie damals verlassen hat.«
    »Oh. Nach all der Zeit rückt sie auf einmal mit der Wahrheit heraus?«
    »Ja, und sie ist nicht gerade schön. Sie hat mit Julia zu tun.«
    »Deiner Schwester?«
    Er nickte. Seine Hand zitterte, als er seinen Tee umrührte. »Ich hatte dir doch erzählt, dass mein Vater meine Mutter bei ihren Aktivitäten gegen das AKW unterstützt hat, oder? Und dass das von einem auf den anderen Tag aufgehört und er sich von ihr getrennt hat?«
    »Ja.« Es tat Katja weh, ihn so zu erleben. Er wirkte nicht länger wie jemand, der in sich ruhte und die gesamte Welt mit einer fatalistischen, aber dennoch heiteren Distanz betrachtete. Er sah noch jünger aus, als er war.

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