Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
solltet ihr erst mal das Umfeld des Opfers gründlichunter die Lupe nehmen. Ganz wie aus dem Lehrbuch, hm?«
Holt stapfte grußlos zu einem Streifenbullen davon, um dem jungen Mann eine Zigarette abzuschnorren, und Möhrs blieb allein im Matsch des Vorgartens zurück.
Holts letzte Empfehlung war gar nicht mal so dumm gewesen. Möhrs kramte sein Smartphone unter dem Overall hervor und googelte einen Namen, der ihm seit einer Viertelstunde nicht mehr aus dem Kopf ging. Als die Suchmaschine ihre Ergebnisse ausspuckte, hätte er sein Handy am liebsten gegen die Hauswand gepfeffert. Er zügelte sich im letzten Moment und beschloss, besser den verfluchten Schupo rundzumachen, der seinen Audi zugeparkt hatte.
4
»Onkel Frieder wurde ermordet.« Katja spielte geistesabwesend mit der Visitenkarte, die ihr dieser unförmige Kommissar zum Abschied in die Hand gedrückt hatte. »Kein Zweifel.«
Aus Bernds Nasenlöchern quoll ein Schwall Zigarillorauch, der träge durch das geöffnete Fenster abzog. »Ich weiß.«
»Was? Woher?«
Sie standen nur eine Straße weiter, im Wendehammer einer Sackgasse. Bernd hatte nicht mit ihr abgesprochen, hier zu halten. Er war einfach abgebogen. Dann hatte sie den Kopf gegen seine Schulter gelehnt und darauf gewartet, dass ihr vielleicht doch die Tränen kamen. Als sie ausgeblieben waren, hatte sie sich aufgerichtet und eine Weile ins Leere gestarrt, während sie darüber nachdachte, ob sie Bernd erzählen sollte, was sie über Frieders Tod herausgefunden hatte.Und jetzt eröffnete er ihr mit einem Mal, dass er es anscheinend schon längst wusste.
»Vom Fahrer des Leichenwagens.« Bernd lächelte verhalten. »Ich habe ihm gesagt, ich wäre dein Onkel und der Mann bei ihm hinten drin dein Vater. Der Fünfziger, den ich ihm zugesteckt habe, hat sicher auch nicht geschadet.«
Katja konnte sich trotz der Trauer, die ihr schier die Kehle zugeschnürt hatte, seit sie von Möhrs ziemlich unzeremoniell abgewimmelt worden war, nicht gegen ein Lächeln wehren. »Snob!«
»Wenn’s doch aber hilft …« Er hielt sein Zigarillo für den nächsten Zug in einem extrasteilen Winkel, wie ein paffender Kapitalist auf alten Wahlkampfplakaten.
»Was hat der Bestatter noch erzählt?«, fragte Katja.
»Nicht viel.« Er räusperte sich. »Aber bevor wir darüber reden, will ich wissen, wie es weitergeht.«
Sie ahnte, worauf er anspielte. »Mit der Reportage?«
»Genau. Ich habe vollstes Verständnis, wenn wir die Sache abbrechen. Und komm mir jetzt bitte nicht mit Journalistenehre oder so.«
Sie strich mit der Daumenkuppe über das glatte Papier der Visitenkarte zwischen ihren Fingern. »Ich glaube, ich würde gerne weitermachen. Nicht für mich. Ich … ich …« Ihre Worte gerieten ins Stocken. »Ich will das für ihn. Für Frieder.«
»Weil er dich auf die Idee dazu gebracht hat?«
»Deswegen auch.« Sie klappte die Sonnenblende herunter und musterte sich im Schminkspiegel. Sie sah beschissen aus. Bleich wie Kreide. Ihr Kreislauf war am Boden. Das Snickers, das Bernd ihr vorhin auf der Autobahn verweigert hatte, wäre ihr Mittagessen gewesen. Aber jetzt würde sie auf absehbare Zeit keinen einzigen Bissen herunterkriegen. »Hast du gesehen, was ihm da jemand an die Mauer geschrieben hat?«
»O ja. Nicht sehr freundlich. Aber ideales Bildmaterial fürdeinen Text.« Er nickte kurz und fügte dann schnell hinzu: »Ich meine natürlich, wenn es nicht ausgerechnet vor seinem Haus stehen würde.«
»Eben. Es steht aber vor seinem Haus.« Sie ächzte auf. »Ach verdammt, ich hätte den Bullen fragen sollen, wie alt das Geschmiere ist.« Die Visitenkarte erschien ihr plötzlich nicht ganz so unnütz wie noch ein paar Sekunden zuvor. »Kann es nicht sein, dass Frieder mir nur die Idee zu dieser Nummer geliefert hat, weil er Angst um sein Leben hatte? Weil er bedroht wurde?«
»Das kannst du besser beurteilen als ich«, sagte Bernd. »Du hast mit ihm telefoniert.«
»Er klang ganz normal. Wie immer.« Sie durchforstete ihre Erinnerungen an das Telefonat mit ihrem Onkel nach irgendwelchen Auffälligkeiten. Es war ein überraschender Anruf gewesen. Sie hatte ihn das letzte Mal auf der Feier zum Fünfzigsten ihrer Mutter gesehen, aber er war nicht sehr lange geblieben, und sie hatten kaum mehr als die üblichen Nettigkeiten ausgetauscht. Sie hatte sich ehrlich gefreut, dass er sich so unerwartet bei ihr meldete. Geschlagene zwei Stunden hatten sie geredet, und sie hatte dafür sogar Enzo versetzt, der
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