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Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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dennoch alles mit sich riss.
    Es war eine verstörende, unwirkliche Empfindung, die in nichts mit dem trotzigen Zorn zu vergleichen war, den sie empfunden hatte, als ihr Bernd vor so vielen Jahren erklärt hatte, wieso ihr Vater sein Versprechen brechen und sie ihren nächsten Geburtstag nicht im Tierpark Hagenbeck feiernwürde. Damals hatte sie geweint und geschrien und sich in einer Burg aus Kissen und Decken auf ihrem Bett verkrochen. Oft genug hatte sie früher dadurch am Ende ihren Willen bekommen, wenn ihren Eltern die Geduld ausging. Die Lektion aber, die sie an jenem Herbsttag gelernt hatte, war eine grausame gewesen: Dem Tod ging niemals die Geduld aus. Seine Geduld war grenzenlos, taub für alles Schreien und Weinen. Katja hatte diese Erkenntnis verinnerlicht und verzichtete seitdem darauf, ihre Ziele durch Jammern und Klagen erreichen zu wollen.
    Möhrs und sie schauten einander stumm an, bis der Moment sich so weit gedehnt hatte, dass es dem Kommissar unangenehm wurde. Er deutete über Katjas Kopf hinweg irgendwo hinter sie auf die Straße. »Wollen Sie nicht Ihren Vater dazuholen?«
    Sie wandte sich um. Bernd stand an der Fahrerseite des Leichenwagens und schüttelte dem Bestatter drinnen durch das geöffnete Fenster kurz die Hand. Dann ging er zügig zu seinem Jaguar, der nach wie vor den Abtransport von Frieders Leiche behinderte. »Das ist nicht mein Vater.«
    »Oh«, machte Möhrs und hob entschuldigend die Hände. Sein Gesicht sprach Bände. »Entschuldigung.«
    Sollte er denken, was er wollte. Was zählte das schon? Katja fand nur einen Weg, vor der unerbittlichen Kälte, die sich in ihr ausbreitete, zu flüchten. Sie zwang sich, in ihren »Interviewmodus« umzuschalten, wie sie selbst es gerne nannte. So hielt sie es immer, wenn sie befürchtete, die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren, und wenn ihr eigentlich nach Schreien und Weinen zumute war. Sogar und insbesondere privat. Leute, denen diese Angewohnheit ein wenig unheimlich war – ihre aktuelle On-Off-Beziehung Enzo war so ein Fall –, fanden für dieses Verhalten oft weniger schmeichelhafte Bezeichnungen: Stasi-Verhör oder Inquisition zum Beispiel.
    »Was ist hier vorgefallen, Herr Möhrs?«
    »Es hat einen Brand gegeben.«
    »Das sehe ich selbst. Und die Brandursache?«
    Möhrs machte eine verdutzte Miene. »Die Ermittlungen haben gerade erst angefangen.«
    Sie merkte, dass sie dabei war, den Bogen zu überspannen und diesen Bullen ernsthaft vor den Kopf zu stoßen, aber ihr Mund war schneller als ihr Gehirn. »Dann haben Sie also noch keine konkreten Ergebnisse?«
    »Frau Jakobs …« Möhrs fuhr sich über sein kurzgeschorenes, straßenköterblondes Haar. »Was machen Sie hier eigentlich?«
    »Meinen Onkel besuchen«, antwortete sie knapp.
    »Spontan oder geplant?«
    Ihr entging nicht, dass er versuchte, den Spieß umzudrehen, und sie hielt stur dagegen. »Wieso ist das wichtig?«
    Er seufzte und sah zur Seite.
    Sie hatte genug Erfahrung mit Interviewpartnern, die ihr etwas verheimlichen wollten, um zu erkennen, dass es eine unwillkürliche Bewegung von ihm war. Trotzdem – oder vielmehr gerade deshalb – folgte sie seinem Blick.
    Dann sah sie die Schmiererei auf dem Vorgartenmäuerchen, genau dort, wo eben noch der Leichenwagen geparkt hatte. Rote, wie geschmolzenes Wachs zerlaufene Buchstaben verschandelten den hellen Sandstein. »Restrisiko Tod«, entzifferte sie stumm.
    »Das ist kein Unglücksfall«, stellte Katja tonlos fest.

3
    Lukas Möhrs war völlig im Stress. Zum Glück war er die Nichte des Toten losgeworden. Was für eine merkwürdige Person!
    »Sag mal, rede ich gerade mit der Wand, oder wie?«, beschwerte sich Frank Holt. Der dürre Brandursachenermittler hatte die Hände in die Hüften gestemmt und schenkte Möhrs einen vorwurfsvollen Blick. »Du brauchst es nur zu sagen, wenn ich dich langweile.«
    Sie standen im Obergeschoss des Hauses, im Schlafzimmer, in dem der Tote gefunden worden war. Inmitten der verkohlten Reste eines Bettgestells samt Lattenrost lagen die zu bizarren Formen verdrehten Sprungfedern einer Matratze. Wo die Raufasertapete an den Wänden nicht verbrannt oder von Ruß überzogen war, warf sie dicke Blasen. Ob vom Löschwasser oder von der Hitze des Feuers, vermochte Holt eindeutig besser zu beurteilen.
    Möhrs grinste verschämt. Merkwürdige Person hin oder her, es wäre unklug gewesen, Holts Groll auf sich zu ziehen. Zur Versöhnung verwendete Möhrs den Spitznamen, den die meisten

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