Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
wäre es die reinste Folter. Was ist daran so schlimm?«
»An den Kollegen wahrscheinlich nichts«, sagte er. »Aber an der Nichte.«
»Warum?«
»Sie ist Journalistin. Und das Letzte, was ich gebrauchen kann, ist eine übermütige Pressetante, die auf eigene Faust ermitteln will, um den Mörder ihres Onkels vor uns zu finden.«
Sie pflückte ihm das zerknüllte Kaugummipapier aus den Fingern und warf es in einen Mülleimer unter ihrem Schreibtisch. »Findest du nicht, du übertreibst?«
»Du bist ihr noch nicht begegnet …« Sein Handy klingelte. Er befürchtete schon, es würde wieder einmal das alte »Wenn man vom Teufel spricht« gelten und Katja Jakobs würde sich bei ihm melden. Statt einer unbekannten Nummer zeigte das Display jedoch »Otto Barswick« an. »Ja, Chef?«
»Steckst du noch in Lübeck, Lukas?«, grollte Barswick, der die hohe Kunst perfektioniert hatte, ständig so zu klingen, als hätte ein Bautrupp fleißiger Läuse eine vierspurige Autobahn quer über seine Leber angelegt.
»Ja. Was gibt’s?«
»Mit etwas Glück sind wir diesen Schlamassel, den du uns da eingebrockt hast, demnächst auch schon wieder los.«
Möhrs beschloss, dass er momentan nicht die Nerven hatte, den Leiter seiner Fachdienststelle darauf aufmerksam zu machen, dass er niemandem etwas eingebrockt hatte. Diese zweifelhafte Ehre gebührte allein demjenigen, der Frieder Jakobs auf dem Gewissen hatte. »Es würde mir ungemein weiterhelfen, wenn du nicht in Rätseln sprechen würdest.«
»Du hast keinen Sinn für Dramatik, mein Junge.« Barswick hustete donnernd. »Ich hoffe, du sitzt gut.«
»Ich stehe. Wieso?«
»Dein Mordopfer hat vor ein paar Wochen Strafanzeigewegen Körperverletzung gegen jemanden gestellt, und das Verfahren läuft noch.«
»Gegen wen?«
Als Barswick mit dem Namen der Person herausrückte, gelangte Möhrs zu einer simplen Erkenntnis: Es gab viele Wörter, die mit R anfingen. Eines davon war Restrisiko.
11
»Hört sich an, als hätte sie eine Menge durchgemacht«, sagte Katja, nachdem Bernd seine Ausführungen über sein Gespräch mit Veronika Möllner vom letzten Abend beendet hatte. Sie biss in ihr Brötchen, seufzte genießerisch wegen des würzigen Geschmacks von Hackfleisch und Zwiebeln und fügte mit vollem Mund hinzu: »Aber auf jeden Fall versteht sie was von Frikadellen.«
Bernd, der wie immer süß und nicht herzhaft frühstückte, schmierte Erdbeermarmelade auf die Spitze eines Croissants. »Ich habe für mich mal wieder eine ganz andere Lehre gezogen.«
»Und zwar?«
»Dass ich froh bin, dass ich eine Patientenverfügung verfasst habe. Falls ich mal im Koma lande.«
Katja wusste genau, wen er dafür eingesetzt hatte, die schwierige Entscheidung zu treffen, die lebenserhaltenden Maßnahmen entweder fortzusetzen oder einzustellen. Und sie traute ihm durchaus zu, dass er sie zur Entscheiderin über sein Schicksal eingesetzt hatte, damit niemand anderes etwas zu vorschnell seinem Dasein ein Ende bereitete. So oder so waren das trostlose Gedanken. »Können wir bitte über was anderes reden?«
»Klar. Entschuldige.« Er leckte sein Messer ab – eine Angewohnheit,die er nach seinem Lottogewinn ungeachtet aller pseudo-neureichen Allüren nie abgelegt hatte. »Wie hat deine Mutter es aufgenommen? Du hast doch mit ihr telefoniert, oder?«
»Ja.« Sie zuckte die Achseln. »Eigentlich ganz gut. Du weißt, wie sie ist.«
Er verzog das Gesicht, als wäre es Orangen- und nicht Erdbeermarmelade auf seinem Croissant. »O ja, absolut.«
»Sie hat ein bisschen geweint.«
»Echt?«
»Ja.«
»Damit hätte ich nicht gerechnet.«
Katjas Smartphone, das sie neben dem Brotkörbchen zwischengelagert hatte, brummte und kroch ein paar Millimeter über die Tischdecke auf ihre Kaffeetasse zu.
»Katja Jakobs«, meldete sie sich.
»Wir hatten einen Termin.« Eine Frauenstimme, gepresst und leise vor mühsam im Zaum gehaltener Verärgerung.
»Oh …« Katja hätte am liebsten in die Tischkante gebissen, als ihr verräterisches Hirn wie wild anfing, Details auszuspucken. »Frau Saalfeld?«
»Ja.«
Katja suchte Bernds Blick, klemmte sich das Smartphone zwischen Ohr und Schulter und tippte mit dem linken Zeigefinger auf ihr rechtes Handgelenk. Er präsentierte ihr seine Armbanduhr. Zehn Uhr dreißig. »Ich muss mich tausendmal bei Ihnen entschuldigen, Frau Saalfeld.« Sie hatte es tatsächlich geschafft, ihre Verabredung mit der Sprecherin der Güstriner Anti-AKW-Bewegung zu vergessen. »Ich …
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