Das Feuer bringt den Tod: Thriller (German Edition)
gab Veronika mit einem erschöpften Lächeln zurück. Leider spielte sich hier kein französisches Familiendrama ab, weshalb Bernd nicht die leiseste Aufforderung in ihren Worten hörte, sie zu begleiten und ihr ein wenig Gesellschaft zu leisten. Das war wahrscheinlich auch ganz gut so. Es hätte sich mächtig schäbig angefühlt, einen erotischen Vorteil aus der Notlage ihres Mannes zu schlagen. Nicht, dass Bernd in dieser Hinsicht sonst viele Hemmungen gekannt hätte.
Allein in der Scheune, konnte Bernd sich nicht gegen ein gewisses Unbehagen wehren, als er daran dachte, wen Klaus als Schuldigen für seinen wütenden Zorn genannt hatte. Den Teufel. Den Widersacher, wie er von Schwester Walburga früher oft bezeichnet worden war, wenn sie ihn und seine Klassenkameraden davor gewarnt hatte, wie leicht man als Mensch vom Pfad der Tugend weggelockt werden konnte. Bernds Verstand sagte ihm zwar, dass es in den schattigen Ecken der Scheune kein rothaariger Mann mit Klumpfuß darauf abgesehen hatte, ihm süße Versprechungen ins Ohr zu flüstern. Für jene Seite seiner Persönlichkeit aber, die sich seit seiner Schulzeit aus irrationalen Ängsten und Beklemmungen zusammensetzte, war der Fall nicht so klar. WennSchwester Walburgas Warnungen berechtigt waren, lag der Pfad der Tugend zwar bereits so weit hinter ihm, dass er den Rückweg beim besten Willen nicht mehr gefunden hätte. Aber was konnte es dann in einer Situation wie dieser schaden, wenigstens so zu tun, als würde man sich ab und zu darum bemühen?
Bernd stand auf und beeilte sich, ins Sonnenlicht hinauszukommen. Gott, der Weltgeist oder purer Zufall belohnte seine Entscheidung mit einem kleinen Hinweis darauf, dass es auch Schönes im Leben gab, wenn man nur Augen und Ohren danach offen hielt: In den Ästen der Eiche im Hof zwitscherte ein Spatz. Der Anblick des Baums erinnerte Bernd daran, aus welchem Grund Klaus und Veronika sich ihren Traum vom eigenen Betrieb auf dem Lande so preiswert hatten erfüllen können. Die alte Vorbesitzerin hatte kurz vor ihrem Tod den Teufel auf ihrem Grundstück gesehen. Und der Leibhaftige sollte sogar Spuren seiner unheiligen Präsenz hinterlassen haben. Nur ein Ammenmärchen. Das Gefasel einer verkalkten Bäuerin. Mehr nicht. Oder?
Bernd wollte Gewissheit. Er umrundete den Stamm der Eiche. Was er schließlich dicht über den Wurzeln in der rissigen Borke entdeckte, verleitete ihn zu einer Geste, die sicherlich Schwester Walburgas Gefallen gefunden hätte: Er bekreuzigte sich.
23
Es war ein unfaires Spiel, aber sie wusste nicht, wie sie sich dagegen wehren sollte. Es war schließlich nicht sie, die die Regeln dafür gemacht hatte.
Alle am Tisch hatten es auf sie abgesehen. Keiner schien auf die Idee zu kommen, einen anderen Namen als ihren zunennen, und sie landeten einen Treffer nach dem anderen, versenkten gnadenlos all ihre Schiffe.
»B 5.«
Treffer.
»C 7.«
Treffer.
»A 1.«
Treffer.
»D 1.«
Treffer.
»H 8.«
Treffer.
Und so ging es immer weiter. Sie kamen aus dem Lachen gar nicht mehr heraus. Ein lautes, viehisches Lachen. Sie rochen nach Alkohol und nach Schwefel.
Und sie lachte mit ihnen, obwohl ihr nicht zum Lachen zumute war. Als hätte jemand anderes Besitz von ihren Lungen und ihren Muskeln im Kiefer ergriffen, jemand, der dieses ganze Spiel aufrichtig komisch fand.
Das war umso merkwürdiger, da sie jeden Treffer nicht nur auf dem Blatt Papier vor sich vermerkte. Nein, jeder Treffer hinterließ an ihrem nackten Körper ein spürbares Zeichen. Einen kleinen Kratzer an der Innenseite der Oberschenkel. Den Abdruck eines Fingernagels auf dem Handgelenk. Einen nach Schweiß schmeckendes Haar auf der Zunge. Einen Tropfen Speichel auf der Oberlippe. Ein warmes, klebriges Gefühl zwischen den Brüsten. Ein Zwicken im Nacken. Einen salzig-bitteren Geschmack im Mund.
Nichts davon war angenehm, nichts davon war zum Lachen.
Wenn sie selbst durch Zufall einmal richtig tippte, reagierten ihre Konkurrenten mit dem gleichen hysterischen Humor. Streckten ihr feixend die Zungen entgegen, wie fleischige rote Würmer. Spreizten weit die Beine und zeigten ihr Dinge, deren Anblick sie nur noch mit Ekel erfüllte. Bliesenihr Qualm aus geblähten Nüstern entgegen. Rieben sich genüsslich die Bäuche und schmatzten, als hätten sie sich gerade etwas unvorstellbar Köstliches einverleibt.
Sie konnte nicht gewinnen. Das war nicht der Plan, und das war auch nie der Plan gewesen.
24
Katja wurde wach, weil jemand
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