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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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Papiere.
    »Setz dich«, forderte Rose sie auf. »Was ich dir zu sagen habe, dauert ein bisschen länger.«
    Ruth schluckte. Der Raum schien ihr düsterer als sonst, die Sonne weniger hell. Sie setzte sich auf die Stuhlkante und stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel. »Ich höre.«
    »Sitz nicht da wie ein Farmer, du bist eine junge Frau!«, wies Rose sie scharf zurecht.
    Ruth gehorchte, richtete sich auf, stellte die Füße zusammen und legte die Hände ordentlich in den Schoß. Sie hasste es, von ihrer Mutter zurechtgewiesen zu werden; dieses Mal aber beruhigte sie der Tadel. Wenn Mam noch Augen für diese Nebensächlichkeiten hat, kann die Lage so schlimm nicht sein. Sie sah ihre Mutter fragend an.
    »Tom hat recht. Weiß der Himmel, wer es ihm erzählt hat, aber es stimmt: Salden’s Hill ist pleite.«
    Obwohl sie es eigentlich schon geahnt hatte, erschrak Ruth bis ins Mark. »Das kann nicht sein!«, rief sie und sprang auf.
    »Doch, es ist so. Wir müssen entweder verkaufen – eine Lösung, die meinen Absichten entgegenkommt –, oder du musst einen Mann heiraten, der unsere Verbindlichkeiten der Bank gegenüber begleicht«, sagte Rose ruhig. »Und setz dich wieder hin.«
    Ruth setzte sich schweigend und starrte ihre Mutter mit offenem Mund an, unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. Schließlich schüttelte sie ungläubig den Kopf. »Wie genau ist das passiert?«
    »Du erinnerst dich an den Kredit, den wir vor drei Jahren aufgenommen haben?«
    Ruth nickte.
    »Nun, er wird fällig. Wir schulden der Farmersbank von Windhoek 15 280 Pfund.«
    »Wie das? Das verstehe ich nicht. Es war doch vereinbart, dass dieser Kredit von einem neuen abgelöst wird. So war es doch, oder?«, fragte Ruth, noch immer zutiefst ungläubig und beunruhigt.
    »So war es geplant, und so war es vereinbart. Mr. Claassen von der Bank hatte mir die Hand drauf gegeben.«
    »Und wieso zählt das jetzt nicht mehr?«
    Rose seufzte. »Weil der Handschlag eines Bankers so viel wert ist wie Schafsmist. Er hat mir Avancen gemacht, wollte mit mir essen gehen, hat wohl schon von heißen Küssen geträumt.« Sie lachte bitter.
    Ruth verzog das Gesicht. Die Enthüllungen ihrer Mutter waren ihr peinlich. »Und weiter?«, fragte sie.
    »Ich war einmal mit ihm in Gobabis essen, danach nicht mehr. Vor Kurzem hat er sich aber bei mir gemeldet und mir erneut Avancen gemacht. Ich gab ihm einen Korb, und eine Woche später kam dieser Brief.« Sie reichte Ruth ein Schreiben, dem man ansah, dass es wieder und wieder gelesen worden war.
    Es trug in der rechten oberen Ecke den Aufdruck der Farmersbank, ein Aktenzeichen und Mr. Claassens Zeichen.
    Sehr geehrte Mrs. Salden,
    zu unserem großen Bedauern müssen wir Ihnen heute mitteilen, dass wir Ihren Kredit, der vertragsgemäß zum 31. Dezember 1959 ausläuft, nicht verlängern können. Die wirtschaftliche Lage Ihrer Farm hat sich nicht so entwickelt, wie wir es erwartet haben.
    Wir müssen Sie deshalb auffordern, die ausstehende Summe von 15 280 Pfund bis zum 31. Dezember des Jahres auf eines unserer Konten zu überweisen.
    Mit hochachtungsvollen Grüßen, Dietrich Claassen
    Ruth las den Brief ein zweites Mal. »Verstehe ich das richtig? Er wollte dich mit dem Kredit kaufen? Wenn du mit ihm ins Bett gegangen wärst, könnten wir die Farm jetzt behalten?«
    Ruths Mutter nickte. »Siehst du, so ist es, wenn man keinen Mann hat. Wir Frauen mögen viel leisten, aber die Macht haben nun einmal die Männer. Wenn wir uns ihnen nicht beugen, verlieren wir nur.«
    »Aber du hast dich ihm nicht gebeugt.«
    Rose nickte langsam. »Ja, das stimmt. Aber um welchen Preis. Ich weiß nicht, ob ich damit das Richtige getan habe.«
    Ruth schwieg eine Weile, dann fragte sie: »Und was machen wir jetzt? Wir haben keine fünfzehntausend Pfund, oder? Oder gibt es noch ein Konto, von dem ich nichts weiß?«
    »Nein. Wir müssen die Farm verkaufen. Tom würde vielleicht die Green-Hill-Weiden übernehmen, doch das reicht nicht. Um das Geld zusammenzubringen, müssten wir so viel Land verkaufen, dass wir die Schafe nicht mehr aus eigener Kraft ernähren könnten. Wahrscheinlich müssten wir sie anderswo in Weidepacht geben. Und dass man so keine Farm führen kann, weißt du besser als ich. Also bleibt uns nur, alles zu verkaufen. Wenn wir Glück haben und auch für die Maschinen und das Haus einen guten Preis aushandeln, können wir uns vielleicht in Swakopmund eine kleine Wohnung kaufen.«
    Rose sah Ruth prüfend an. Die schüttelte den

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