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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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das kleine Mädchen in eine weiße Schule nach Gobabis, danach auf das Institut für Hauswirtschaft, wie es die anderen weißen Farmer mit ihren Töchtern machten. Und um das Mädchen in die Stadt zur Tanzschule bringen zu können, lernten die beiden schwarzen Frauen sogar Autofahren. Was immer die weißen Farmerstöchter der Nachbarschaft taten oder bekamen – Mama Elo und Mama Isa sorgten dafür, dass Prinzessin Rose die gleichen Möglichkeiten hatte. Sogar in die Kirche brachten sie das Mädchen an jedem Sonntag. Dorthin, wo der weiße Pfarrer von der Kanzel verkündete, dass die Schwarzen eher Tiere als Menschen seien.
    All das wusste Ruth aus den Erzählungen der beiden schwarzen Frauen. Wo aber war ihre Großmutter? Warum sprach niemand über sie und ihren Mann? Was verschwieg man ihr?
    Als der Morgen langsam heraufdämmerte und die ersten Vögel zu singen begannen – allerdings anders als draußen auf der Farm dünn und blass und immer wieder gestört durch den Lärm der Autos –, sprang Ruth aus dem Bett. Sie hatte sich lange genug hin- und hergewälzt, wollte rasch unter die Dusche und zum Frühstück. Dann jedoch bemerkte sie, dass es im Haus noch ganz ruhig war. Offenbar schliefen alle noch.
    Ich sollte nicht so laut sein, dachte sie. Wir sind hier nicht auf dem Land. Aber immerhin habe ich noch ein wenig Zeit. So spülte sie sich am Waschbecken an der Wand nur kurz den Mund aus und schüttete sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht. Dann stieg sie in ihre Kleidung, band sich das Haar zusammen und verließ das Wohnheim für einen Spaziergang.
    Beinahe wäre sie zu spät zum Frühstück erschienen. Horatio jedenfalls saß schon in der Mensa und nippte an einem Becher Kaffee. Ruth holte sich ein paar Scheiben Toast, fragte vergeblich nach Mieliepap, strich Butter und eine wässrige Orangenmarmelade auf die dünnen Scheiben und bekam bei jedem Bissen mehr Hunger.
    Sie war schneller fertig als Horatio, der vor ihr mit dem Essen begonnen hatte. Als er sie lächelnd ansah, fühlte sich Ruth einmal mehr verspottet. »Sagen Sie schon, was Sie denken. Tun Sie sich nur keinen Zwang an.«
    »Was denke ich denn?« Horatio sah sie fragend an.
    »Dass ich dick genug bin und dass das auch kein Wunder ist, wenn ich so viel und so schnell esse.«
    Er lachte. »Glauben Sie wirklich, dass ich so etwas denke? Oh nein, da täuschen Sie sich! Ich habe gerade daran gedacht, dass der Herero- und Namaaufstand vor fünfundfünfzig Jahren ungefähr in der Gegend stattfand, in der Sie jetzt leben.« Er sah Ruth durch seine dicken Brillengläser so konzentriert an, dass diese ihm jedes Wort glaubte. Allerdings wusste sie nicht, ob sie darüber froh oder beleidigt sein sollte.
    »Hmm«, machte sie und griff erneut zur Kaffeetasse. »Wir sollten langsam aufbrechen, wenn wir rechtzeitig zur Beerdigung da sein wollen.«
    »Was versprechen Sie sich eigentlich davon? Davida wird nach christlichem Ritual unter die Erde gebracht. Es wird nichts geschehen, was Sie so oder so ähnlich nicht schon erlebt haben.«
    Ruth nickte. »Das mag sein, aber ich möchte der Frau, die in meinen Armen gestorben ist, die letzte Ehre erweisen. Und ich möchte etwas über meine Großmutter in Erfahrung bringen.«
    Horatio seufzte, stellte das Geschirr auf ein Tablett und trug es zurück zur Küche.
    Wenig später liefen sie erneut durch die Stadt ins Viertel der Schwarzen. Als sie Davidas Haus erreichten, hatte sich dort schon eine Menschenmenge zusammengefunden. Kurze Zeit später traten sechs schwarze Männer aus dem Haus. Sie trugen einen einfachen Holzsarg auf den Schultern.
    Unter dem Gesang einiger schwarzer Frauen, die dem Sarg aus dem Haus folgten, formierte sich der Trauerzug. Ein Mann schlug eine Trommel dazu. Während sich der Zug durch die ungepflasterte Straße bewegte, öffneten sich die Türen der Häuser, die Bewohner drängten heraus. Manch einer warf eine einzelne Blume auf Davidas Sarg. Die Männer, sogar die jungen, nahmen die Mützen ab, die Frauen bekreuzigten sich oder standen einfach nur da und sahen dem Sarg nach, bis er um die nächste Ecke verschwunden war.
    Ein evangelischer Missionspfarrer sprach davon, dass Gottes Wege unerforschbar seien und für einen jeden die Zeit komme, zu der er die Erde verlassen und in die Ewigkeit eingehen müsse. Dann würde vor Gottes Thron gerichtet werden über die guten und die schlechten Taten des Menschen und auch über den Hochmut.
    »Was meint er denn damit?«, fragte Ruth, der vor allem die

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