Das Feuer der Wüste
ich bei einem romantischen Abendessen mit Seidenbettlaken?«
»Nein, nein, meine Liebe.« Ruth sah, dass die Mundwinkel der Verkäuferin belustigt zuckten. »Ich meinte Unterwäsche. Feine, seidene Wäsche. Dessous.«
»Braucht man so was?«, fragte Ruth. »Zerreißt das nicht, wenn ich nur auf die Toilette gehe? Ist das nicht überhaupt zu kühl? Für die Nieren, meine ich?« Ruth sah bereits die missbilligenden Blicke von Mama Elo und Mama Isa vor ihrem inneren Auge.
»Nun, diese Wäsche ist nicht so sehr dazu da, Sie zu wärmen. Sie soll vielmehr bewirken, dass Sie sich schön und anziehend finden. Sie soll dem Mann gefallen, den Sie lieben.«
Ruth hätte gern gefragt, was ihre Unterwäsche mit den Gefühlen eines Mannes zu tun haben sollte, doch da erinnerte sie sich an das Spitzenzeug von Corinne, das in ihren Augen immer so ausgesehen hatte wie die alberne Verzierung einer Hochzeitstorte. Doch bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte, hatte die Verkäuferin Ruth auch schon ein Unterkleid aus grüner Seide in die Kabine gereicht, dessen Farbe nur einen winzigen Ton heller war als das Kleid.
Bei dem Blick auf das Preisschild zuckte Ruth zusammen. Für diese Summe würde sie in Bemans Bekleidungsgeschäft in Gobabis sämtliche Unterkleider und einen Wäscheständer dazu bekommen. Sie stellte sich vor, wie ihre Arbeiter gucken würden, wenn plötzlich auf der Wäscheleine in Salden’s Hill ein solches Unterkleid im Winde wehte. Und wenn dann vielleicht noch Nath Miller vorbeikam! Sie musste kichern. Nicht auszudenken!
Nein, zwang sich Ruth einen Augenblick später zur Ruhe. So etwas ist für Stadtfrauen gemacht. Für mich ist das nichts.
»Und, wie ist es?«, fragte die Verkäuferin.
Ruth reichte das Unterkleid durch den Vorhang. »Nein, das lasse ich lieber. Ich lebe auf einer Farm. Das Kleidchen auf der Leine würde im Nu von den Schafen gefressen. Und was soll ich dann dem Tierarzt sagen?«
»Und Nachtwäsche?«
»Braucht man die auch?«
»Aber ja. Ein Mann, der Sie zu einem romantischen Abendessen einlädt, möchte vielleicht danach noch mit Ihnen die Sterne betrachten. Und wenn er Ihnen gefällt, laden Sie ihn vielleicht noch zu einer Tasse Kaffee ein.«
Ruth steckte den Kopf aus der Umkleidekabine. »Ich wohne in einer Pension. Ich glaube nicht, dass es da nach acht Uhr abends noch Kaffee gibt.«
Jetzt seufzte die Verkäuferin ein klein wenig. »Na ja«, sagte sie. »Es muss ja nicht unbedingt Kaffee sein, was er von Ihnen will.«
»Huch!« Ruth schlug sich die Hand vor den Mund. »Ach, das meinen Sie?«
Die Verkäuferin nickte und reichte Ruth wenig später ein weißes Hemdchen in die Kabine, das so winzig war, dass es nicht einmal zum Naseputzen taugen würde, wie Ruth fand. Aus Angst, es könne in ihren Händen zerreißen, verzichtete sie darauf, das winzige Teilchen in der engen Kabine anzuziehen. Stattdessen stellte sie sich vor, wie sie darin aussehen würde – wahrscheinlich wie ein Posaunenengel mit Gewichtsproblemen. Nein, das Nachthemdchen war nun wirklich nicht dazu geeignet, irgendetwas zu verstecken! Also reichte Ruth es kurz entschlossen wieder hinaus. »Ich brauche das nicht. Schlafanzüge habe ich genug. Und überhaupt schlafe ich am liebsten in einem Shirt.«
Mein Gott, was wird allein das Kleid wohl kosten? , dachte sie gleichzeitig. Wahrscheinlich bekäme ich in Gobabis einen gesunden Schafbock dafür. Gleich darauf schob sie die Unterlippe nach vorn. Aber was nützt mir ein Bock, wenn ich schon bald keine Farm mehr habe? Also zog sie sich an und stiefelte selbstbewusst zur Kasse, hinter der die Verkäuferin schon ihren Platz eingenommen hatte.
»Halten Sie mich bitte nicht für aufdringlich, aber haben Sie auch daran gedacht, sich heute Abend ein wenig zu schminken?«
Ruth schluckte und schüttelte energisch den Kopf. »Oh nein, das ist nichts für mich.«
»Nur ein wenig die Augen betonen.« Die Verkäuferin sah Ruth beinahe schüchtern an. »Ich habe alles hier. Wollen wir es nicht einmal versuchen?«
»Ich … ähem … Ich weiß noch gar nicht, ob ich heute Abend überhaupt hingehe. Zu der Einladung, meine ich. Wahrscheinlich ist es auch gar nicht romantisch.«
Die Verkäuferin drehte ein wenig den Kopf. »Aber warum denn nicht, meine Liebe?«
»Weil … weil … Ach, ich weiß auch nicht.« Ruth zuckte hilflos mit den Schultern.
»Ist er nett?«
»Ja«, sagte Ruth. »Sehr nett sogar.«
»Bringt er Sie zum Lachen?«
»Ja, auch das.«
»Zeigt er
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