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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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Großmutter, musste etwas erledigen, das ihn nichts anging.
    Einen Augenblick lang fragte sich Ruth, warum sie kein Bedürfnis verspürte, alles mit Henry zu teilen. Sie hatte immer geglaubt, das gehöre zur Liebe dazu. Was sie mit Henry verband, war jedoch anders. Drängender, fordernder. Es war schön und rauschhaft. Und doch: Je länger sie allein durch die Wüste fuhr, je länger sie allein mit sich war, mit ihren Gedanken und Gefühlen, umso stärker vermisste sie in ihrer Beziehung zu Henry Nähe und Vertrautheit. Auch das gehörte in ihrer Vorstellung zur Liebe unbedingt dazu.
    Ruth bremste, um zwei Gnus vorübertrotten zu lassen. Vielleicht will ich zu viel auf einmal, überlegte sie. So eine Liebe braucht womöglich Zeit, um sich zu entwickeln. Vertrauen und Nähe müssen wachsen, während Leidenschaft und Begehren wie ein Gewitter über uns hereinbrechen. Sie kicherte. Ich höre mich schon an wie die Figur aus einem Liebesroman, dachte sie und fuhr weiter.
    Sie war schon einige Stunden unterwegs und rechnete jeden Augenblick damit, die von dem Jungen beschriebene Wasserstelle zu erreichen. Die aber ließ noch auf sich warten. Als Ruth sie endlich erspähte, war die Hitze unerträglich geworden. Ruth schwitzte aus jeder Pore, Sand klebte ihr am Gaumen und zwischen den Fingern und hatte auch den Dodge graugelb überzogen.
    Die Wasserstelle war nicht viel mehr als ein winziger See, ein großer Tümpel, an dem sich Springböcke und Oryxe, Kudus, Warzenschweine und Wasserböcke labten. Eine kleine Baumgruppe stand in einiger Entfernung, daneben ein Hochstand. Unter dem Hochstand hockte ein Junge.
    Als Ruth den Wagen stoppte, stand er auf und schlenderte zum Dodge hinüber. »Da sind Sie ja endlich«, sagte er. »Ich warte schon eine ganze Weile auf Sie.« Er trug die grüne Sonnenbrille, die Ruth in Lüderitz gekauft hatte, und schob sie nun mit einem Handgriff in sein krauses schwarzes Haar.
    »Wie bist du denn hierhergekommen?«, fragte Ruth erstaunt. »Wolltest du nicht eigentlich noch in Lüderitz sein?« Sie hatte zwar gehofft, den Jungen hier zu sehen, doch gleichzeitig hatte sie nicht wirklich damit gerechnet.
    »Wenn der Sehnsuchtsstein ruft, müssen wir gehorchen«, erwiderte er kurz. »Bitte kommen Sie. Ich bin hungrig.«
    Ruth reichte dem Jungen eine Flasche Cola und ein Sandwich. »Hast du deinen Leuten schon von mir erzählt? Und der weißen Frau?«
    Der Junge kaute, nickte und schluckte. »Ich musste doch. Der Sehnsuchtsstein. Wissen Sie denn nicht?«
    Ruth schüttelte den Kopf, zuckte mit den Schultern, legte einen Augenblick lang eine Hand auf ihre Stirn, stützte dann beide Hände in die Seiten und drehte sich langsam einmal um sich selbst. »Schön ist es hier. Fast wie im Paradies.«
    »Wo ist Ihr Mann?«, fragte der Junge.
    »Welcher Mann?« Ruth wusste genau, dass sie in Gegenwart des Jungen nicht von Henry Kramer gesprochen hatte. »Und wie heißt du eigentlich?«
    »Karl.«
    »Bitte?«
    »Ich heiße Karl. Wie Karl der Große. Die weiße Frau hat gesagt, dass ich seinen Mut und seine Klugheit habe. Deshalb hat mich meine Mutter so genannt. Mein Bruder heißt Wolf.«
    »Aha.« Ruth wunderte sich langsam über gar nichts mehr.
    »Sie können mich auch Charly nennen. Das tun die meisten.«
    »Gut, Charly.«
    »Und was ist mit Ihrem Mann? Warten wir noch auf ihn?«
    Ruth sah den Jungen verständnislos an. »Wen meinst du?«
    »Na, der große Nama mit der Brille.«
    »Ach, du meinst Horatio. Das ist nicht mein Mann. Der ist noch nicht einmal mein Freund. Höchstens ein Freund, aber auch das steht nicht fest.«
    »Er ist Ihr Mann«, beharrte Charly.
    »Wie kommst du darauf?«
    Der Junge sah sie an, als könne er nicht fassen, wie begriffsstutzig sie war. »Weil er Sie liebt, und weil Sie ihn lieben und er und Sie zusammengehören. Das sieht doch jedes Kind.«
    Ruth seufzte. »Ich wusste gleich, dass ich dir die Sonnenbrille nicht hätte kaufen sollen. Sie verdunkelt dir den Blick.« Sie stieg in den Dodge und bedeutete dem Jungen, sich auf den Beifahrersitz zu setzen. »In welche Richtung müssen wir?«
    »Nach links. Ich zeige Ihnen den Weg. Deshalb bin ich ja hier.«
    Ruth gab Gas, dann fuhren sie los. Zunächst war die Pad noch gut sichtbar, aber nach einer Weile deutete Charly in Richtungen, in denen kein Weg mehr zu erkennen war. Ruth fuhr hochkonzentriert, da sie das Fahren auf Sand nicht gewohnt war. Es gab nichts, woran sie sich orientieren konnte. Einmal kam der Wagen nach einem falschen

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