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Das Feuer des Daemons

Das Feuer des Daemons

Titel: Das Feuer des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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grobe, sperrige Art schön, so als wäre er aus einem Granitblock gehauen worden, und vor Grace’ geistigem Auge schien die Luft um ihn unter der Wucht seiner Gegenwart zu brodeln.
    Gewalt ist hier verboten
. Das hatte sie erst gestern Morgen zu Cuelebre gesagt, als er gekommen war, um Rune und Carling und schließlich auch dem Tribunal der Alten Völker entgegenzutreten. Gestern war Cuelebre in Begleitung seiner Gefährtin gewesen, doch an diesem Morgen war der Drache allein. Er war beängstigender, wenn er allein war.
    Die Personen können von diesem Ort entfernt werden,
hatte Dragos erwidert.
Und die Gewalt kann ihnen anderswo zugefügt werden.
    Grace begann zu zittern. Bebend tastete sie nach dem Verbindungsstrang zu Khalil und zog daran. Sie spürte, wie er auf sie zuschoss – seine strahlende magische Energie sprühte Funken wie ein herabstürzender Komet, und dann nahm seine Gegenwart die ganze Küche ein, während sich seine Gestalt neben Grace verdichtete.
    Max krähte überrascht auf. Chloe sagte: »Hallo, Hündchen-Katze. Möchtest du ein Stück von meiner Banane?«
    Grace wandte sich zu Khalil um. Letzte Nacht hatte er mächtig und exotisch ausgesehen, in Elfenbein und Tiefrot, mit glänzendem, rabenschwarzem Haar. Jetzt, im vollen Tageslicht, wirkte er fremdartiger als je zuvor. Diesmal trug er ungefärbtes Leinen, und seine Haut war porenlos. Mit seinen durchdringenden Diamantaugen fixierte er Grace, ehe er die fröhliche Familienszene mit scharfem Blick betrachtete.
    Mit seiner riesigen Hand packte er Grace an der Schulter. »Was ist los?«
    Im gleichen Moment erklang ein scharfes Klopfen an der Tür. Mit trockenem Mund flüsterte sie Khalil zu: »Würdest du bitte aufmachen?«
    Er drehte sein hartes, elegantes Gesicht zur Frontseite des Hauses. Dann verschwand er, und Grace spürte, wie er zur Vordertür wehte.
    Grace sah Chloe an, die mit andächtiger Miene den Rest ihrer Banane hochhielt und sagte: »Ich wollte nur teilen.«
    Grace lehnte sich an die Arbeitsplatte und rutschte zu Boden. Weil ihr schlimmes Knie dagegen protestierte, streckte sie das Bein aus. Das andere Knie hatte sie angezogen und stützte nun den Ellbogen darauf, um die Stirn in die Handfläche sinken zu lassen. In heftigen Schüben rauschte das Blut durch ihren Körper. Es pochte in ihren Augen und Schläfen. Im Hintergrund waren Männerstimmen zu hören, aber ihr Herzschlag dröhnte zu laut in ihren Ohren, als dass sie hätte verstehen können, was Khalil und der Drache miteinander sprachen.
    Ich kann das nicht,
dachte sie.
Oh Petra, du wolltest doch immer das Orakel sein. Ich habe das nie gewollt. All das war nie für mich bestimmt. Ich bin weder groß genug noch stark genug noch klug genug, um das Orakel zu sein. Es ist einfach zu viel.
    Das war’s dann. Ich höre auf. Wenn ich nicht mehr zu den Leuten spreche, wird die Kraft verschwinden. Das wird sie doch, oder?
    Kleine Finger legten sich sacht auf ihren Arm. Grace blickte seitlich unter dem Arm hindurch, auf den sie den Kopf stützte. Neben ihr kniete Chloe und sah sie mit großen blauen Augen an. »Es tut mir leid, Gracie«, sagte Chloe. »Du bist nicht böse. Du bist lieb, und ich hab dich lieb.«
    Grace lächelte. »Danke, meine Kleine. Ich hab dich auch lieb.«
    »Du brauchst keine Pancakes zu machen, wenn du nicht willst.« Chloe zeigte ihre andere Hand vor, sie war leer. »Siehst du, ich habe meine Banane ganz aufgegessen.«
    »Was für ein liebes Mädchen du bist.« Grace bekam feuchte Augen. Sie schloss Chloe in die Arme und zog sie an sich. »So ein liebes Mädchen.«
    Was würde geschehen, wenn sie die Kraft zurückwies und diese verschwand, wie es die Familienlegenden überlieferten? Was wäre, wenn die Kraft auf ihre Nichte überging? Außer Grace war Chloe das einzige noch lebende weibliche Mitglied der Familie Andreas, und Grace war sich schon jetzt ziemlich sicher, dass Chloe Potenzial hatte.
    War es möglich, dass die Kraft nicht auf Chloe überging, sondern in eine Art Winterschlaf fiel und wartete? Dass sie selbst Kinder bekommen würde, konnte Grace sich nicht vorstellen – Chloe und Max bedeuteten mehr Verantwortung, als sie je hatte auf sich nehmen wollen. Aber früher oder später würden die beiden erwachsen werden und vielleicht selbst Kinder haben. Würde die Kraft womöglich auf eines ihrer Kinder übergehen, bevor jenes Mädchen dazu bereit war?
    Sie barg das Gesicht in Chloes weich fließendem Haar. Und wie sie das würde.
    Steh deine Frau,

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