Das Feuer Kabals
aus dem Krug über ihren Kopf laufen, um das Salz abzuspülen. Mit den Fingern ertastete sie Stoppeln auf ihrer schlecht rasierten Kopfhaut. Ihre Hände glitten ängstlich an ihrem Körper hinab. Sie war dürr und ihre Rippen stachen deutlich hervor. Jeder Muskel zeichnete sich unter der Haut ab, Ihre Hüftknochen ragte wie Steilklippen hervor und ihre sonst so vollen Brüste waren beinahe verschwunden. Narben juckten an den Stellen, wo der Maschinenwächter ihre Beine abgebissen hatte und ihre Waden waren immer noch lächerlich dünn.
Die Erinnerung an die kalte Grausamkeit der Maschine jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Dennoch glaubte sie, zu verstehen, warum der Maschinenwächter so gehandelt hatte. Sie hatte ihm keine eindeutige Antwort auf die Frage gegeben, ob der Kurakpor in der Lage war, verloren gegangene Körperteile zu ersetzen. Die kalte Intelligenz der Metallschlange war neugierig gewesen und verstand nicht oder scherte sich nicht darum, dass es Julana unsagbare Schmerzen bereitet hatte, eine Antwort auf diese einfache Frage zu erhalten. Immerhin war der Kurakpor tatsächlich in der Lage ihre Beine nachwachsen zu lassen. Sie hatte davon gehört, aber die Verletzungen, die Wira ihr beigebracht hatte, waren … anderer Art gewesen uns sie hatte bis jetzt nicht wirklich gewusst, zu welchen Leistungen der Krebs aus Disdahals Reich imstande war.
Sie ließ ihre Hände über den Parasiten gleiten und spürte einen Hauch jenes Gefühls, dass sie ergriffen hatte, als Wira sie betäubt und ihr das Tier aufgesetzt hatte. Sie sah das Gesicht der Frau, für die sie einst nur Liebe empfunden hatte vor sich. Die Augen, die sich an ihrer Qual weideten. Sie hasste Wira und sie hasste sich selbst für die Gefühle, die sie ihr immer noch entgegenbrachte.
Sie wischte die Tränen wütend aus ihrem Gesicht.
Mit schmerzenden Muskeln kleidete sie sich an und verließ die Hütte.
Das Meer rief.
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Kapitel 8
Cendrine starrte durch die Energieblase hindurch. Ihre Muskeln hatten sich anfänglich durch die Blitzentladungen vollkommen verhärtet. Seit ein paar Tagen war sie jedoch in der Lage, sich etwas zu bewegen. Wira hatte das Artefakt der Macht, das die Form eines Zepters hatte, in einer Halterung positioniert, sodass sie Cendrine ununterbrochen in der Energieblase gefangen halten konnte. Mit einer Kraftanstrengung, die sie zittern ließ, drehte sie ihren Kopf etwas weiter nach links. Ihr Blick fiel durch ein auffallend großes Fenster, das die Aussicht auf den gefrorenen Firahun-See freigab. Sie war ganz oben in dem hundert Schritt hohen Frostturm, dessen glatte Wände Sturm und Eis seit langer Zeit trotzten. Er überragte jeden Hügel in der näheren Umgebung und eine Sicht aus seinem Fenster gewährte einen weiten Blick. Die Abenddämmerung war weit vorangeschritten, die schneebedeckte Landschaft in ein blaues Licht getaucht. Cendrine versuchte die Tage zu zählen, die sie inzwischen in Gefangenschaft war, doch sie hatte längst den Überblick verloren. Sie strengte sich an und erreichte, dass sie mehr von dem großen Raum sah, in den man sie gebracht hatte. Er nahm die gesamte Grundfläche des Turms ein, der gut zwanzig Schritt durchmaß. Es gelang ihr, den Oberkörper etwas zu drehen und jetzt sah sie eine Ruhebank mit einer leicht bekleideten Frau darauf.
Wira lächelte sie an.
Cendrine erkannte, dass die Königin des Frostturms sie seit geraumer Zeit beobachten musste. Wenn sie es darauf angelegt hatte, ihre Gefangene zu verunsichern oder zu erniedrigen, dann war ihr dies nicht gelungen. Cendrine konzentrierte sich und lächelte ebenfalls.
Wiras Lächeln wurde etwas breiter. »Ich habe vor ein paar Tagen eine wunderbare Entdeckung gemacht.« Sie stand auf, ging zum Zepter hinüber und wartete, bis Cendrine mit großer Anstrengung ihren Kopf gedreht hatte, bevor sie fortfuhr. »Ich muss nur an diesem Ring drehen, und dann kannst du dich etwas mehr bewegen. Ich denke, ich lockere deine Fesseln ein wenig, dann können wir uns unterhalten, was meinst du?« Wira drehte ganz vorsichtig an dem Ring, der am oberen Ende des Sidaji-Artefaktes angebracht war.
Cendrine spürte, dass sie sich innerhalb der Blase bewegen konnte, zeigte es jedoch nicht. Sie tat so, als ob sie sprechen wollte, und bewegte den Mund mit großer Langsamkeit, in der Hoffnung, Wira würde die Kraft des Zepters noch etwas mehr verringern. Die große Frau mit den kurzen blonden Haaren wartete einen Augenblick, schürzte die Lippen und
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