Das Feuer Kabals
Sera, ich muss mich zusammenreißen!«
Sie verfolgten das Gespräch und Charna sah Seraphia an, als ihre Mutter von der Bedrohung Kabals durch eine fremde Macht sprach.
»Ich wusste nicht das Geringste davon! Wieso haben Thanasis und Cendrine nie etwas davon erwähnt?«
»Wieso habt ihr beiden mich dann die Macht der Dunklen Flamme ergreifen lassen?«
»Das geschah nicht auf meinen Befehl hin. Ich wüsste gar nicht, wie man das erzwingen sollte. Die Flammengrube gibt einzelnen Priesterinnen zuweilen besondere Kräfte und ich dachte immer, dies wäre bei dir auch der Fall gewesen. Jedenfalls hat Cendrine es so dargestellt, als sie deine Berufung entdeckt zu haben glaubte. Wir müssen Thanasis und die anderen befragen, ob es bei der Macht der Dunklen Flamme einen größeren Zusammenhang gibt. Ich hatte dieses besondere Talent bisher für eine der Schöpfungen der Flammengrube gehalten. Mir war nicht klar, dass meine Mutter damit etwas zu tun haben könnte.«
»Und wenn nur Cendrine Bescheid weiß?«
Charna überlegte kurz. »Wir werden Cendrine befreien. So oder so. Ich muss wissen, was hier vor sich geht.«
Seraphia war enttäuscht. Sie hatte auf eine Antwort gehofft, doch sie fühlte, dass die Hohepriesterin ebenso wenig wusste, wie sie selbst.
Charna sah ihre Mutter eine Weile stumm an, dann senkte sie den Blick. Seraphia folgte einem Impuls und nahm Charna in die Arme. Die Hohepriesterin drückte sie fest an sich und schluchzte. Es war, als hätte der Traum, den sie nun gemeinsam erlebten, eine Barriere entfernt. Die Gefühle drangen an die Oberfläche und überflügelten den Verstand.
»Ich fühle mich seltsam. Es ist fast, als ob …«
»… alle Gefühle doppelt so intensiv seien. Ich weiß, was du meinst«, sagte Charna. »Warte! Meine Mutter erwähnte Gritrok, den Meisterschmied der Shedau‘Kin. Etwas an dem Pentacut, das Kujaan trägt, muss speziell sein.«
Sie begutachteten das Pentacut der jungen Priesterin. Es war so individuell wie jede Arbeit der Zwerge, doch sonst sahen sie nichts Auffälliges daran.
»Womöglich …«, murmelte Seraphia und trat zu einer Priesterin, die in der Nähe stand.
»Schau! Dieses Pentacut sieht anders aus. Die Ringe sind nur an drei Fingern jeder Hand vorhanden und mit Ketten an die Armreifen gebunden. Das Gleiche an den Füßen. Nur je drei Zehen sind über Ketten mit den Reifen an den Fußgelenken verbunden«, erklärte Seraphia ihre Beobachtung und zeigte auf die Hände und Füße der Priesterin. Sie hielt ihre eigene Hand daneben und schaute auf die fünf Ringe daran, ein jeder mit einer Kette an ihren Armreif gebunden.
Charna nickte mit einem Blick auf ihr eigenes Pentacut, das ebenfalls Ringe an jeder Hand und jedem Fuß aufwies.
»Es muss mit der Macht der Elemente zu tun haben. Unsere Pentacuts sehen aus, wie das von Kujaan und binden alle fünf Elemente. Jeder Finger und Zeh ist mit dem Rest des Pentacuts verbunden. Früher muss das mal anders gewesen sein. Dieses ältere Pentacut bindet nur Feuer, Erde und Geist. Luft und Wasser sind unbeachtet geblieben, wie man anhand der entsprechenden Auslassung der Finger und Zehen erkennen kann. Ich kenne keine Priesterin, die solch ein Pentacut trägt. Selbst die Ältesten Ordensschwestern, die fast fünfhundert Jahre alt sind, tragen das Pentacut, das wir kennen. Dieser Traum muss sechshundert Jahre oder mehr in der Vergangenheit stattfinden. Aber Gritrok lebt womöglich noch in unserer Zeit. Ich habe vor einem Jahr mit ihm gesprochen. Oder ist es länger her?«
»Wir sollten ihn befragen, sobald wir zurück sind«, sagte Seraphia.
Charna sah überrascht zum Eingang.
Seraphia schürzte die Lippen. »Jenara und die Tjolfin.«
Sie beobachteten die Szene schweigend, bis Sarinaca vertraulich und gelöst mit Jenara sprach. Charna schüttelte den Kopf.
»Sie hat Jenara das Amulett der Feuertaufe verliehen? Davon wusste ich ebenfalls nichts. Ich kann nicht glauben, dass Jenara mir das nie erzählt hat.«
Seraphia sah die Hohepriesterin fragend an.
Charna legte den Kopf schief. »Sie ist meine Patentante. Ich kenne sie seit meiner Geburt.«
Seraphia ächzte. »Was?«
»Wir haben uns einmal gut verstanden. Ich habe viel Zeit bei Jenara in den Frostreichen verbracht. Das war, bevor meine Mutter und ihr Vater Ihadrun verschwanden. Sie konnte wunderbare Geschichten erzählen.« Charna lächelte in Erinnerungen versunken. Dann wurde ihr Ausdruck wieder ernst. »Nach einigen Jahren verloren die Menschen das
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