Das Feuer Kabals
Zelt saß. Sie umklammerte den Haarkamm, den sie stets mit sich führte wie einen Rettungsanker.
»Sie hat überhaupt keinen Halt. Sie denkt an den jungen Mann, der ihr den Kamm geschenkt hat«, sagte Charna voller Mitleid und hielt sich die Hand vor den Mund.
»Sein Name ist Sewenas … sie kannte ihn kaum.«
Charna schüttelte den Kopf. »Sie verbringt all diese Zeit allein. Wir können Thanasis und Cendrine ihr das antun?«
»Weiß Thanasis, was hier vor sich geht?«, fragte Seraphia widerwillig, denn einerseits war sie wütend über die Art, wie man Kujaan ausnutzte und andererseits wollte sie nicht ungerecht sein.
Charna seufzte. »Womöglich nicht. Aber auch das werde ich in Erfahrung bringen, sobald wir zurück sind.«
In den Phasen, in denen Kujaan in den Schlaf fiel, wurde das Traumbild verzerrt. Wilde Bilder aus dem Leben der jungen Frau blitzten in schneller Folge auf und verwirrten die Sinne.
»Das ist kaum auszuhalten. Was passiert?«, ächzte Seraphia.
»Ein Traum im Traum. Das ist in der Tat sehr schwer erträglich. Wir sind tief in Kujaans Unbewusstem. Ich frage mich, wie man dir diese Erinnerung eingepflanzt hat.«
»Im Moment will ich nur, dass es aufhört.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Die Hohepriesterin hob die Hand und schloss die Augen. Die Geschwindigkeit der Ereignisse nahm zu und Seraphia kniff die Augen zu. Ihr wurde schwindlig und übel, als Zeit und Raum in ihrer Wahrnehmung auseinander gerissen wurden.
»Hör auf, ich halte das nicht mehr aus!«, stöhnte sie.
Charna nahm die Hand herab und der Traum verlangsamte sich. Cendrine erschien in einem Zimmer, das Kujaan als Schlafkammer gedient haben musste.
Sie folgten ihr hinaus auf eine Reise, die sie in eine verlassene Stadt in den Felsen brachte. Ein feindliches Heer erwartete sie.
»Das ist das Gaar«, sagte Seraphia und deutete auf das titanische Juwel, das rhythmisch pulsierte und vor ihnen in die Höhe ragte.
Charna nickte. »Das Artefakt, das die Verbindung zwischen den Welten stört.«
Seraphia und ergriff ihre Hand. »Hier passiert es …«
Eine Schlacht entbrannte um sie. Die wenigen verbliebenen Mikarianer und Priesterinnen waren den Gegnern hoffnungslos unterlegen. Sie kämpften mit dem Mut der Verzweiflung und erwirkten Erstaunliches, doch kurz bevor Cendrine und Thanasis das Gaar erreichen konnten, war der Feind im Begriff die Oberhand zu gewinnen.
Kujaan erkannte die Situation ebenfalls und handelte.
Charna und Seraphia wurden voll Entsetzen Zeugen, wie sie die Essenzen von Tausenden Kämpfern in sich aufsaugte. Ihr Gesicht veränderte und deformierte sich, während ihr Körper in gleichem Maße einer schrecklichen Verwandlung unterworfen wurde. Seraphia schrie auf, als sie sich daran erinnerte, wie der Irrsinn in Kujaan brannte.
Seraphia schlug die Augen auf und spürte die Wärme der Hohepriesterin. Charna drückte sie fest an sich und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr. Sie saßen auf dem kalten Steinboden der Halle, die Hohepriesterin hatte Charnas Haupt in ihren Schoss gebettet und streichelte ihre Stirn. Sie setzte sich auf und klammerte sich an Charna fest. Sie weinte minutenlang, während allmählich die Anspannung aus ihr wich. Charna wiegte sie wie ein Kind in den Armen. Seraphia beruhigte sich endlich und hob schließlich den Kopf. Behutsam wischte Charna die Tränen von ihren Wangen und sah sie besorgt an.
»Ich werde dich nicht allein lassen. Wir werden gemeinsam das Rätsel lösen, das hinter dieser ganzen Sache steckt. Wir werden einen Weg finden, dir diese schreckliche Bürde von den Schultern zu nehmen, oder sie zumindest so erträglich zu machen, dass du nicht verzweifeln musst.«
Seraphia kniff die Lippen zusammen und sah Charna nickend in die Augen.
Die Hohepriesterin atmete tief ein küsste sie auf die Stirn. »Wo soll ich anfangen, Sera? Ganz Kabal ist im Chaos und die Probleme wachsen mir über den Kopf. Etwas Hilfe wäre jetzt nicht schlecht.«
Seraphia seufzte und wischte sich mit einem Ärmel über die feuchte Nase. Sie lächelte entschuldigend. »Was kann ich tun?«
Charna lachte leise und strich ihr durch die Haare. »Du bist ein liebes Wesen, Sera. Im Moment kannst du mir vertrauen und in meiner Nähe bleiben. Zögere nicht, mich an mein Versprechen zu erinnern. Ich bin nicht ganz ich selbst gewesen, in den letzten Tagen. Wer weiß, was noch geschehen mag. Wir müssen jetzt die Probleme begreifen, die unmittelbar vor uns liegen und sehen, wie sich
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