Das Feuer Kabals
war nicht die einzige Versuchung, auf die sie hier traf. Sie liebte die Arbeit eines jungen, charmanten und auf verwegene Art gutaussehenden Silberschmieds, der besondere Haarkämme anfertigte, die er mit dem roten Perlmutt der Dschajna-Muscheln verzierte. Er warf ihr einen langen Blick zu, schon bevor sie seinen Stand erreicht hatte. Kujaan konnte nicht anders, als einen Moment innehalten und in der Auslage stöbern. Sewenas, der Handwerker, der die Kämme anfertigte, begrüßte sie lächelnd. Er kannte Kujaan bereits. Heute legte er seine Arbeit beiseite, holte etwas aus einer Schatulle und trat zu ihr.
»Es scheint, Ihr seid an meinen Kämmen interessiert.«
Kujaan lächelte. »Sie sind wunderschön! Ich muss noch etwas sparen, aber in den nächsten Wochen komme ich vorbei und dann …«, sie hielt überrascht inne, als der junge Silberschmied etwas aus einem Tuch nahm und in ihr schwarzes, hochgestecktes Haar schob. Seine Hände waren kräftig, aber feinfühlig. Er nahm einen Spiegel vom Tisch und übergab ihn Kujaan.
Sie sah den Kamm und riss überwältigt die Augen auf, als sie die filigranen Muster begutachtete. Das dunkelrot und besonders tief leuchtende, makellose Perlmutt in ihrem dunklen Haar schimmerte unvergleichlich. »Oh! Das ist der mit Abstand schönste Kamm, den ihr bisher gemacht habt, Meister!«
»Es ist ein außergewöhnliches Einzelstück. Die Dschajna-Muschel, die dafür ihr Perlmutt spendete, war schwarz. Die Muscheltaucher und Fischer sagen, dies wäre die Königin der Dschajna-Muscheln. Die letzte Muschel dieser Art wurde zu einem Diadem verarbeitet, das ein verliebter Ehemann seiner Braut zu Verlobung gab. Sie lebten lange und glücklich zusammen. Später zeugten sie einen Sohn, der beschloss, seinen Beruf als Krieger zugunsten seiner Leidenschaft aufzugeben.«
Kujaan hing an den Lippen des lächelnden Mannes, der den Sitz des Kammes prüfte und dabei auch seinen Blick an ihrem Hals entlanggleiten ließ.
»Und für welche Leidenschaft gibt ein Krieger seinen Beruf auf?«, fragte Kujaan leise.
»Das Silberschmieden natürlich«, sagte Sewenas lachend.
»Dieser Silberschmied, der einst ein Krieger war, trägt den Namen Sewenas?«
Der Silberschmied, der tatsächlich einst ein Krieger war, lächelte und Kujaan sah ihm einige Momente lang in die Augen, bevor sie den Blick senkte.
»Ihr seid ein geschickter Verkäufer, aber ich habe das Geld für diesen Kamm nicht.«
Sewenas warf ihr einen Blick zu, den sie nicht deuten konnte und Kujaan wurde etwas nervös. Sie machte Anstalten, den Kamm aus ihren Haaren zu entfernen, doch er legte seine Hand auf ihre. Kujaan schluckte. Seine Berührung ließ sie zittern.
»Das kann ich nicht annehmen! Wirklich. Das …«
Sewenas legte ihr einen Finger auf den Mund und schüttelte langsam den Kopf. Kujaan war sprachlos, doch Sewenas füllte die Stille mit leisen Worten.
»Tragt den Kamm für mich! Und falls Ihr möchtet, besucht mich, wenn Ihr von Eurer Reise zurück seid. Bitte!«
Kujaan lächelte und fühlte sich, als würde sie über dem Boden schweben. Sie gab Sewenas einen Kuss auf den Mund und freute sich diebisch, als sie ihn mit einem verblüfften Ausdruck stehen ließ. Sie packte ihre Tasche und winkte ihm zu, als sie ging. Sewenas sah ihr mit leuchtenden Augen hinterher, als sie in einen Tunnel bog.
Ich werde ihm etwas Schönes von Kitaun mitbringen! Ich weiß gerade nicht, ob ich nicht lieber hier bliebe! Aber nein! Die Reise wird bestimmt spannend und aufregend. Und wenn ich zurück bin, wird es noch aufregender mit Sewenas!
Kujaan erreichte in euphorischer Stimmung das Innere Sanctum und absolvierte die rituelle Reinigung mit routinierter Schnelligkeit. Eine Adeptin hatte bereits Anweisungen erhalten und nahm ihr das Gepäck ab, brachte es zum Portal. Eine Ordensschwester verriet ihr, dass die Äbtissin Kujaan bat, beim Portal zu warten. Alle wirkten so verbissen und angespannt, doch Kujaan konnte sich ihre gute Laune durch nichts trüben lassen. Sie betrat die heiligen Hallen und erschrak. Eine Präsenz war anwesend.
Kann es sein? Unsere Göttin ist in Idrak?
Kujaan drehte sich um und sah die Flammen in den Schalen am Eingang brennen. Sie loderten ausschließlich, wenn Sarinaca im Tempel war. Kujaan hatte es in ihrer Aufregung und Vorfreude völlig übersehen. Sie fummelte nervös an ihrem Haar, blieb mit den Fingern an dem Kamm hängen und wusste nicht, wohin damit, da sie dem Protokoll entsprechend keine Robe trug. Sie zupfte
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