Das Filmbett
schweigsamer Manager hatte einen bemerkenswerten
hübschen Sekretär, der ihn auf allen Gastspielreisen, die ihn mit der
Primadonna assoluta um die Welt führten, begleitete und der den für uns
ungewöhnlichen Namen Miltiades trug.
Irenes Nachkriegskarriere haben
wir bereits kurz erwähnt. Als Choreographin des Zweiten Deutschen Fernsehens
war sie zuletzt verantwortlich für eine Show, in der der Sender den
»offiziellen« Teil der Lebensgeschichte des berühmten Opernstars als Feature
zur Ausstrahlung brachte.
Swantje oder
Die Erfolgsleiter des Schaugeschäftes
Ihr Name war Swantje und sie
bezeichnete sich selbst als eine Hure. Sie äußerte dies unbefangen und ohne
Selbstanklage.
Sie hieß tatsächlich — standesamtlich
eingetragen — Swantje und mit vollem Namen Swantje Konvalinka. Sie stammte
weder — wie ihr Vorname vermuten ließ — aus Holland, noch aus dem
Niedersächsischen oder aus Schleswig-Holstein, wenngleich sie in Hamburg das
Licht der Halbwelt erblickt hatte. Und zwar im Kiez, in den Hinterhofgassen der
Reeperbahn. Ihre Mutter war ein vom burgenländischen Neusiedlersee
ausgerissenes Mädchen bescheidener Herkunft, das von einem Zuhälter auf dem
Babystrich des Wiener Neuen Marktes — diesem schönen Platz mit dem
Barockbrunnen Andreas Donners — aufgegriffen und mit massiven Drohungen und mit
Hilfe einer rechtzeitigen Drogenspritze widerstandslos über die bundesdeutschen
Grenzen auf die schiefe Reeperbahn verbracht worden war. Hier hatte der
Zuhälter Konvalinka in engem Verbund mit Kollegen österreichischer Provenienz
eine stattliche Quadrille zweibeiniger Lippizanerstuten aufgestellt, Pferdchen,
die sie für sich laufen ließen, Mädchen also aus den ehemaligen Kronländern,
die sie mit den harten, aber wirksamen Dressurmethoden der spanischen
Reitschule so zuritten, daß ihre bravourösen Leistungen den neuesten
Errungenschaften des Milieus, den asiatischen Fertigkeiten der Liebesmädchen
aus Vietnam, Thailand und Kambodscha durchaus gleichwertig wurden.
Ein Zwist, bei dem das weißhäutige
Pferdchen von der ungarischen Grenze den Prozentsatz seiner Einnahmen dem
Beschützer streitig zu machen suchte, brachte ihr einige Messerstiche an der
Wange ein, die sie einem Teil ihrer Kunden durchaus interessant machten und
darüber hinaus dazu führten, daß sie von Konvalinka geheiratet wurde, wodurch
sich ihre juristische Situation bei einer Aussageverweigerung in einem längst
anfälligen Prozeß vor den Strafrichtern zugunsten Konvalinkas entscheidend
änderte.
So kam Swantje legitim auf die
Welt. Ihren seltenen Vornamen verdankte sie der romantischen Verträumtheit
ihrer Mutter und deren ostmärkischer Neigung zur fremdartigen Geest- und
Dünenlandschaft, für die die Shantysängerin aus St. Pölten, Lolita, und der
Österreicher Freddy Quinn klassische Beispiele aus dem Schaugewerbe boten.
Bei dem bald nach ihrer Geburt
ausbrechenden Krieg zwischen Ottakring und der Großen Freiheit, zwischen
einheimischen und eingewanderten Loddels, der um die Dominanz auf der sündigen
Bannmeile rund um die berühmte Davidswache geführt wurde und bei dem Türken,
Perser und vor allem Österreicher aus der Brigittenau die Qualität
altherkömmlicher Gebrauchsgegenstände wie Stilette, Dolche, Klappmesser und
Totschläger sowie die modernsten Erzeugnisse der Handwaffenindustrie
tschechoslowakischer und Schweizer Herkunft erfolgreich am Mann erprobten,
gerieten die Eltern in einen Hinterhalt und kamen ums Leben. Swantje wurde
Waise und in ein Heim gebracht. Sie traf es — im Gegensatz zu manchen sozialen
Reportagen der Boulevardpresse — dabei gar nicht schlecht. Sie besuchte eine
Sonderschule, lernte Gitarre spielen und absolvierte die Schneiderinnenlehre
mit guten Ergebnissen. Mit vierzehn Jahren wurde sie — ohne nennenswerten
Widerstand — von ihrem Heimleiter entjungfert und entschloß sich — nach dieser
ersten schmerzhaften Liebeserfahrung — die daraus resultierenden Körperübungen
zu mögen und sie sich bei passenden Gelegenheiten nicht entgehen zu lassen. Sie
gehörte nie zur gefährdeten Jugend des Milieus, es gab keine Bambule und keine
Komplexe wegen mangelnder Streicheleinheiten. Sie hatte keine Neigung zum
Gammeln, verfiel nicht der Jugendprostitution aus Drogensucht oder dem Alkohol,
wurde weder — wie es dem kurzfristigen Zeittrend entsprach — ein Hippie noch
ein Jesuskind.
Sie hatte wenig Wesenhaftes von
ihren Eltern mitbekommen. Irgendwelche Erbanlagen mußten bei ihr
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