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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Generationen
übersprungen haben. Blauäugig und hellblond war sie eine sweete Deern von der
Wasserkante und konnte für eine Skandinavierin gehalten werden. Aber für eine
Schwedin war sie seelisch zu wenig verkrampft und für eine Dänin fehlte ihr die
verspielte, fröhliche Albernheit. Sie hatte nichts von der moldowalachischen
Balcanitá ihrer Mutter, nichts von dem öligen slowenischen Brutalcharme ihres
Vaters, nichts von dem köstlichen Aroma von Knoblauch und Mohnnudeln ihrer
slowakischen Großmutter oder dem magyarischen Zigeunerwesen ihres Großvaters.
Als sie mit sechzehn plötzlich — fast über Nacht — bildhübsch geworden war,
schien aus dem Schmelztiegel des ehemaligen Donauimperiums nichts auf sie
übergegangen zu sein, womit sie sowohl die Milieutheorie Hippolyth Taines wie
die Vererbungserkenntnisse der genetischen Wissenschaft ad absurdum führte.
Wenn man, was immer mißlich ist, nach einer pauschalen Entsprechung sucht, so
könnte man sie am ehesten mit jenen Maiden Helvetiens vergleichen, die, wenn
sie schön sind, sich gleich perfekter Schönheit erfreuen. Denn diese antiken
Saaltöchter, die im Schaugeschäft selten Spitze, hingegen erstaunliche
Stabilität und Dauerhaftigkeit zeigen, haben kräftige, aber elegante Lehmbruck-
und Kolbefiguren, ohne jene Akzente aufzuweisen, die mit der Zeitmode wechseln
und von der Frau mal Wespentaillen, mal eine knabenhafte, busenlose Silhouette,
mal Mammellen italienischer Familienmütter verlangen — oder einen
Hottentottensteiß. Diese klassischen Heben, Made in Switzerland, demonstrieren,
wenn sie erst dem stockkonservativen Kantönligeist entronnen sind, universale
Urbanität, Chic und Sprachversiertheit. Mondäne Bäuerinnen von hellenischer
Haltung, bodenverwurzelte Kosmopolitinnen mit dem Pli der großen Welt, die eine
freundliche Bereitschaft, erotisch dienstbar zu sein, mit dem leichten Flair
von au Pair zu verbinden wissen. Gesund und nach Seife duftend, verleugnen sie
nicht den guten Erdgeschmack ihres schönen Landes und entbehren der
pathologischen kosmetischen Asepsis der Angelsächsinnen, die man erst aus einer
imaginären Plastikhülle herausoperieren muß. Diese emanzipierten,
vollweiblichen eidgenössischen Junggesellinnen, die alle calvinistischen oder
christkatholischen Konventionalitäten abgestreift haben wie eine Schlange ihre
Haut, verlieren die Reste alpiner Schwerfälligkeit, sobald sie ihr heimatliches
Idiom ablegen und es mit Pariser Savoir vivre auswechseln.
    Wir sagten bereits, daß Swantje
sich selbst als Hure bezeichnete. Aber sie hatte in ihrem ganzen
abwechslungsreichen Leben nichts von der Geschäftsfrau an sich, deren einzige
Ware ihr eigener Körper ist, mit dem sie je nach Marktlage Wucher oder
wohlfeile Verschwendung trieb. Sie gehörte nicht zu jenen Prostituierten, die
sich einreden, demnächst damit zu beginnen, ihren Liebeslohn auf die Sparkasse
zu tragen, um später mit dem Kauf einer Boutique die Altersversorgung für ein
anständiges Leben zu sichern. Sie war auch kein seelischer Contergankrüppel,
dessen Gefühlsarmut sie alles Körperliche stumpfsinnig ertragen ließ, solange
sie nur die starke Hand des Luden fühlte, der sie hielt und schlug.
    Swantje, als Produkt eines
permissiven Lebensgefühles, genoß den Sex, ohne ihn mit dem Begriff Liebe zu
verbinden. Sie schlief, mit wem sie wollte, wenn sie — wie sie gleichmütig
sagte — »die Ritze juckte«, und schlief mit dem, der ihr die pragmatische
Nützlichkeit eines solchen Vorganges klarzumachen verstand. Sie hatte irgendwo
einmal gelesen, daß das Leben ein Strom sei, auf dem Handel getrieben werde.
Der Satz gefiel ihr und sie handelte unbewußt danach. Als Kind der
Leistungsgesellschaft dachte sie nicht daran, sich zu verschenken, sie war der
Ansicht, daß sich Dienste jeder Art bezahlt machen müssen, umsonst nur der Tod
sei und dieser das Begräbnis koste. Sie war nicht auf Geld aus, sondern auf
Entgelt, auf Gegenleistung, auf Gegendienst. Eine Hand wäscht eben die andere.
Sie nahm sich keine Männer, sie ließ sich nehmen, wobei sie auf Lockung und
Anreiz, auf alle Koketterie verzichtete. Sie funktionierte im Sinne der freien
Marktwirtschaft nach Angebot und Nachfrage, kannte keine Forderung, keine Taxen
und Tarife, erstrebte aber einen Rechnungsausgleich von Debet und Saldo in
welcher Form auch immer, und insofern bezeichnete sie sich als Hure. Sie
schlief im Interessenaustausch mit Männern — nie mit Frauen.
    Ihre erotischen

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