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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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mit denen sie zusammenkam? Ach, die Tänzer ihrer Truppe — waren
sie denn anders als ihre Kolleginnen, mehr Frauen als Burschen, benutzten sie
nicht auch Gesichtspuder und gelegentlich sogar den Lippenstift? Und zeigten
sie nicht eine kaum verhohlene Abweisung ihres Geschlechtes, das sie zumindest
etwas pointierter vor sich hertrug als die übrigen Mädchen?
    Und andere Männer kannte sie nicht
und wollte sie nicht kennenlernen, sie hatte von wenigen zufälligen Begegnungen
mehr als genug. Männer, das wußte sie, lenken ab von Beruf, Aufgabe und
Mission, sie stören die Ausrichtung auf ein künstlerisches Ziel...
    Sie seufzte — und da auf der
Piazza die schräggestellten Tischchen der Cafés aufgerichtet, die Stuhlsitze
abgetrocknet und mit bunten Kissen bedeckt wurden und sich Gruppen
niedergelassen hatten, hielt es sie nicht länger in ihrem Zimmer, sie schlüpfte
in eines ihrer kurzen Sommerkleidchen, angelte mit ihren Zehen nach ihren
Sandaletten, ergriff die Handtasche, zählte — zum wievielten Male? — ihre
Barschaft, wobei sie die kleinen Fünfzig-Rappen-Stücke so hübsch fand, daß sie
in Versuchung geriet, sie zu sammeln, um sich daraus ein Zigeunerarmband machen
zu lassen, kam zum Entschluß, daß sie sich ohne weiteres einen Espresso — so
nannte man hier wohl einen starken Kaffee — leisten könne, zumal der
Reiseproviant der Tante noch für einige Mahlzeiten vorhalten würde und sie
ohnedies, wie es hier üblich war, tagsüber von billigem Obst leben wollte
(wobei sie noch die Befriedigung genoß, die beiden Schlangen an ihrem Busen
nicht zusätzlich zu nähren... Nein, diese dazu noch unzutreffende Metapher war
schlecht und eines gescheiten Mädchens, wie sie es war, nicht würdig). Sie
kicherte und war schon aus dem Zimmer.
    Ascona war in den zwanziger Jahren
zweifellos einer der seltsamsten Flecken dieses Erdteiles. Ein schlichtes
Fischerdorf — wir sagten es bereits — , aber bewohnt von den merkwürdigsten
Leutchen der ganzen Welt. Oben, am Abhang des Ortes, hatten schon vor mehr als
einem Jahrzehnt einige Sonderlinge versucht neue Lebensformen zu finden. Auf
dem Monte Verità wollte man neuen zwischenmenschlichen Beziehungen einen Garten
Eden schaffen. Liberalität und Toleranz sollten über die Tabus eines
zusammengebrochenen bürgerlichen Sittengefüges herrschen, Freikörperkultur und
Naturaposteltum schlugen hier die ersten Wurzeln, weltanschauliche Sektiererei
mischte sich mit moderner Lebensphilosophie, und all dieses Streben nach neuer
Ordnung hatte sein Ende gefunden in einer heillosen Unordnung, die einen
faszinierenden Charme ausstrahlte. Denn alle deklamatorisch verkündeten
Doktrinen lösten sich unter der Strahlkraft des pragmatischen südlichen Lebens
rasch wieder auf, wucherten aus, trieben neue Knospen, verdorrten und mutierten
zu anderen seltsamen Gewächsen. Hier war ein Klein-Damaskus, das manchen Saulus
zu einem Paulus machte, aber die Epistel, die von hier in die Welt
hinausgingen, waren keine Korintherbriefe und beileibe keine Philippiken. Denn
allzu schnell floß Süffisanz und Ironie in ihre Ergüsse. Eine Korona
geistvoller Spötter sorgte dafür, daß in den weltanschaulichen Fanatismus die
Infusorien und die Spaltpilze des Witzes eindrangen und seinen Ernst zunichte
machten. Hier las man Hermann Hesses »Demian« und bewältigte ihn als
jugendbündische Pfadfinderliteratur, man las die feine Prosa des baltischen
Edelmannes und schüttelreimte: »Als Gottes Atem leiser ging / schuf er den
Grafen Keyserling...« Hier tat man den ersten großen Guru der indischen
Literatur, Tagore, spöttisch als Rabindranath Gangeshofer ab.
    Nun, von alldem wußte unsere
Bianca nur wenig, als sie sich an einen kleinen Caféhaustisch vor ihrem Gasthof
setzte, ihre hübschen Beine übereinanderschlug und mit vorgegebener Sicherheit
beim Kellner »un espresso, por favore« bestellte. Der Camerière — es war der
Hausdiener, der ihr Gepäck auf das Zimmer gebracht hatte, er trug jetzt statt
der grünen Schürze eine weiße, seine vorher so schläfrigen Samtaugen waren zu
glühenden Kohlenstückchen geworden — beugte sich tief über die schöne Blondina
aus Deutschland, als er ihr das aromatische Getränk servierte. Sie hatte, um
ihre endgültige Emanzipation zu beweisen, eine lange Zigarettenspitze aus der
Handtasche gezogen, eine »Manoli privat« in diese gesteckt und heischte mit
einem Blick ihrer Veilchenaugen souverän-nonchalant Feuer. Er beeilte sich, ihr
dienstbar zu

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