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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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entrüstet. »Die habe isch doch nicht geliiiiebt -mit dene hab isch doch nur geschlafen ... dasch ischt etwas ganss anderesch. Isch war geil wie Affensseisse.« - Aber nach kurzem Nachdenken erhellte sich ihre Stirne wieder. »Oh, isch verschtehe - man muß nicht lieben, nur schlafe... na, dann...« Und ihre Welt war offensichtlich wieder in Ordnung.
    Blanche fand den Zeitpunkt gekommen, offiziell zu erwachen. Sie wurde herzlich und respektvoll begrüßt. Sie verlor über ihr angeblich so großartig verlaufenes Husarenstück kein Wort und man nahm - allerdings mit leichter Verdrossenheit - ihre Diskretion taktvoll zur Kenntnis. Sie erfuhr, daß sich die hier befindliche Gruppe irgendeinmal von der übrigen Gesellschaft abgespalten hatte, daß man sie mitgenommen habe, als man sie schlafend im Wagen fand, hierher, wo der Sonnenaufgang am schönsten war, zu der besten und teuersten Freundin, die ein Mädchen aus Ascona haben konnte, dem einzigen wahren Kameraden - einem knorkken Kumpel, wie die Berlinerin meinte, un vrai copain - und damit wurde sie der Heinzelfrau vorgestellt, die Walentina Camarescu hieß. - »Sage aber nicht WC zu mir, wie diese bösen Mädchen es gelegentlich tun«, ließ diese sich selbst vernehmen. »Viola: l'innocente infernale ... Blancheneige als femme fatale ... o quel drôle de drame ... Ich bin entzickt ... ma Petite, tu est ravissante. Du bist ein kleiner filou ... ein Gamin maleducaté ...«, und dabei strich sie ihr liebevoll über das Haar und gab ihr mit zwei Fingern einen leichten Backenstreich. »Quelle piraterie ... moi, je suis une femme pederaste, vous savez - wenn du weißt, was ich meine ...« Blanche wußte es zwar nicht, nickte jedoch auf alle Fälle.
    »Willst du etwas essen?« - Blanche lehnte dankend ab, sie hätte keinen Hunger, und futterte infolgedessen nur einen männerhandgroßen Block Käse, vier Landjäger und stopfte eine halbe Flöte des köstlichen Weißbrotes in sich hinein.
    »Oh, sie ist gierig, sie nimmt, was sie kriegt... Ça me plait«, sagte Walentina. »Elle à la nature d'un corsaire!«
    Irgend etwas begann in Blanche zu ticken ... natürlich der Freibeuter, der unverschämte Prinz, und genüßlich kauend, aber eingedenk ihrer künftigen Rolle als Männerfresserin, fragte sie völlig beiläufig nach einem Prinzen, der sich ihr gestern genähert habe.
    O nein, einen Prinzen gäbe es zur Zeit nicht in Ascona, einige deutsche Grafen und Barone könne man bieten, einen vertrottelten österreichischen Edlen von und zu, zwei hoffnungslos homosexuelle Earls, das einzige Ehepaar am Ort, das sich treu sei, zwei Marquis, einen Marchese. Ja, und natürlich die Prinzessin. Die Prinzessin? Ja, hier, Walentina Camarescu, die rumänische Prinzessin, Bildhauerin, Malerin, Kunstgewerblerin, Wahrzeichen von Ascona seit Anbeginn, aber der Prinz lebe in Berlin, schreibe Drehbücher, empfange seine Mitarbeiter in Damenkleidern und lasse sich von ihnen die Hand küssen ... Nein, Prinzen gäbe es zur Zeit nicht ...,
    aber man bekäme sicher bald wieder einen herein (so die Berlinerin).
    Also hatte sie doch recht gehabt - dieser Hochstapler -, aber dem wollte sie es schon zeigen, der sollte sie kennenlernen.
    Die Mädchen beschlossen, sich in die Sonne zu legen, hier, in der Bergeseinsamkeit, tout à fait nu comme un verge - um die negativen Schattenrisse ihrer Badeanzüge von ihrer Körperhaut zu tilgen. Blanche wollte mit, aber die Heinzelfrau hielt sie - recht autoritativ - zurück: »Tu reste.« Und die souveräne Femme fatale gehorchte wie ein Schulmädchen.
    »Petite tricheuse«, raunte Walentina ihr ins Ohr, »du bist gar keine fille diabolique, sondern eine kleine Prinzessin Rührmichnichtan - aber du gefällst mir trotzdem, komm mit!«
    Sie führte sie in einen großen Nebenraum, der nach Norden gelegen war, einem Studio mit Plastiken, Schnitzereien, Bildern, Skizzen, Spannrahmen, wo es gut nach Farbe, Terpentin und feuchtem Ton roch. Blanche schnupperte angeregt.
    »Ich werde dich modellieren ... zieh dich aus!« sagte die Prinzessin recht dezidiert, und Blancheneige folgte gehorsam den Befehlen der Märchenhexe. Als sie aber das Kleid über den Kopf streifte, erkannte sie, daß sie unten bereits im Freien stand. Und sie begriff, daß ihr Schlüpfer, von ihrer Tante sorgsam mit gesticktem Monogramm versehen, am Tatort ihrer kühnen Libertinage zurückgeblieben sein mußte und sicher als Hauptindiz ihrer erfolgreichen Niederlage gedient hatte.
    »Delicieux ...

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