Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Finale

Das Finale

Titel: Das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
einfach nicht, dass
alle Kollegen bei immer dünner werdender Personaldecke am Rande der Erschöpfung
arbeiten.«
    »Ich bin nicht die
Beschwerdestelle«, erwiderte Frauke. Dabei klang ihre Stimme aber eine Spur
versöhnlicher. »Auf geht’s«, sagte sie zu den Männern und ging voran.
    Das Innere des
Hauses war verwinkelt und eng. Sie mussten eine Weile suchen, bis sie eine
schlichte Holztür fanden, an der ein Zwilling des Schilds vom Gebäudeeingang
angebracht war. Sie klopfte kurz an, um im selben Augenblick schon die Tür
aufzureißen.
    In einem kleinen
Büro saßen an zwei sich gegenüberstehenden Schreibtischen eine ältere Frau mit
deutlich gefärbten schwarzen Haaren und ein zur Rundlichkeit neigender Mann mit
lichtem Haupthaar. Über einem am Kragen offenen Sporthemd trug er einen Strickpullunder.
    Beide erschraken,
als die acht Beamten in den engen Raum drängten. Der Mann hatte gerade von
einem belegten Brötchen abgebissen, während seine rechte Hand die Bildzeitung
hielt. Die Frau war im Begriff, einen Schluck Kaffee zu trinken.
    »Polizei«, sagte
Frauke. »Lassen Sie alle Arbeiten sofort liegen, berühren Sie nicht mehr Ihre
Computer und telefonieren Sie nicht.«
    »Die sehen nicht
aus, als würden sie gerade mitten in der Arbeit sein«, knurrte Putensenf. »Und
dann lästern die Leute immer über uns angeblich so faule Beamte.«
    »Was ‘n los?«,
fragte der Mann. Das Erschrecken stand ihm immer noch ins Gesicht geschrieben.
    »Wir haben einen
Durchsuchungsbeschluss«, verkündete Frauke. »Wo ist der Verantwortliche?«
    »Welcher
Verantwortliche?«, stammelte der Mann.
    »Die
Geschäftsführer.«
    »Die sind nicht
hier.«
    »Und wer vertritt
sie?«
    »Niemand.«
    »Wo sind die anderen
Mitarbeiter und Räume?«, fragte Frauke, da von dem engen Büro keine weiteren
Türen abgingen.
    »Welche anderen?«
Der Mann schien Frauke nicht zu verstehen.
    »Der Rest der
Belegschaft der zahlreichen Firmen, die hier residieren?«
    »Na wir«, sagte der
Mann, der langsam seine Fassung zurückgewann.
    »Herr …?« Frauke sah
ihn an.
    »Blumenberg.«
    »Sie wollen nicht
behaupten, dass Sie beide das gesamte Personal aller Unternehmen
repräsentieren, die draußen auf dem Schild aufgeführt sind?«
    »Doch.«
    »Wie heißt Ihr
Geschäftsführer?«, fragte Frauke.
    »Gasparone«,
erwiderte der Angestellte.
    Frauke und Putensenf
fingen gleichzeitig an zu lachen.
    »Wirklich?«, fragte
Putensenf glucksend.
    »Was ist daran
lustig?« Blumenberg hatte die Hände in die Hüften gestemmt. »Vittorio
Gasparone. Ein ehrenwerter Geschäftsmann. Nicht wahr, Dora?« Er sah seine Kollegin
an, die heftig nickte.
    »Gasparone ist die
Titelfigur einer Operette von Carl Millöcker«, klärte ihn Putensenf auf. »Das
ist ein berüchtigter Räuberhauptmann, der mit seiner Bande auf dem
italienischen Festland sein Unwesen treibt. Allerdings taucht die Figur nie
wirklich auf. Es ist immer nur die Rede von ihm.«
    »Das ist nicht
lustig«, sagte Blumenberg erneut. »Unser Chef ist ein hochanständiger,
ehrenwerter Mensch.«
    »Darum spricht man
ja auch von der ehrenwerten Gesellschaft«, lachte Frauke leise.
    »Bitte?«
    »Nichts«, antwortete
Putensenf an ihrer Stelle. »Und wie heißen die Geschäftsführer der anderen
Gesellschaften?«
    »Na! Das ist auch
Herr Gasparone.«
    »Und das ist Ihnen
nie merkwürdig vorgekommen?«
    »Wieso denn? Wir
machen unsere Arbeit, bekommen pünktlich unser Geld und haben nichts
auszustehen. Es ist ein angenehmes Betriebsklima. Unser Chef hat zuvorkommende
Umgangsformen. Außerdem …« Blumenberg brach mitten im Satz ab.
    »Was außerdem?«,
hakte Frauke nach.
    »Außerdem«, fuhr
Blumenberg ein wenig leiser fort, »hat man Dora und mir eine neue Chance
gegeben. Sie ist fast sechzig, ich bin drüber. Unser alter Arbeitgeber ist den
Bach runter. Fine. Wer nimmt so alte Säcke? Niemand.«
Blumenberg ruderte mit seinen Armen in der Luft herum. »Da schreit alle Welt
was vom Fachkräftemangel, aber alte Hasen wie uns will keiner. Nee,
Herrschaften. Da sind die Itaker anders. Da hat keiner nach dem Alter gefragt.
Und nun kommen Sie und wollen alles kaputt machen.« Blumenberg winkte ab. »Haun
Sie bloß ab. Hier ist alles in Ordnung. Blitzblank. Sie können sich jede
Buchungszeile ansehen. Stimmt alles.«
    Es war wieder ein
genialer Schachzug der Organisation. Man hatte Menschen rekrutiert, die dankbar
waren. Leute wie Blumenberg und seine Kollegin würden für ihre Arbeitgeber
durchs Feuer gehen. Sie

Weitere Kostenlose Bücher