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Das Finale

Das Finale

Titel: Das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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würde er sich nicht trauen, die
Rückenlehne des Stuhls zu benutzen. Dort, wo Längs- und Quergang sich kreuzten,
stand einer der Täter, wechselte nervös von einem Bein aufs andere und sah sich
in alle Richtungen um. Er hatte von dort einen guten Überblick und hatte auch
den Eingang unter Beobachtung. Es war nicht möglich, sich ihm unentdeckt zu
nähern. Andererseits, überlegte Frauke, war der Mann auch ohne Deckung.
    Frauke betrachtete
ihn. Es war ein noch junger Mann mit einer blühenden Akne im Gesicht. An seiner
Wange klebte getrocknetes Blut. Er trug eine Maschinenpistole, die er immer
wieder auf imaginäre Ziele richtete und mit der er einen Schusswechsel
simulierte. Leider war auch der Pförtner eines seiner Zielobjekte. Die Lippen
bewegten sich ununterbrochen, ohne dass der Mann sprach. Deutlich war ihm die
Anspannung anzumerken.
    Frauke hielt ihn
nicht für einen kaltblütigen Geiselnehmer. Die Angst stand ihm ins Gesicht
geschrieben. Er hielt weder ein Funkgerät noch ein Mobiltelefon in der Hand.
Wie amateurhaft gingen die Täter vor?, dachte Frauke. Sie schienen nicht einmal
untereinander in Kontakt zu stehen.
    Frauke zog sich
einen halben Meter zurück und erläuterte Schwarczer ihren Plan. Schwarczer
nickte. Dann tauschten sie die Plätze, und der junge Kommissar legte sich flach
auf den Fliesenfußboden, kroch bis zur Ecke und sah um sie herum. In seiner
Hand hielt er den Gegenstand, den Frauke ihrer Handtasche entnommen und ihm
ausgehändigt hatte.
    ***
    Dieter
Eigenbrodt las den Zettel. Dabei bewegten sich leise seine Lippen.
    »Mach schon«,
drängte Lunardini.
    Der Redakteur sah
ihn an. »Ihr habt wirklich keine Ahnung, was? Ich muss mich damit vertraut
machen, den Inhalt aufnehmen. So schnell geht das nicht.«
    »Doch. Mach keine
Faxen.«
    Eigenbrodt las den
Text noch einmal, dann strich er den Zettel glatt, straffte sich, räusperte
sich mehrfach und las laut: »Hier ist Radio Hannover. Wir sind von der
demokratischen Volksfront besetzt. In deren Namen fordern wir die sofortige
Freilassung unserer folgenden widerrechtlich inhaftierten Freunde: Bernd
Richter, ein aufrichtiger und ehrlicher Beamter, der der Korruption seiner
Vorgesetzten auf die Schliche gekommen ist und die Missstände angeprangert
hat …«
    Eigenbrodt hielt
inne.
    »Was soll das
bringen, wenn wir das ins Programm nehmen? Wir sind für Nachrichten da,
objektive Informationen. Entscheidungen müssen andere treffen. Die
Staatsanwaltschaft, der Innenminister, der Polizeipräsident.«
    Lunardini nagte an
seiner Unterlippe. »Los«, befahl er schließlich. »Dann sagst du zusätzlich, die
sollen alle herkommen. Sofort. Sonst fließt Blut.« Um seine Forderung zu
unterstreichen, stieß er Eigenbrodt so schmerzhaft den Lauf der Waffe in die
Rippen, dass es knackte. Der Redakteur krümmte sich zusammen und hielt sich die
Rippen.
    »Stell dich nicht
an. Das war gar nichts gemessen an dem, was dich sonst noch erwartet. Oder ihn
da.« Die Waffe schwenkte kurz zu Peter Wolffsohn hinüber.
    »Außerdem ist das
falsch.« Eigenbrodt wies auf den Text. »Wir sind nicht Radio Hannover, sondern NDR  1 Niedersachsen. Wenn wir einen falschen Namen
benutzen, weiß doch niemand da draußen, an wen er sich wenden muss.«
    Erneut nagte
Lunardini an der Unterlippe. Dann sah er Buffolo an, als würde er sich von ihm
Hilfe erwarten. »Mach den Text richtig«, befahl er.
    Eigenbrodt nahm
einen Schreiber zur Hand und begann, den Text zu überarbeiten. Er strich Worte,
überschrieb andere Textteile und begann leise zu fluchen.
    »Was ist?«, fragte
Lunardini und beugte sich über Eigenbrodts Schulter.
    Der Redakteur zeigte
dem Italiener das unleserliche Durcheinander. »So kommt es«, schimpfte er,
»wenn man unter Druck gesetzt wird. Und wenn wir vor das Mikrofon treten, soll
es doch professionell und glaubwürdig klingen. Sonst nimmt euch keiner ernst.«
    Lunardini trat von
einem Fuß auf den anderen. »Zwei Minuten«, befahl er und setzte die Waffe an
Wolffsohns Schläfe an.
    Eigenbrodt nahm ein
leeres Blatt und schrieb den Text nieder.
    »Und jetzt sendest
du das«, schrie ihn Lunardini an.
    »Ich muss noch –«
    »Gar nichts musst
du. Nur senden. Los jetzt.«
    Der Redakteur zog
das Mikrofon zu sich heran, sagte: »Eins, zwei«, veränderte die Stellung,
rückte das Blatt zurecht, räusperte sich noch einmal und begann zu sprechen:
    »Zwei mit
Maschinenpistolen und Handgranaten bewaffnete Männer italienischer Herkunft
haben heute das

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