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Das Finale

Das Finale

Titel: Das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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bei Fuß und warten auf Ihre
Anfrage.«
    »Doch«, erwiderte
Frauke knapp.
    Und es ging.
    Am frühen
Nachmittag setzte sich ihr Team mit zwei Fahrzeugen in Bewegung und fuhr zur
Justizvollzugsanstalt in der Schulenburger Landstraße. Frauke wies die drei
Beamten ein und unterzog sich selbst des üblichen Prozedere, um Zugang zum
Gefängnis zu erhalten. Ein Beamter führte sie durch endlose Gänge, öffnete und
schloss Zwischentüren, bis sie schließlich in der zuständigen Abteilung
ankamen.
    »Besuch«, sagte der
Beamte, der sie geführt hatte, und übergab sie einem Kollegen. Dem schlaksigen,
groß gewachsenen Mann schlotterte die grüne Uniform um den dürren Körper. Die
Ohren standen weit ab, die Wangenknochen stießen hervor. Aus seinen
Basedow-Augen musterte er Frauke vom Scheitel bis zur Sohle. An seiner Stimme
hatte sie ihn erkannt.
    »Knast? Mahlstedt?«,
fragte sie.
    Er lachte und
reichte ihr die Hand. »Dobermann? Und trotzdem Frau? Sie wollen zu unserem
First-Class-Kunden? Kommen Sie.«
    Sie folgte
Mahlstedt, bis der vor einer Zelle haltmachte. Die launigen Kommentare und ihr
geltenden Pfiffe der Insassen ignorierte sie.
    In dem engen Raum
roch es unangenehm nach menschlichen Ausdünstungen. Richter lag auf der
Pritsche und hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Träge blinzelte er
Frauke entgegen.
    »Herr Richter. Sie
haben Damenbesuch«, sagte Mahlstedt und trat zur Seite.
    »Leck mich doch«,
erwiderte Richter. Seine Wortwahl passte zu seinem ungepflegten Äußeren und dem
Gestank in der Zelle.
    »Würde ich gern,
aber später. Sie glauben nicht, wie es mir gegen den Strich geht, aber ich muss
Sie laufen lassen.«
    »Hä?« Richter kam in
die Höhe und stützte sich auf dem Ellenbogen ab.
    Frauke nahm eine
betont drohende Haltung ein. »Das kommt Sie teuer zu stehen. Das verspreche ich
Ihnen. Ich hole Sie zurück.«
    »Blöde Schnepfe.«
Der ehemalige Polizist setzte sich jetzt ganz auf. Dann zog ein schäbiges
Grinsen über die eingefallenen Wangen. »Hab ich doch gesagt.«
    »Das ist kein Sieg,
Richter, wenn Ihre Gang Sie durch Geiselnahme freipresst.«
    »Meine Gang?« Er sah
Mahlstedt an. »Tickt die Alte völlig aus?«
    »Halten Sie die
Klappe, Richter, bevor ich mich vergesse. Wenn es nicht um ein Menschenleben
ginge, würde ich Sie in der Hölle schmoren lassen.«
    »Mich? Nie wieder
sehen Sie mich hier.« Er spuckte auf den Boden. »Ich habe es Ihnen prophezeit.
Soll ich Ihnen noch mehr sagen? Ihr Requiem ist schon geschrieben. Haben Sie
jemals Karl May gelesen? Dessen Schilderungen von den Foltermethoden am
Marterpfahl waren human gemessen an dem, was Ihnen bevorsteht.«
    »Ihr Geschwätz ekelt
mich an. Was ich hier mache, geschieht gegen meinen Willen und meine
Überzeugung. Man hat an anderer Stelle entschieden, das Leben von Herbert
L’Arronge nicht aufs Spiel zu setzen, nachdem Ihre Leute uns erste Gliedmaßen
als Drohung zugeschickt haben.«
    Richter lachte. Es
klang fast wie eine Befreiung, während er hastig seine wenigen Sachen wahllos
in einen Plastikbeutel warf. »L’Arronge, diese Nullnummer? Ausgerechnet der? Da
sehen Sie, wie weit Sie gekommen sind. Der ist nicht einmal ein Mitläufer. Der
hatte keine Ahnung, für wen er gearbeitet hat.«
    Frauke tat, als
hätte sie Richters verbalen Ausbruch nicht gehört. Im Überschwang hatte der
sonst so vorsichtig agierende Mann gleich zwei wichtige Informationen
preisgegeben. Er kannte den Geschäftsführer. Das war ein weiterer Beweis dafür,
dass Richter zum engen Führungszirkel der Organisation gehörte und über Interna
informiert war. Außerdem hatte Frauke erfahren, dass der flüchtige L’Arronge
kein Mitglied der Organisation war, zumindest wusste Richter nichts von einer
möglichen Zugehörigkeit.
    »Los, kommen Sie in
die Hufe«, schnauzte sie Richter an. »Ihre Kumpel haben uns keine Zeit
gelassen.«
    Der ehemalige
Polizist sah sich nicht um, als er die Zelle verließ. Frauke entging nicht,
dass ihm andere Insassen Schmähungen und Drohungen hinterherriefen. Für Richter
war der Aufenthalt in der JVA sicher keine
angenehme Zeit gewesen.
    Man händigte ihm
seine persönlichen Wertgegenstände aus, darunter das Portemonnaie und sein
Handy.
    Richter fiel nicht
auf, dass es frisch aufgeladen war.
    Frauke begleitete ihn
bis zur Doppelschleuse. »Bis zum nächsten Mal«, verabschiedete sie ihn.
    Er lachte hämisch
auf. »Wenn ich Sie das nächste Mal wiedersehe, dann sind Sie eine Leiche.«
Richter musterte sie abschätzig.

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