Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
grüßten ihn. Luc versuchte zu schätzen, wie stark die Armee war, die sich hier sammelte. Wohin würden sie ziehen? Er gab das Zählen auf, als ihm bewusst wurde, dass er, ganz gleich was er tat, auf jeden Fall zum Verräter werden würde. Entweder betrog er die Neue Ritterschaft oder Gishild, der er geschworen hatte, sie zu beschützen.
Endlich erreichten sie die Pferdemänner. Fliegenschwärme umgaben die Reiterschar. Sie rochen nach altem Schweiß, nassem Pferdehaar und Dung. Die meisten trugen schlecht gepflegte Bärte. Ihre Haare waren ungekämmt und oft mit Lederbändern notdürftig zusammengebunden. Anstelle von Sätteln trugen sie Lastgeschirre, auf denen allerlei Habseligkeiten festgeschnallt waren. Kupferkessel und goldene Trinkpokale, aufgerollte Mäntel, Amphoren aus rotem Ton, die mit anzüglichen schwarzen Figuren bemalt waren, Säcke mit Bohnen und dick mit Salz eingeriebene Schinken. Dazu kamen Waffen aller Art. Die Griffe von Säbeln und Reiterschwertern ragten über ihren Schultern auf. Manche waren mit langen Lanzen bewaffnet. Eine Schar Kentauren, deren Leiber so massig wie die von Brauereipferden waren, trug seltsame
Kampfstäbe, an deren beiden Enden lange Schwertklingen funkelten. Diese Krieger machten einen etwas gepflegteren Eindruck. Sie trugen blank polierte Bronzekürasse und seltsam archaisch anmutende Helme, die Kämme aus bunt gefärbtem Rosshaar schmückten.
Der Kobold hatte hier und da ein Grußwort für einzelne der Kentauren übrig. Bald waren sie auf allen Seiten umringt von den Pferdemännern. Es mussten Hunderte sein, die durch das Tor aus Licht getreten waren, und immer noch kamen neue Grüppchen hinzu. Luc entging nicht, dass die meisten ihn mit unverhohlenem Missfallen betrachteten.
Der Kobold hielt auf einen Kentauren zu, der vor sich eine Bannerstange in den Boden gerammt hatte. Er hielt ein goldenes Trinkhorn in der Hand, das wie eine sich windende Schlange geformt war. Es war so groß, dass es wohl mehrere Flaschen Wein fasste. Der Krieger trank in tiefen Zügen. Ein dünnes rotes Rinnsal troff von seinen Mundwinkeln auf seine Brust.
Ein Pferdemann mit zerzaustem schwarzen Bart sah ihm dabei zu. Der Kerl sieht aus wie ein Wegelagerer, dachte Luc. Er trug ein Bandelier mit Pistolen quer über der Brust. In den Händen hielt er ein goldenes Horn, das wie eine nackte Frau mit einem Fischleib geformt war. Verlegen blickte Luc zum Himmel.
Eine Standarte, wie die Kentauren sie führten, hatte Luc noch nie gesehen. An die Fahnenstange war eine Querstange gebunden worden, so dass sie wie ein großes T aussah. Von der Querstange hingen große zerzauste Haarbüschel. Es gab rote und blonde Haare, auch schwarze und alle erdenklichen Braunschattierungen. Manche Haare waren zu Zöpfen geflochten. Die meisten jedoch waren kurz. Je länger Luc die Haare ansah, desto unwohler fühlte er sich.
»Einige ihrer Bräuche sind schon recht barbarisch«, bemerkte
der Kobold. »Du musst wissen, dass ihr Land an das Königreich der Trolle grenzt. Solche Nachbarn zu haben, verändert einen …«
»Du meinst, die Haare sind …« Luc mochte nicht aussprechen, was er dachte.
»Tja, ich fürchte, du siehst da eine Sammlung an Überresten von Ritterbrüdern. Allerdings nehmen sie nur die Haare von Anführern oder von Kriegern, die besonders tapfer gekämpft haben. Wenn du das jetzt aber für sonderlich unzivilisiert hältst, dann solltest du einmal zusehen, was Trolle nach der Schlacht tun. Da dreht es einem wirklich den Magen um, sag ich dir. Und ich stehe nicht in dem Ruf, zimperlich zu sein …«
Luc hob abwehrend die Hände. »Ich will es gar nicht wissen.«
Der Kentaur mit dem schwarzen Bart sagte etwas. Er sah Luc feindselig an. Erst jetzt bemerkte der Ritter die feinen, hellen Narben, die Brust und Arme des Kentaurenkriegers bedeckten. In wie vielen Schlachten er wohl schon gekämpft hatte?
»Darf ich vorstellen«, sagte der Kobold. »Das ist Appanasios. Und der Krieger mit dem Schlangenhorn ist Meliandros, sein Bannerträger.«
Luc verneigte sich knapp und nannte seinen Namen.
Als Antwort spuckte ihm der Schwarzbärtige vor die Füße.
»Ich glaube, Appanasios würde sich sehr freuen, wenn du nach dem Griff deines Rapiers greifst. Kentauren sind nicht dafür berühmt, sehr ritterlich zu kämpfen. Wahrscheinlich würde er dir den Kopf wegschießen, bevor du blank ziehen könntest.«
Luc sah den Pferdemann voller Verachtung an. »Und wie antwortet man auf so ungehobeltes
Weitere Kostenlose Bücher