Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
hatten ihren Befehl unverzüglich befolgt. Sie waren bereits beim Tor der Bastion und sicherten den Weg über die Brücke.
»Ich hasse das!«, fluchte Alexjei. »Wir hatten sie.«
»Nein, sie haben uns. Was nutzt es, ein paar Ritter zu töten, wenn wir dafür in Gefangenschaft geraten?«
»Was nutzt dieser ganze Krieg überhaupt?«, entgegnete der Fürst aus Drusna.
»Red nicht so!«, herrschte ihn Ingvar an, der Jarl von Aldarvik. Auch er hatte Seite an Seite mit den Pikenieren gefochten. »Wir verteidigen meine Stadt.«
»Verbrennen werden wir sie!«, zischte Alexjei. »Alles, was du retten willst, wird zerstört, weil wir es verteidigen. Du kennst doch den Befehl: Hinter uns werden die Häuser in Brand gesetzt. Damit halten wir die Ritter auf und können eine neue Verteidigungslinie am Silberufer errichten.«
Gishild sah, wie sich die Halsmuskeln des Jarls spannten. Seine Zähne schienen zu mahlen. Jarl Ingvar legte eine Hand auf die Schulter des Jungen, der die Nachricht von der drohenden Einkesselung gebracht hatte, und zog ihn mit sich.
Die Ritter blieben auf dem Wehrgang zurück. Sie machten keine Anstalten, ihnen zu folgen. Gishild trieb ihre Männer jetzt zu größerer Eile an. Einige hatten die langen Pikenstangen fallen gelassen.
Die Maurawan winkten sie über die Brücke. Die kleine Elfenschar hatte ihre Klingen in die Scheiden geschoben. Mit
schussbereitem Bogen sicherten sie den Übergang auf die Ringstraße hinter dem Wall. Gishild sah zwei Männer, die sich in einen Hauseingang zurückzogen.
Ein schwarzhaariger Maurawan hob den Bogen und zielte. Doch die Männer waren bereits in Deckung. Die Straße vor ihnen, die ins Herz der Stadt führte, war frei.
In der Ferne hörte Gishild Waffenlärm und das Grölen Betrunkener.
Ein Schuss krachte. Der Junge, der sie gerettet hatte, drehte sich wie ein Tänzer und sank gegen den Jarl. Ein blutiges Loch klaffte in seiner Brust.
Gishild blickte auf. Die Luft war voller Rauch von den Bränden. Der Schütze musste irgendwo in einem der Häuser vor ihnen versteckt sein.
Traurig sah sie zu dem Jungen. Sein Mund klaffte auf und zu. Die Hände waren um den Saum seiner abgetragenen Jacke geklammert. Er versuchte, sie über das Loch in seiner Brust zu ziehen, als schäme er sich, seiner Königin einen solchen Anblick zu bieten.
»Setzt die Häuser in Brand!«, rief Gishild. Der Befehl verschaffte ihnen Zeit und nahm den Rittern das, worum es ihnen in diesem Kampf inzwischen am meisten ging: Warme Quartiere für den Winter.
Einige ihrer Krieger trugen Fackelhölzer in den Gürteln. Die Häuser entlang der Straße waren in der Nacht auf ihre Vernichtung vorbereitet worden. Auf den hölzernen Treppen und Stiegen im Inneren waren Haufen aus zertrümmertem Holz und ölgetränkten Lumpen aufgetürmt. Von dort würden sich die Flammen schnell über Böden und Decken ausbreiten.
Ihre Brandstifter schwärmten aus. Gishild ging langsam die Straße zurück und ließ dabei die Brücke zur östlichen Bastion nicht aus den Augen. Die Ritter machten noch immer keinen Versuch, ihnen nachzusetzen.
Flüchtig blickte sie zu Ingvar. In seiner Miene las sie, wie sehr er darunter litt, tatenlos zusehen zu müssen, wie seine Königin befahl, einen ganzen Straßenzug in seiner Stadt den Flammen zu übergeben.
DER JÄGER
Sören hatte es immer schon gemocht, auf die Jagd zu gehen. In der Gesellschaft von anderen Menschen fühlte er sich meist nicht sonderlich wohl. Stets musste man mit Verrat rechnen. Er hatte für seine Sippe sehr viel Gold gemacht. Und er war Guthrums Liebling gewesen. Doch nach dessen Tod war alles schlechter geworden.
Er stieß den hölzernen Ladestock in seine Flinte. Es war keine Arkebuse, wie sie die Schützen unten im Gefecht benutzten. Diese Waffe mit den Perlmuttintarsien im Schaft war unvergleichlich kostbarer. Der Lauf war mit besonderer Sorgfalt gearbeitet; man konnte damit sehr viel besser zielen als mit einer herkömmlichen Arkebuse. Es war eine Waffe für Jäger. Für Adelige. Ein kleiner Schatz.
Er zog den Ladestock heraus und blies noch einmal auf die Lunte. Er hätte ein Radschloss haben können, aber er traute ihnen nicht. Sie waren zu empfindlich. Im entscheidenden Augenblick versagten sie. Einer Lunte, die man auf Pulver drückte, konnte nur ein schlimmer Regentag zum Verhängnis werden. Das war berechenbarer.
Sören richtete sich auf und achtete dabei darauf, dass man
ihn durch das Giebelfenster nicht sehen konnte. Er drückte sich
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