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Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Titel: Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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um Fernando sorgte.

DER ZWÖLFTE BRIEF

    Meine Liebe,
    ich weiß nicht, wie ich dir von dem schreiben soll, was ich zu berichten habe. Die Nacht neigt sich längst der Dämmerung zu, und bald werden mich die Elfen holen kommen. Viele Stunden starre ich nun schon auf dieses Pergament, doch statt zu schreiben, denke ich an die wunderbaren Stunden mit dir. An dich zu denken, erfüllt mich mit tiefem Frieden. Ich bin glücklich. Durch dich ist mein Leben reich geworden.
    Ich sitze in einer Kajüte auf einem Schiff der Elfen. Das Fenster ist aus buntem Glas. Am Horizont sehe ich einen ersten Lichtstreif, der durch das Fenster in hundert Farben erstrahlt. An Deck höre ich Schritte. Der Tag beginnt. Und meine Zeit
zu zaudern ist vorbei. Ich bin kein Dichter … Ich finde keine schönen Worte für das, was gesagt sein muss. Ich will dir keinen Schmerz bereiten. Bitte verzeih.
    An diesem Morgen wird Luth meinen Schicksalsfaden durchtrennen, so würdest du es wohl sagen. Ich bin in Vahan Calyd. Gemeinsam mit einem Ritterbruder und anderen treuen Kriegern der Kirche wird man mich hinrichten lassen, weil ich mein Schwert gegen die Anderen erhoben habe. Den gefangenen Seeleuten und Ruderern gegenüber lassen sie Gnade walten. Sie haben versprochen, dass sie freikommen werden. Ich hoffe, einer von ihnen wird diesen Brief in unsere Welt mitnehmen dürfen.
    Es ist seltsam. Ich empfinde keine Angst. Nur große Ruhe. All meine Gedanken sind bei dir. Ich wünschte, ich könnte dich noch einmal küssen und den Duft deiner Haare riechen.
    Ich weiß, dass du jetzt nichts davon wirst lesen wollen, aber habe Nachsicht mit mir. Ich möchte dir einen Rat mit auf den Weg geben. Ich tue es nicht, um dich zu belehren, und ich hoffe, du zürnst mir nicht. Meine Sorge um dich ist alles, was mich bewegt. Hüte dich vor den Anderen! Sie sind grausam zu uns Menschen. Ich werde nicht auf einem Richtplatz sterben. Und meine Gebeine werden niemals ihren Weg nach Valloncour finden. Eine Bitte habe ich. Sie mag dir ein wenig kindisch erscheinen, aber es ist ein Herzenswunsch von mir. Sollte dein Schicksal dich jemals zurück zur Ordensburg führen, besuche unseren Turm und lege eine Haarsträhne von dir in meinen Sarg und vielleicht, wenn du magst, einen letzten Brief für mich. Manche Philosophen behaupten, dass ein Teil von uns in dieser Welt verbleibt, solange wir eine Pflicht oder einen heiligen Eid nicht erfüllt haben. Ich habe dir einst geschworen, dein Ritter zu sein. Damals in den Klippen, an jenem Tag, an dem Daniel starb. Ich wollte dich immer schützen
und lieben. Nun hat das Leben anders entschieden. Jetzt bete ich, dass diese Philosophen nicht irren, auch wenn die Fragenden in ihren Thesen wohl Ketzerei sehen würden. Von ganzem Herzen wünsche ich mir, dass die Fragenden irren. Ich will an deiner Seite sein. Als Geist oder als ein Lufthauch. Ohne Gestalt und doch noch nicht ganz aus der Welt der Lebenden gerissen. Ich will dich schützen, auch über den Tod hinaus. Und ich bete, dass du dein Glück machst und deinen Frieden findest. Dann werde auch ich in Frieden gehen können.
    Bitte weine nicht, wenn du dies liest. Tränen sind nicht deine Art. Ich habe immer besonders dein Lachen geliebt. Wenn ich zurückdenke, kann ich mich an sieben verschiedene Arten erinnern, wie du lachst. Jetzt, da deine Augen diesen Zeilen folgen, bin ich schon an deiner Seite, wenn Tjured mir gnädig ist. Es ist zu spät, um noch einmal auf mein Henkersgerüst zu steigen. Ich lächele ohne Bitterkeit, wenn ich daran denke, wie naiv wir als Kinder in unserer Liebe waren, als wir fest glaubten, unser Schicksal würde sich unserer Liebe beugen. Mein Weg hat also letztlich doch zum Henker geführt. Doch ich bin stolz auf all die Stunden des Glücks, die wir dem Tod abgetrotzt haben.
    Immer wieder schweifen meine Gedanken zu jenem Sommerabend, an dem wir uns zum ersten Mal geküsst haben. Du bist zu mir hinauf in die Klippen gestiegen, wo ich schlief, und hast meinen Träumen gelauscht. Mein erster Kuss war nicht sehr gut, fürchte ich. Das ist kein Zweikampf, Luc, waren deine Worte. Und sie waren begleitet von deinem warmen, herzlichen Lachen, das nicht verletzt, sondern einlädt, darin einzufallen. Und dann hast du mich geküsst … Dein Lachen dieses Sommerabends wird in meinen Ohren klingen, wenn ich vor meinen Henker trete, und ich werde deinen Kuss auf meinen Lippen spüren. Es wird mir meinen letzten Weg leicht machen, denn du bist ja bei mir, in meinem

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