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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ein zweiköpfiger Oger aus, der ein Gewehr über der Schulter trug und einen dritten, blutigen Kopf in der Hand hielt. »Ich habe mich auch schon darüber gewundert«, sagte sie, um Beiläufigkeit bemüht. »Nachdem du mir - beim gathering diese ganze Geschichte mit seinem Brief erzählt hast.«
    Er sah sie scharf an.
    »Inwiefern gewundert?«
    Sie holte tief Luft und spürte, wie die Leinenbandagen ihr in die Brust kniffen.
    »Ich habe mich gefragt, warum ein Mann, der selbst weder Interesse am Reiten, noch am Schießen hatte, solchen Wert darauf gelegt hat, dass seine Tochter beides konnte. Ich meine, es war ja nicht gerade üblich für Mädchen.« Sie versuchte zu lachen. »Jedenfalls nicht in Boston.«
    Ein paar Sekunden lang war kein Geräusch zu hören außer dem Schlurfen ihrer Füße im trockenen Laub.
    »Himmel«, sagte Roger schließlich leise. »Er hat nach Jamie Fraser Ausschau gehalten. Das stand in seinem Brief.«
    »Und er hat einen Jamie Fraser gefunden. Das stand auch darin. Wir wissen nur nicht, ob es der Richtige war.« Sie hielt den Blick auf ihre Füße gerichtet, ständig auf der Hut vor Schlangen. Es gab Mokassinschlangen und Baumklapperschlangen hier im Wald; sie sah sie dann und wann beim Sonnenbaden auf Felsen oder Baumstämmen.
    Roger holte tief Luft und hob den Kopf.
    »Aye. Und jetzt fragst du dich, was er wohl sonst noch gefunden hat?«
    Sie nickte, ohne aufzusehen.
    »Vielleicht hat er ja mich gefunden«, sagte sie leise. Ihre Kehle war zugeschnürt. »Vielleicht hat er ja gewusst, dass ich zurückgehen würde, durch die Steine. Aber wenn es so war - hat er mir nichts davon erzählt.«
    Er blieb stehen und legte ihr die Hand auf den Arm, um sie zu ihm hinzudrehen.
    »Und vielleicht hat er ja auch gar nichts gewusst«, sagte er bestimmt. »Vielleicht hat er nur gedacht , dass du es versuchen würdest, falls du je von Fraser erfuhrst. Und falls du von ihm erfuhrst und gingst... dann wollte er, dass du in der Lage bist, dich zu schützen. Ich würde sagen, ganz gleich, was er gewusst hat, das hat er gewollt; dass du dich schützen kannst.« Er lächelte ein wenig schief. »So, wie du dir wünschst, dass ich mich schützen kann. Aye?«
    Sie seufzte tief auf und spürte, wie bei seinen Worten ein Trostgefühl über sie kam. Sie hatte nie daran gezweifelt, dass Frank Randall sie geliebt hatte,
während ihrer ganzen Jugendjahre nicht. Sie hatte auch jetzt nicht den Wunsch, daran zu zweifeln.
    »Aye«, sagte sie und stellte sich auf die Zehen, um ihn zu küssen.
    »Na schön«, sagte er und berührte sanft ihre Brust, dort, wo sich ein kleiner, feuchter Fleck auf dem Wildleder ihres Hemdes zeigte. »Jemmy hat bestimmt Hunger. Komm schon; Zeit, nach Hause zu gehen.«
    Sie wandten sich wieder um, stiegen den Berg hinab in das goldene Meer aus Kastanienblättern und sahen zu, wie ihre Schatten ihnen eng umschlungen voraus gingen.
    »Meinst du -«, begann sie und zögerte dann. Der eine Schattenkopf wandte sich dem anderen zu, um ihm zuzuhören.
    »Meinst du, Ian ist glücklich?«
    »Ich hoffe es«, erwiderte er und legte den Arm fester um sie. »Wenn er eine Frau wie dich hat - dann ist er es ganz bestimmt.«

21
    Falkenauge
    »Halt das vor dein linkes Auge und lies die kleinste Zeile vor, die du noch deutlich erkennen kannst.«
    Geduldig hielt sich Roger den Holzlöffel vor das eine Auge und kniff das andere zusammen, während er sich auf das Blatt Papier konzentrierte, das ich an die Küchentür geheftet hatte. Er stand im Eingangsflur, gleich an der Innenseite der Haustür, da der Korridor das einzige Stück Fußboden im Haus war, das länger als sechs Meter war.
    » Et tu, Brute ?«, las er. Er ließ den Löffel sinken, zog eine seiner dunklen Augenbrauen hoch und sah mich an. »Ich habe noch nie einen literarischen Sehtest gemacht.«
    »Nun ja, ich fand die ›f-e-5 -z-t-d‹-Reihen der üblichen Tests schon immer ziemlich langweilig«, sagte ich. Ich nahm das Blatt ab und drehte es um. »Das andere Auge, bitte. Was ist die kleinste Zeile, die du noch mühelos lesen kannst?«
    Er hielt sich den Löffel vor das andere Auge, blinzelte die fünf handgeschriebenen Zeilen an - deren Größe ich so ebenmäßig wie möglich verringert hatte - und las langsam die dritte Zeile.
    » Esst keine Zwiebeln . Woher ist das?«
    »Shakespeare natürlich«, sagte ich und machte mir eine Notiz. » Esst keine Zwiebeln noch Knoblauch, denn süß soll euer Atem sein . Das ist das Kleinste, was du lesen kannst,

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