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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wirkte. Mrs. Beardsley befreite sich aus meinem Griff und hielt schnellen Schrittes auf die Scheune zu. Sie warf einen Blick zurück zum Haus, dann rannte sie los und verschwand durch das offene Scheunentor, als seien böse Geister hinter ihr her.
    Ich bemerkte ihre Panik und wäre ihr fast nachgelaufen. Doch ich tat es nicht; ich blieb am Rand des Hofes stehen und wartete. Ich konnte spüren, wie mein Herzschlag langsam in meinen Ohren hämmerte. Auch das kam mir unwirklich vor.
    Schließlich erklang der Schuss, ein kurzes, flaches Geräusch, unbedeutend inmitten des leisen Blökens der Ziegen, das aus der Scheune kam, und des Raschelns der Hühner, die neben mir auf dem Boden scharrten. Kopf, fragte ich mich plötzlich, oder Herz? Ich erschauerte.
    Die Mittagsstunde war lange vorbei; die kalte, stille Luft des Morgens hatte sich erhoben, und ein kalter Wind fuhr über den Hof und wirbelte Staub und Heubüschel auf. Ich wartete. Er hatte sicher inne gehalten, dachte ich, um ein kurzes Gebet für Beardsleys Seele zu sprechen. Eine Minute verging, zwei, dann öffnete sich die Hintertür. Jamie kam heraus, ging ein paar Schritte, bückte sich und übergab sich.
    Ich setzte mich in Bewegung, für den Fall, dass er mich brauchte, doch nein. Er richtete sich auf und wischte sich den Mund ab, dann drehte er sich um und ging über den Hof von mir fort und auf den Wald zu.
    Ich fühlte mich plötzlich überflüssig und ganz merkwürdig beleidigt. Noch vor kurzem war ich ganz bei der Arbeit gewesen, vertieft in die Ausübung der Heilkunst. Verbunden mit Haut, mit Körper und Geist; meine Aufmerksamkeit auf die Symptome gerichtet, auf Puls und Atem, die Lebenszeichen.
Beardsley war mir alles andere als sympathisch gewesen, und doch hatte ich mich mit Leib und Seele in den Kampf um sein Leben gestürzt, um die Linderung seines Leidens. Ich konnte immer noch das seltsame Gefühl seiner schlaffen, warmen Haut unter meinen Händen spüren.
    Jetzt war mein Patient plötzlich tot, und ich fühlte mich, als hätte man mir ein kleines Stück meines Körpers amputiert. Wahrscheinlich stand ich leicht unter Schock.
    Ich blickte zum Haus, und mein ursprüngliches Gefühl der Vorsicht wich jetzt der Abneigung - und etwas noch tiefer Gehendem. Die Leiche musste natürlich gewaschen und ordentlich aufgebahrt werden. Ich hatte so etwas schon öfter getan - ohne große Hemmungen, aber auch nicht begeistert -, und doch stellte ich jetzt fest, dass es mir extrem widerstrebte, in das Haus zurückzugehen.
    Ich hatte schon öfter Menschen gewaltsam sterben sehen - oft auf sehr viel unappetitlichere Weise, als es hier der Fall gewesen sein musste. Tot war tot. Ob der Tod als Übergang kam, als Abschied oder in manchen Fällen als inbrünstig herbeigesehnte Erlösung... Jamie hatte Beardsley ganz plötzlich aus dem Gefängnis seines vom Schlag getroffenen Körpers befreit; weilte sein Geist womöglich noch im Haus, weil er seine Freiheit noch nicht realisiert hatte?
    »Du führst dich ganz schön abergläubisch auf, Beauchamp«, sagte ich streng zu mir selbst. »Hör sofort auf damit.« Und doch trat ich keinen Schritt näher auf das Haus zu, sondern verharrte nervös auf der Stelle wie eine unentschlossene Hummel.
    Beardsley mochte meiner Hilfe entzogen sein, und Jamie mochte ihrer nicht bedürfen, doch es gab immer noch jemanden, der sie vielleicht benötigte. Ich kehrte dem Haus den Rücken und ging auf die Scheune zu.
    Sie war nicht mehr als ein großer, offener Schuppen mit einem Heuboden, duftend, dunkel und voller Heu und beweglicher Schatten. Ich blieb im Tor stehen, bis sich meine Augen umgewöhnt hatten. In einer Ecke befand sich eine Box, aber kein Pferd. Ein klapperiger Zaun mit einem Melkstand bildete in der anderen Ecke den Ziegenstall; darin hockte sie auf einem Haufen frischen Strohs. Ein halbes Dutzend Ziegen drängten sich schubsend um sie und knabberten an den Fransen ihres Schultertuches. Sie war kaum mehr als eine zusammengekauerte Gestalt, aber ich fing das kurze Aufleuchten ihrer argwöhnischen Augen in der Dunkelheit auf.
    »Ifft ef vorbei?« Die Frage kam leise, kaum hörbar inmitten der leisen Grunz- und Blöklaute.
    »Ja.« Ich zögerte, aber sie schien meine Unterstützung nicht zu brauchen; ich konnte jetzt besser sehen - sie hatte ein kleines Zicklein zusammengerollt auf dem Schoß, und ihre Finger streichelten den kleinen, seidigen Kopf. »Kommt Ihr zurecht, Mrs. Beardsley?«
    Schweigen, dann zuckte die füllige

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