Das Flammende Kreuz
zurück. Er rieb sich mit den Fingerknöcheln unter der Nase.
»Sie konnte ja auch kein Pferd nehmen, wenn sie unbemerkt fort wollte. Wenn sie es getan hätte, hätte sich das andere aufgeregt und mich geweckt.« Er legte sanft eine Hand auf die Rundung unter meinem Schultertuch. »Ich muss sie füttern. Geht es ihm gut, Sassenach?«
»Es taut langsam auf«, versicherte ich ihm. »Aber es bekommt auch Hunger.« Das Baby bewegte sich allmählich heftiger und wand sich wie ein unterkühlter Wurm, während sein Mund blind suchte. Die Vertrautheit des Gefühls war schockierend; meine Brustwarze versteifte sich automatisch, und meine Brust kitzelte wie elektrisch geladen, als der winzige Mund wühlend die Brustwarze suchte, fand und sich festsaugte.
Ich quietschte überrascht auf, und Jamie zog eine Augenbraue hoch.
»Es... äh... hat wirklich Hunger«, sagte ich und rückte meine kleine Bürde zurecht.
»Das sehe ich, Sassenach«, sagte er ein wenig trocken. Er warf einen Blick auf die Ziegen, die sich immer noch gemütlich an ihrer geschützten Stelle unter der Lehmbank aneinander drängten, jedoch allmählich lebendig wurden und sich mit schläfrigen Grunzlauten regten. »Es ist nicht der Einzige, der Hunger hat. Eine Sekunde, aye?«
Wir hatten große Futtersäcke mit Heu von der Farm der Beardsleys mitgebracht; er öffnete einen davon und streute den Pferden und Ziegen Futter hin, dann kehrte er zu mir zurück. Er bückte sich, um einen der Umhänge aus dem feuchten Bettzeughaufen zu lösen und legte ihn um meine Schultern, dann suchte er im Gepäck nach einem Holzbecher, mit dem er sich zielstrebig den fressenden Ziegen näherte.
Das Baby saugte kräftig und hatte meine Brustwarze tief in seinen Mund
gezogen. Ich fand das beruhigend, was seine Gesundheit betraf, aber das Gefühl machte mich äußerst nervös.
»Eigentlich macht es mir ja gar nichts aus«, sagte ich zu dem Kind, um uns beide abzulenken. »Aber ich bin nun einmal leider nicht deine Mutter. Tut mir Leid.«
Wo zum Teufel steckte seine Mutter nur? Ich drehte mich langsam im Kreis und suchte die Landschaft noch einmal sorgfältiger ab, konnte jedoch keine Spur von Fanny Beardsley entdecken, geschweige denn einen Grund für ihr Verschwinden - oder ihr Schweigen.
Was in aller Welt konnte nur geschehen sein? Es war gut möglich - und offensichtlich war es ja auch so gewesen -, dass Mrs. Beardsley unter diesem Berg aus Fett und Kleidern eine fortgeschrittene Schwangerschaft verborgen hatte - aber warum sollte sie das getan haben?
»Ich frage mich, warum sie uns nichts davon gesagt hat«, murmelte ich dem Scheitel des Babys zu. Es wurde jetzt unruhig, und ich wiegte es, um es zu beruhigen. Nun, vielleicht hatte sie Angst gehabt, dass Jamie sie nicht mitnehmen würde, wenn er wusste, dass sie so hochschwanger war. Ich konnte ihr nicht verübeln, dass sie nicht in diesem Farmhaus bleiben wollte, ganz gleich, unter welchen Umständen.
Aber dennoch, warum hatte sie jetzt das Kind im Stich gelassen? Hatte sie es im Stich gelassen? Ich dachte einen Augenblick über die Möglichkeit nach, dass irgendjemand - oder irgendetwas - bei dem Gedanken an Panther lief mir ein Schauer über den Rücken - gekommen war und die Frau vom Feuer entführt hatte, aber mein gesunder Menschenverstand tat diesen Gedanken als unsinnig ab.
Es war zwar vorstellbar, dass eine Raubkatze oder ein Bär das Lager betreten hatte, ohne Jamie oder mich zu wecken - erschöpft, wie wir waren -, aber es war unmöglich, dass ein solches Tier in unsere Nähe kam, ohne die Ziegen und Pferde, die von wilden Tieren mehr als genug hatten, in helle Aufregung zu versetzen. Und jedes Raubtier auf Beutesuche würde einen zarten Happen wie dieses Kind einem zähen Bissen wie Mrs. Beardsley mit Sicherheit vorziehen.
Aber wenn Fanny Beardsley durch menschliches Zutun verschwunden war - warum hatten sie das Kind zurück gelassen?
Oder andersherum: Warum hatten sie es zurückgebracht?
Ich holte heftig durch die Nase Luft, um sie frei zu bekommen, dann wandte ich den Kopf und atmete dabei ein und aus, um die Luft aus den verschiedenen Richtungen zu testen. Eine Geburt hinterlässt Körperflüssigkeiten, und die kräftigen Gerüche dieser Flüssigkeiten waren mir gut vertraut. Das Kind in meinen Armen roch stark danach, aber ich konnte keine Spur von Blut oder Fruchtwasser im eisigen Wind ausmachen. Ziegendung und Pferdemist, geschnittenes Heu, den bitteren Geruch der Holzasche und einen kräftigen
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